Das grosse Geschäft mit dem kleinen Geschäft
Mit ihren Urimaten erobern Marcel Näpflin und Franz Hediger von Feldbach aus die Welt. Die Urinale sparen Wasser, machen Werbung und ärgern Vandalen.
Von Frank Speidel Hombrechtikon – Amerika, Europa, Asien: Die Weltkarte an der Wand im Sitzungszimmer der Firma Urimat in Feldbach zeigt, wo die Pissoir-Revolution bereits angekommen ist. Die Idee hinter der Revolution – Wasser sparen beim Wasserlassen – hat in der Schweiz schon viele Anhänger. Im Basler St.-Jakob-Park sind Urimaten montiert, in sämtlichen McDonald's-Filialen der Schweiz, aber auch in Toiletten von Grossfirmen wie der Credit Suisse oder der Post findet man sie. Viele kennen die Probleme mit den alten, wasserlosen Pissoirs. Sie funktionieren mit einer öligen Flüssigkeit im Ausguss und verbreiten unangenehme Gerüche, die sich bis vor das WC-Räumchen hinaus entfalteten können. Der Urimat dagegen funktioniert mit einem patentierten Geruchsverschluss. Der Urin gelangt direkt in die Kanalisation. Zurückfliessen kann jedoch nichts – weder Kanalgase noch Flüssiges. Ökologisch und ökonomisch Der Unterhalt der Urimaten ist günstiger als bei herkömmlichen Pissoirs, bei denen pro Benutzung vier Liter Wasser benötigt werden. Denn die Frisch- und Abwasserkosten sind hoch. So hoch, dass sich Urimaten nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch lohnen. Ein gutes Argument für den Verkauf. Seit der Firmengründung vor etwas mehr als zehn Jahren sind die Urimaten ein eigentlicher Verkaufshit. Wasser sparen ist eine gute Sache, versichern Firmenchef Marcel Näpflin und Verkaufsleiter Franz Hediger. Doch ist es auch in der Schweiz sinnvoll, wo das Nass aus Quellen sprudelt und Regen kaum vermisst wird? Es lohne sich trotzdem, sagt Hediger, denn die Aufbereitung und der Transport von Wasser brauchte Energie. Mit ihren wasserlosen Pissoirs machen sich Näpflin und Hediger nicht nur Freunde. Produzenten von herkömmlichen Pissoirs fänden die Wassersparidee gar nicht toll. Gut fanden die Idee hingegen einige Jurys, die Preise für gescheite Wassersparprodukte verleihen. Ein Dutzend Mal wurde der Urimat bereits ausgezeichnet. Wegen seiner Eigenschaft, Trinkwasser zu sparen. Aber auch wegen seines Aussehens – der Urimat erhielt Auszeichnungen für sein Design. Über 100 000 Stück hat das Unternehmen aus dem Bezirk Meilen schon abgesetzt. Vor einer Woche wurde ein bis oben mit Urimaten gefüllter Schiffscontainer in Feldbach beladen. Etwa 800 Stück passten rein. Ihr Ziel: Kolumbien. In Feldbach werden die Urimaten zusammengesetzt und vertrieben. Wie bei einem Motorradhelm Firmenchef Marcel Näpflin nimmt eine der Kunststoffschalen und zeigt auf feine Spuren an der Oberfläche: «Die stammen von einem Hammer», sagt er. «Urimaten sind praktisch unzerstörbar und trotzdem leicht.» Nur vier Kilo wiegt er – und trotzdem macht er Vandalen das Leben schwer. Im Unterschied zu Keramikpissoirs sind Urimaten aus Polykarbonat gefertigt: Das gleiche Material wird für Motorradhelme verwendet. Produziert werden die weissen Spritzgussschalen im Aargau. In Feldbach werden sie entwickelt und für den Weltmarkt zusammengebaut. In der Schwesterfirma in Deutschland werden die Becken für den deutschen Markt gefertigt. Das Pissoir der Zukunft Schon heute wird der Urimat auch als Werbefläche verkauft und benutzt. So erfahren Männer während des Wasserlassens, was die Hersteller von Prostata-Mitteln anbieten. Diese werben häufig und gerne auf der Fläche. Gerne wird sie aber auch für Eigenwerbung verwendet und richtet sich mit einer Botschaft an den Pinkler: «Dieses WC der Firma Mega-Burgerama funktioniert ohne Wasserspülung und spart im Jahr 100 000 Liter Trinkwasser.» Erleichtert und mit einer erleichternden Botschaft im Kopf erinnern sich die Benutzer an den Urimaten, der laut der Herstellerfirma «garantiert rückspritzfrei» ist. Auf der neusten Generation der weissen Schüssel lassen sich in einem Display sogar Filme abspielen. Diese können über das Internet eingespielt werden. Das mache durchaus Sinn, sagt Näpflin: «Grossunternehmen können so Hunderte Urimaten ansteuern und Werbefilme darauf laufen lassen, das Auswechseln der Werbefolien entfällt.» Ein Beispiel ist im Sitzungszimmer zu sehen. Der moderne Urimat hängt in der Nähe der Weltkarte. Die verspielten Japaner Weit getrieben mit der Entwicklung von Pissoirs haben es die Japaner. Sie haben Urinale entwickelt, bei denen mit dem Strahl Computerspiele angesteuert werden können. Der Bau von solchen interaktiven Pissoirs ist bei Urimat noch nicht vorgesehen. «Bei diesen Geräten ist das Risiko gross», sagt Hediger, «dass etwas danebengeht.» Wollen mit Urimat das Wasserlassen revolutionieren: Firmenchef Marcel Näpfli und Verkaufsleiter Franz Hediger. Foto: Manuela Matt
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