«Das ist eine total verrückte Welt»
Der Chefökonom der UBS, Daniel Kalt, beklagt die aktuellen Negativzinsen. Er hat mit seinem Team drei Szenarien für die Schweiz durchgespielt. Erfreulich ist keines.

Seit die Schweizerische Nationalbank den Euro-Mindestkurs aufgehoben hat, ist die Schweizer Wirtschaft stark gefordert. Der Druck wird gemäss einer Studie der UBS nochmals markant zunehmen, weil die SNB auch die Zinsen gesenkt hat.
Seit Mitte Januar steht die Zinswelt in der Schweiz vollends kopf. Anstatt Zinsen zu erhalten, müssen Grossanleger teilweise zahlen, wenn sie Geld bei einer Bank parkieren wollen. Selbst zehnjährige Bundesanleihen werfen keine Zinsen mehr ab. «Das ist eine total verrückte und verkehrte Welt», sagte UBS-Schweiz-Chefökonom Daniel Kalt am Freitag in Zürich.
Er hat mit seinem Team untersucht, wie sich diese verkehrte Welt auf die Schweiz auswirken könnte. Dabei wurden drei Szenarien durchgerechnet. In allen sind die Auswirkungen drastisch. So dürften die Negativzinsen gemäss der Studie «Die Zinswelt steht kopf» zu einer höheren Arbeitslosigkeit, zu grösseren Risiken im Bankensystem und zu einer noch stärkeren Schieflage des Schweizer Vorsorgesystems führen.
Ansteigende Arbeitslosigkeit
Die UBS rechnet in allen Szenarien mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit. Bei der Annahme einer durchschnittlichen Entwicklung erhöht sich die Quote von heute 3,2 auf gegen 4 Prozent. Der Grund dafür ist laut UBS-Schweiz-Chef Lukas Gähwiler, dass eine Senkung der Zinsen Arbeit im Vergleich zu Kapital teurer macht.
Folge davon werde sein, dass Unternehmen verstärkt Mitarbeiter durch Maschinen ersetzten oder Arbeitsplätze ins Ausland verlagerten. Das billige Geld führe aber auch sonst zu falschen Anreizen. Es sei zu befürchten, dass auf der Suche nach Rendite vermehrt Kapital in risikoreiche Anlagen fliesse.

«Die Gefahr einer Blasenbildung auf dem Immobilienmarkt und dem Aktienmarkt hat mit der Einführung der Negativzinsen zugenommen», sagte Gähwiler. Die Negativzinsen setzen aber auch die Banken unter Druck. Die rekordtiefen Zinsen führen laut Gähwiler nämlich zu einer Erosion der Einnahmen im Zinsengeschäft, eine der Hauptertragsquellen vieler Banken.
Zudem steige ihr Risiko. Sollte nämlich die SNB die Zinsen stark erhöhen, kämen auf die Banken höhere Kosten für die Refinanzierung von Krediten zu. Die Studienverfasser rechnen mit einem Mehraufwand aller Banken von über 30 Milliarden Franken über die kommenden zehn Jahre.
Finanzierungslücken in der Vorsorge
Die langfristig grössten Auswirkungen haben die Negativzinsen jedoch auf das Schweizer Vorsorgesystem, wobei gleich alle drei Säulen betroffen sind. Bereits heute beträgt zum Beispiel bei der AHV die Lücke zwischen den Leistungsversprechen und dem vorhandenen Kapital über eine Billion Franken. Dem zugrunde liegt allerdings die Annahme, dass das Kapital mit real 2 Prozent verzinst wird.
Nur schon bei einem Absinken auf 1,5 Prozent wächst laut UBS die Lücke auf 1,4 Billionen Franken. Ähnliche umfangreiche Deckungslücken ergeben sich laut der Studie auch bei den Pensionskassen.

Mehr Arbeitslose, höhere Risiken bei Banken und Pensionskassen: Die Auswirkungen der Negativzinsen werde mindestens so gravierende Folgen haben wie die Aufhebung des Mindestkurses, lautet das Fazit der Studienverfasser.
«Negativzinsen führen zur Enteignung der Sparer und belohnen das Schuldenmachen», sagte Gähwiler. Ironie des Schicksals: Es seien just die zu hohen Schulden gewesen, die zur Krise und damit letztlich zur Einführung von Negativzinsen geführt hätten.
SDA/rub
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