Das grosse Sommertheater um Superstar Neymar
Es wäre der spektakulärste Transfer der Fussballgeschichte, Neymar zu Paris SG. Auf 540 Millionen Euro käme ein 5-Jahres-Paket angeblich zu stehen. Doch wie heiss ist die Sache wirklich?
Wie diverse Medien aus Frankreich, Spanien und Brasilien berichten soll Paris Saint-Germain bereit sein, 222 Millionen Euro Ablöse für Neymar Jr. zu bezahlen. Als Nettolohn werden 30 Millionen jährlich gehandelt, plus 40 Millionen Handgeld für Neymar Senior. Bei einem in der Branche üblichen Fünfjahresvertrag und in Anbetracht des aktuellen Steuersatzes in Frankreich würde die Operation laut Berechnungen der Zeitung «Mundo Deportivo» total rund 540 Millionen Euro kosten, alleine 321 Millionen in diesem Jahr. Deshalb sagte Barça-Präsident Josep Maria Bartomeu gegenüber der Nachrichtenagentur AP: «Neymar zu kaufen ist unmöglich, ohne gegen das Financial Fairplay zu verstossen.»
«Neymar bleibt zu 200 Prozent»: Bei Barcelona ist man nicht bereit Neymar ziehen zu lassen. (Video: Tamedia/AFP)
Dennoch jagt derzeit eine Spekulation um einen potenziellen Wechsel des Brasilianers die nächste. Am Donnerstagabend gab Catalunya Radio die letzte Wasserstandsmeldung: «Gemäss einer authorisierten Quelle von PSG besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für die Verpflichtung von Neymar.» Da hilft es wenig, dass auch Barcelonas Vizepräsident Jordi Mestre einen Transfer zu «200 Prozent ausschliessen» kann und für Sportdirektor Pep Segura keine Causa Neymar besteht, wie er in einem Interview gegenüber «Mundodeportivo» bestätigt: «Das sind externe Gerüchte, die uns nicht weiter belasten.»
Sogar der Spieler selber teilte Goal.com am 18. Juli mit, in Barcelona glücklich zu sein. Trotz Messis langem Schatten, der angeblich ein Wechselgrund sein soll? «Ich habe das Glück, mein Idol als Freund zu haben. Er hat nicht dieses Ego, immer selber die Tore schiessen zu müssen. Er lässt mich an seiner Seite brillieren.» Und in der französischen «L'Équipe» bewertete sogar ein PSG-Verantwortlicher das Neymar-Theater als «falsches Pokerspiel», an dem er sich nicht beteiligen wolle. Auch das Argument, wonach Neymar unbedingt mit Dani Alves zusammenspielen will, scheint eher schwach. Denn ein Vereinswechsel, alleine um noch ein, zwei Jahre mit seinem 35-jährigen Freund zusammenzuspielen, macht kaum Sinn. Woher kommt also der Nährboden für das wilde Transfergerücht? Drei Möglichkeiten:
1.: Die Rache des Scheichs
Das grosse Thema dieses Sommers in Paris und Barcelona hiess eigentlich Marco Verratti. Der Mittelfeldspieler wollte zu den Katalanen, für den Verein ist er nach wie vor der Wunschspieler. Nur hatte PSG keinerlei Interesse daran, einen seiner Besten abzugeben. Bei einem Vertrag bis 2021 ohne Ausstiegsklausel und dank der finanziellen Untersützung aus Katar sahen die Franzosen keinen Anlass für Verhandlungen – das teilte Vereinspräsident Nasser A-Khelaifi dem Spieler persönlich mit. Daraufhin beklagte Verrattis Berater Donato Di Campli öffentlich: «Marco ist ein Gefangener des Emirs von Katar.» Gemäss französischen Medien setzten diese Worte den Geldgeber, Scheich Tamim bin Hamad Al-Thani, derart in Rage, dass Verratti gezwungen wurde, im vereinsinternen TV sich für die Worte seines Beraters zu entschuldigen. Der italienische Fussballer ging sogar noch weiter und ersetzte seinen Agenten durch Mino Raiola.
So könnte es kein Zufall sein, dass die Investoren aus Katar zum Racheakt gegen Barcelona ausholen. Bereits im Sommer 2013 drohte Al-Khelaifi, als Barça an Innenverteidiger Thiago Silva interessiert war: «Wenn Barcelona weiter versucht, Thiago zu locken, zahle ich die Ausstiegsklausel für Messi.» Statt Silva und Messi heissen die Protagonisten jetzt halt Verratti und Neymar. Auch wenn der Transfer finanziell utopisch sein dürfte, so wird wenigstens Unruhe rund um Spieler und Verein gestiftet. Sollten die Franzosen aber tatsächlich einen Kauf Neymars in Betracht ziehen, wäre der Zeitpunkt etwas ungeschickt: Vor dem 1. Juli war seine Ausstiegsklausel noch bei 200 Millionen.
2.: Neymar will (noch) mehr Geld
Bereits im vergangenen Sommer stand Brasiliens Starstürmer offenbar bei PSG auf dem Wunschzettel, und Manchester United soll sogar wie schon 2015 bereit gewesen sein, die damalige Ausstiegsklausel von 190 Millionen Euro zu bezahlen. Barça beendete die Spekulationen mit einer Vertragsverlängerung – Neymar verdient seither 25 Millionen Euro, netto. Die Worte des PSG-Verantwortlichen in der «L'Équipe» deuten darauf hin, dass Neymar Jr. und Senior die finanzkräftigen Franzosen als Druckmittel benutzen, um den Kontrakt nochmals etwas aufzubessern.
Dies würde auch erklären, weshalb die sonst Barça so nahestehende Zeitung «Sport» auf den Zug aufspringt und am Freitagmorgen hysterisch titelte: «Gefahr um Neymar!!!» Das Blatt, gemeinsam mit «Mundodeportivo» sonst penibel darauf bedacht keine Unruhe um den Verein zu stiften, schreibt seit mehr als einer Woche auffällig oft, wie real die Gefahr von Neymars Abgang ist. Schon im vergangenen Jahr war es vor allem «Sport», die dem Brasilianer Wechselabsichten attestierte – bevor der Vertrag verlängert und verbessert wurde. Der Zeitung wird einen engen Draht zu Neymars Familie nachgesagt.
Rätselhafte Stille: Spaniens Medien sehen im Schweigen der Neymars Nährboden für Spekulationen. Video: Mundodeportivo.
3.: Teil einer grossen Verschwörung
Abseits des Platzes sorgt der Name Neymar seit seiner Ankunft in der katalanischen Metropole für Unruhe um den Verein. Eine anonyme Anzeige brachte mehrere Gerichtsverfahren gegen den Spieler, seinen Vater und Barcelonas Vereinsführung ins Rollen. Schon damals vermuteten «Sport» und «Mundodeportivo», dass Florentino Perez dahinterstecken könnte. Der Real-Präsident sei frustriert über die Niederlage im Poker um den Superstar und habe seine Beziehungen spielen lassen, um sich am Erzrivalen zu rächen. Tatsächlich scheint es fragwürdig, dass mit Marta Silva ein regelmässiger VIP-Gast im Santiago Bernabéu als Staatsanwältin in den Gerichtsfällen von Neymar und Lionel Messi fungierte. Seit Perez seine zweite Amtszeit bei den Königlichen antrat, wurden reihenweise Barça-Spieler wegen Steuerhinterziehung angeklagt, während es um Madrid-Spieler ruhig blieb – bis «Football Leaks» aktiv wurde.
Am 12. Juli meldete die brasilianische Zeitung «Globoesporte», dass die Fifa Neymars damaliger Transfer von Santos zu Barça für legal erklärt. «Komischerweise wurde wenige Stunden nach dieser Meldung erstmals das Neymar-Gerücht gestreut», schreibt Santi Nolla, Direktor von «Mundodeportivo», und schiebt nach: «Es sieht so aus, als wäre alles erlaubt, um Barça zu destabilisieren.»
Für zusätzliche Spekulationen sorgt Neymar mit seinem letzten Instagram-Post gleich selber. Das nachdenkliche Emoji deuten die Medien als Zeichen von Neymars Unentschlossenheit über seine Zukunft. Vielleicht wundert er sich aber auch nur, weshalb dieses wilde Gerücht nach wie vor herumgeistert.
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