Das erste grosse Opfer der iPhone-Ära
Die Handybranche erlebt derzeit eine Revolution, deren Mutter aber im Erfolg der Entwicklung unterzugehen droht: Der PDA-Pionier Palm.

Die Smartphones genannten Multimediahandys erobern weltweit den Markt. Doch gerade der Pionierfirma Palm gelingt es bislang nicht, mit den starken Konkurrenten wie dem iPhone-Bauer Apple oder dem Blackberry-Hersteller Research in Motion (RIM) mitzuhalten.
Um nicht auf der Strecke zu bleiben, begibt sich das schlingernde Unternehmen nun in die Obhut des US-Computerkonzerns Hewlett Packard (HP) - und wird so zur Lanze des Unternehmens beim Angriff auf dem Smartphone-Markt. Wie beide Unternehmen am Mittwoch mitteilten, übernimmt HP für 1,2 Milliarden Dollar (etwa 0,9 Milliarden Euro) Palm und rettet den ins Hintertreffen geratenen Star der 90er Jahre damit möglicherweise vor dem Aus.
Es war einmal ein PDA
Das in Sunnyvale im US-Bundesstaat Kalifornien ansässige Unternehmen hatte 1996 mit dem Palm Pilot einen Riesenerfolg gelandet und Massstäbe gesetzt: Der sogenannte persönliche digitale Assistent (PDA) passte in die Sakkotasche ebenso wie ins Handgepäck gestresster Geschäftsleute. Der Kleincomputer ermöglichte die Verwaltung von Adressen, Terminen und Daten unterwegs und dann zu Hause oder im Büro den problemlosen Anschluss an den Computer.
Zudem hatte der Palm Pilot bereits wie die heutigen Smartphones einen berührungsempfindlichen Bildschirm, den der Nutzer mit einem kleinen Stift bediente. Auch wenn ein Palm nicht gleichzeitig auch als Telefon diente, war das Gerät ein technischer Vorläufer der modernen Smartphones. Und ebenso wie etwa das iPhone heute waren die Geräte von Palm ein Statussymbol.
Der Präsident als Werbeträger
Doch die technische Entwicklung der Smartphones machte die digitalen Assistenten als Extra-Geräte überflüssig - und Palm verpasste es, erfolgreich auf den Zug der Multimediahandys aufzuspringen, während andere Hersteller Erfolge feierten: Apple gelang es, seine Produkte wie das iPhone mit einem Lebensgefühl zu verbinden sowie Produktvorstellungen und Verkaufstarts regelrecht zu zelebrieren. Und RIM freute sich über die kostenlose Werbung für seinen Blackberry, als sich US-Präsident Barack Obama als Fan des Geräts outete.
Inzwischen boomt das Geschäft mit den schlauen Mobiltelefonen scheinbar unaufhaltsam: Ihr Absatz wird nach Einschätzung des deutschen Branchenverbandes Bitkom in diesem Jahr allein hierzulande um 47 Prozent auf 8,2 Millionen Geräte zunehmen. Damit wird jedes dritte neue Handy in Deutschland ein Smartphone sein. Ein weiteres Geschäft wird mit den Apps genannten kleinen Programmen gemacht, die sich auf den Geräten installieren lassen. Bald dürften mehr dieser Alleskönner-Handys verkauft werden als Computer.
Der Niedergang
Palm schloss sich dem Trend spät an präsentierte erst Anfang 2009 die erste ernsthafte Konkurrenz zu den führenden Smartphones der Wettbewerber: Der Palm Pre erschien damit rund zweieinhalb Jahre nach dem iPhone. Experten lobten zwar Telefon sowie Betriebsystem WebOS, das Unternehmen erlebte jedoch eine Enttäuschung: Wie Palm im März verkündete, lieferte es im dritten Quartal des Geschäftsjahres 960'000 Smartphones aus, verkauft wurde jedoch nur weniger als die Hälfte davon. Palm verbuchte für diesen Zeitraum einen Verlust von 22 Millionen Dollar - und senkte die Umsatzprognose für das laufende vierte Quartal.
«Gross, profitabel und schnell wachsend»
US-Analysten malten daraufhin ein düsteres Bild für die Zukunft der früheren Kultfirma. Im günstigsten Falle bleibe Palm ein halbes oder ein Dreivierteljahr Zeit, um die Wende zu schaffen - oder die Firma müsse «drastischere Massnahmen» wie einen Verkauf erörtern, unkten Experten der Bank of America. Dies ist mit der Übernahme durch HP nun geschehen. Der Käufer allerdings hat grosse Pläne: Mit dem Palm-Know-How bei Handys und Betriebssystemen plant HP nun den Angriff auf den Smartphone-Markt. Denn dieser sei «gross, profitabel und schnell wachsend», frohlockte der Chef der HP-Computersparte, Todd Bradley.
AFP/rek
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