Das ist der neue Mann an der Spitze der Credit Suisse
Thomas Gottstein wird zum Nachfolger von Tidjane Thiam. Eher unverhofft schafft er es auf den Spitzenposten.

Thomas Gottsteins Aufstieg an die Spitze der zweitgrössten Schweizer Bank begann mit einem Knall. Als frisch eingesetzter CS-Chef baute Tidjane Thiam im Oktober 2015 das Institut komplett um. Er erkor gleich mehrere neue Spartenchefs, so auch für das Schweizer Geschäft. Für Aussenstehende überraschend setzte er den bis dahin weitgehend unbekannten Thomas Gottstein ein. Dieser war bei der CS – wo er seit 1999 arbeitet – vor allem als Investmentbanker tätig, der grosse Deals wie den Börsengang des Rohstoffriesen Glencore begleitet hat. Als Experte für das Kleinkundengeschäft galt er aber nicht.
Seine Wahl erschien aus einem anderen Grund sinnvoll. Um dringend benötigtes Kapital zu beschaffen, sollte die Schweizer Konzerntochter der CS an die Börse gebracht werden. Dafür wurden die Ausgaben heruntergefahren und 1600 Stellen gestrichen. Doch als alles vorbereitet war, wurden die Börsenpläne über den Haufen geworfen. Gottstein blieb Schweiz-Chef. Auf seinem neuen Posten sollte er aber überzeugen.
Enges Verhältnis zu Thiam
Während die Bank in der Umbauphase heftig schwankte, schaffte es seine Sparte, den Gewinn stetig zu steigern. Bei der Präsentation der Jahresergebnisse sitzt die Geschäftsleitung der CS jeweils geschlossen in der ersten Reihe, während Thiam die Zahlen präsentiert. Gottstein durfte sich dabei jeweils ein Sonderlob von Thiam abholen, angesichts der ausgezeichneten Resultate der Schweizer Sparte. Die beiden pflegen ein gutes Verhältnis. «Ich habe ihn als angenehmen Chef erlebt», so Gottstein gegenüber dieser Zeitung. Zudem habe Thiam in Bezug auf die Strategie, die Kapitalstärke und die Kostenbasis bei der Bank sehr viel erreicht.
Nun löst Gottstein seinen Förderer ab. Nach der Absetzung von Thiam ist er der Mann, der die Beschattungsaffäre vergessen machen und die Bank in ruhige Bahnen lenken soll. «Es ist eine gewisse Verunsicherung entstanden. Ich will dazu beitragen, dass sie verschwindet», so Gottstein. Immerhin habe sich der Beschattungsskandal nicht auf das Geschäft ausgewirkt. «Ich kann zwar nichts zu den Zahlen sagen, aber wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung», so der neue CS-Chef. Die Geschäftsleitung soll unverändert bleiben. Die Kollegen hätten gut auf die Ernennung reagiert. «Es war ein sehr emotionaler Moment. Alle haben mir versichert, dass sie hinter mir stehen.»
«Es war ein sehr emotionaler Moment. Alle haben mir versichert, dass sie hinter mir stehen.»
Vor Thiam als CS-Chef sah es nicht danach aus, dass es Gottstein einmal ganz nach oben schafft. Als im Jahr 2004 die Credit Suisse ihre damalige Tochter Winterthur-Versicherungen an die Börse bringen wollte, wurde Gottstein zwar als Chef des Versichererers nach der geplanten CS-Abspaltung gehandelt. Der Börsengang wurde allerdings abgeblasen und Gottstein blieb weiter im Hintergrund. Laut «Bilanz» hätte er dann im Jahr 2008 das Firmenkundengeschäft der CS übernehmen sollen, doch dies lehnte er ab. Statt einem grossen Tanker wollte er lieber kleine Teams leiten. Er hatte den Ruf eines Managers, der mit seiner umgänglichen und authentischen Art einen guten Draht zu den grossen Kunden pflegt, aber nicht in die Öffentlichkeit drängt. Seine ersten Auftritte auf der grossen Bühne als CS-Schweiz-Chef wirkten denn auch etwas ungelenk. Heute präsentiert er sich lockerer.
Der 56-jährige Gottstein ist verheiratet und hat zwei Söhne im Teenageralter. In seiner Jugend gehörte er zu den besten Golfspielern Europas. Er hat so gut gespielt, dass er sogar eine Profi-Laufbahn ins Auge fasste. Doch statt auf den Profisport setzte er auf ein Wirtschaftsstudium an der Uni Zürich, das er mit einem Doktortitel abschloss. Seine Bankerlaufbahn startete er dann bei der UBS. 1999 wechselte er zur CS. Dort blieb er seither und ist heute bestens vernetzt.
Immer im Scheinwerferlicht
Nun wälzt er Ideen, wie die Bank wieder wachsen soll. «Die grossen Wachstumschancen sind in Asien und den Schwellenländern», so Gottstein. Dort soll die CS mindestens mit dem Markt oder schneller wachsen. «In reifen Märkten, wie der Schweiz oder Europa, geht es darum, Marktanteil zu gewinnen», so der designierte CS-Chef.
Ungewiss ist allerdings, wie lange sich Gottstein auf dem Chefposten halten wird. In einem Jahr wird Urs Rohner als Verwaltungsratspräsident abtreten. Ein neuer Präsident sucht sich oft auch einen neuen Chef. Sorgen macht sich Gottstein deswegen nicht: «In einer solchen Position ist man ohnehin im Scheinwerferlicht. Wir müssen einfach liefern.»
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