Das Kosovo-Modell
Auf der Suche nach einer völkerrechtlichen Grundlage für den Angriff auf Syrien blicken Amerikaner, Briten und Franzosen zurück. Politikern und Generälen müssten aber vor allem die Unterschiede zum Kosovo auffallen.
Die Rhetorik der Amerikaner, Briten und Franzosen lässt wenig Raum für Zweifel. Es ist einer dieser Momente, in denen es kaum ein Zurück gibt. Der Westen steuert auf eine militärische Intervention gegen Syriens Regime zu.
Die Militärs gehen die Optionen durch, und die Politiker müssen das skeptische Publikum auf eine Kehrtwende gegenüber Syrien vorbereiten. Es ist der Einsatz von Chemiewaffen, der westliche Politiker in Zugzwang gebracht hat. Dabei hat sich an den Bedenken angesichts der Risiken und Nebenwirkungen einer Intervention nichts geändert. Eilig wird nun nach einer rechtlichen Grundlage gesucht – und nach Präzedenzfällen.
Nicht die Einsätze im Irak oder in Afghanistan sind dabei die Referenz. Schon eher würden Politiker und Generäle nach dem Libyen-Modell vorgehen wollen. Dort schwächte 2011 eine Koalition von westlichen und arabischen Staaten das Ghadhafi-Regime mit Luftschlägen und verhalf den Rebellen am Ende zum Sieg.
Kein Vergleich mit Libyen
Die Intervention unter dem Kommando der Nato konnte sich immerhin auf ein sehr vage formuliertes Mandat des UNO-Sicherheitsrates abstützen. Die Resolution erlaubte die Luftangriffe zum Schutz der Zivilbevölkerung vor dem Ghadhafi-Regime.
Eine Intervention nach dem Libyen-Modell wird es nicht geben. Anders als das Assad-Regime in Syrien hatte Ghadhafi keine Freunde mehr. Es ist unwahrscheinlich, dass die Russen ihren Verbündeten in Damaskus fallen lassen und in der UNO einer militärischen Intervention zustimmen.
Auf der Suche nach einer völkerrechtlichen Grundlage für den Angriff auf Syrien studieren Amerikaner, Briten und Franzosen deshalb bevorzugt das Kosovo-Modell (siehe Bildstrecke). Ähnlich wie heute im Fall von Syrien verhinderte Russland während der Zerfallskriege im damaligen Jugoslawien ein entschlossenes Vorgehen gegen den Belgrader Autokraten Slobodan Milosevic.
An der UNO vorbei gehandelt
Der UNO-Sicherheitsrat war angesichts des Blutvergiessens auf dem Balkan ähnlich ohnmächtig wie heute. Nach Jahren des Kriegs machten sich Milosevics Polizei und Militär daran, Hunderttausende Albaner aus Kosovo zu vertreiben. Der damalige US-Präsident Bill Clinton und die Nato-Verbündeten beriefen sich angesichts der drohenden humanitären Katastrophe auf die international verbriefte Pflicht, die Bevölkerung zu schützen.
So gab sich die Nato an der UNO vorbei den Auftrag für Luftangriffe. Politisch und rechtlich mag das auch im Fall von Syrien gehen. Politikern und Generälen müssten aber vor allem die Unterschiede zum Kosovo auffallen. Der Intervention waren damals längere Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien vorausgegangen. Das Ziel war zudem klar definiert. Die Luftangriffe gingen nach 78 Tagen zu Ende, als Milosevic seine Truppen aus Kosovo abzog.
Im Fall von Syrien fehlt ein klar definiertes Ziel, und die Gegner des Regimes in Damaskus sind alles andere als eine Einheit. Das wird nichts daran ändern, dass die Amerikaner mit einigen Verbündeten in den nächsten Tagen oder Wochen Ziele in Syrien angreifen werden. Die Intervention wird dabei nicht mehr als eine Strafaktion mit vor allem symbolischem Charakter sein.
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