«Das Kulturgut ist in Gefahr»
Das Historische Museum Basel findet zwei Drittel seiner Exponate nicht und benötigt deshalb dringend Geld – Ackermann bewilligt nur einen Bruchteil.
Medienkonferenz im Historischen Museum Basel (HMB) in der Barfüsserkirche: Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann, Sonja Kuhn, Co-Leiterin der Abteilung Kultur, und Museumsdirektor Marc Fehlmann wollen die lang erwartete Betriebsanalyse der Münchner Beratungsfirma Actori zum HMB und zu seinen weiteren Häusern, dem Musikmuseum und dem Haus zum Kirschgarten, präsentieren und die daraus folgenden Massnahmen erläutern. Doch es herrscht Chaos. Blankes Chaos.
Was Ackermann und Kuhn den Medienschaffenden präsentieren, lässt bei so manchem die Kinnlade herunterklappen. Die Zustände im HMB sind noch viel prekärer als angenommen. Zur Erinnerung: In der Vergangenheit standen Ackermanns Präsidialdepartement und das HMB in der Kritik. Unter anderem, weil Fehlmanns Vorgängerin, Marie-Paule Jungblut, ein Defizit von 750'000 Franken hinterliess, und weil bei starkem Regen Wasser in die Barfüsserkirche eintritt, was einen Teil der Exponate gefährdet.
Standort vieler Sammlungsstücke unklar
Die übrigen Ausstellungsstücke, knapp zwei Drittel (62 Prozent), sind schon gar nicht mehr auffindbar. Das Museum weiss nicht, wo rund 103'000 der 166'000 Ausstellungsstücke untergebracht sind. Diese sind irgendwo in den acht Depots, die über das ganze Kantonsgebiet verstreut sind. Doch: Seit 30 Jahren habe man keine Generalinventur mehr gemacht, sagt Museumsdirektor Fehlmann. Verwirrung herrscht in der Barfüsserkirche. In der Kulturhauptstadt Basel weiss ein Museum nicht mal mehr, wo seine Exponate sind. Wie ist das möglich? Eine konkrete Antwort darauf haben weder Ackermann noch Kuhn oder Fehlmann. Der Museumsdirektor ist erst seit knapp zwei Jahren auf seinem Posten. Ackermann seit drei Jahren.
Ich weiss zwar, dass wir ein Basler Dybli in unseren Beständen haben. Wo ich danach suchen soll, weiss ich hingegen nicht.
Offenbar haben ihre Vorgänger es seit 1989 verpasst, nachzuschauen, wo all die Exponate eigentlich gelagert sind. Fehlmann macht ein Beispiel: «Ich weiss zwar, dass wir ein Basler Dybli in unseren Beständen haben. Wo ich danach suchen soll, weiss ich hingegen nicht.» Dass ein Grossteil der Exponate nicht mehr «lokalisiert» werden kann, ist das eine. Das andere: Es gibt auch bereits Gegenstände, die komplett verschwunden sind. Das weiss die Museumsleitung. Zum Beispiel vier Hochräder aus dem 19. Jahrhundert.
So viel zum gravierendsten Problem im Historischen Museum. Die externe Betriebsanalyse kommt zum Schluss, dass die Regierung alles daransetzen muss, die Mindeststandards bei der Infrastruktur und der Einrichtung wieder zu erfüllen. Deshalb sollen dringend eine Generalinventur und notwendige Baumassnahmen durchgeführt werden (Stichwort: Regen im Museum).
Vorschlag: 5,5 Vollzeitstellen mehr
Zudem könne das Museum seinen Leistungsauftrag mit dem vorhandenen Budget und Personal nicht erfüllen, heisst es im Bericht. Deshalb soll der Stellenbestand mindestens um 5,5 Vollzeitstellen aufgestockt werden – das HMB wünscht sich sogar 13,1.
Um diese Massnahmen finanzieren zu können, werden gemäss der Beratungsfirma Actori zusätzlich rund 1,1 Millionen Franken jährlich für das HMB benötigt. Dieses Geld bekommt es aber nicht. Das haben Ackermann und Kuhn entschieden. Die Regierungspräsidentin gibt zu: «Das Kulturgut ist in Gefahr.» Deshalb werde man einmalig 292000 Franken für die Generalinventur sprechen.
«Ich komme nicht mehr draus»
Die Zahl wird in der Betriebsanalyse nirgends genannt. Ein Journalist fragt nach: «Beim Kunstmuseum haben Sie ebenfalls eine Betriebsanalyse gemacht, woraus resultierte, dass mehr Mittel notwendig sind. Sie haben die Mittel gesprochen. Hier kommen Sie zum gleichen Resultat und sprechen die Mittel nicht. Ich verstehe Sie nicht.»
Es sei noch keine Strategie für das HMB definiert, sagt Ackermann. Deshalb wolle man nicht «einfach so» Geld sprechen. Sie ist aber unsicher. Zuerst sagt Ackermann, dass man keine weiteren Gelder ohne eine Strategie sprechen wolle, um sich Minuten später zu widersprechen und zu sagen, dass man beim Parlament mehr Geld beantragen wolle. Ein Journalist verwirft die Hände: «Ich komme nicht mehr draus». Das Museum sucht nun zuerst seine Bestände zusammen. Alles andere bleibt offen.
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