Das Commonwealth liegt im Streit
In Sri Lanka treffen sich die Commonwealth-Staaten. Indien und Kanada boykottieren jedoch den Gipfel – wegen der mangelnden Aufarbeitung des sri-lankesischen Bürgerkriegs. Nun drohen die Briten Sri Lanka.
Grossbritannien droht Sri Lanka mit UNO-Ermittlungen, falls der Inselstaat den Vorwurf mutmasslicher Kriegsverbrechen im 37-jährigen Bürgerkrieg nicht aus eigenem Antrieb aufklären sollte. Die Regierung müsse mehr tun für «Menschenrechte und Versöhnung», sagte der britische Premier David Cameron.
Die Chance auf eine bessere Zukunft bestehe nur, «wenn man sich mit diesem Thema auseinandersetzt, anstatt es zu ignorieren», betonte Cameron auf dem Spitzentreffen der Commonwealth-Staaten in Colombo. Sollte das bis März nicht geschehen, will er eine Untersuchung durch den UNO-Menschenrechtsrat beantragen.
Indien, Kanada und Mauritius boykottieren den Commonwealth-Gipfel aus Protest gegen Menschenrechtsverstösse der srilankischen Regierung. Hintergrund ist eine Kontroverse um das Vorgehen der srilankischen Armee in der Schlussphase des blutigen Konflikts mit den Tamilen-Rebellen im Jahr 2009. Bei der letzten Offensive gegen die Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) wurden laut Menschenrechtlern bis zu 40'000 tamilische Zivilisten von der Armee getötet.
Sri Lanka will keine internationale Untersuchung
Die Offensive hatte der im Jahr 2005 an die Staatsspitze gewählte Präsident Mahinda Rajapakse eingeleitet. Doch dessen Regierung lehnte Camerons Vorstoss umgehend ab. Sri Lanka werde «definitiv» keiner internationalen Untersuchung auf eigenem Staatsgebiet zustimmen, sagte der für wirtschaftliche Entwicklung zuständige Minister Basil Rajapakse, ein Bruder des Präsidenten.
Die Staatsführung nimmt die damaligen Ereignisse zurzeit selbst unter die Lupe, allerdings weit weniger ambitioniert als sich viele Kritiker dies wünschen würden. Ausserdem bestreitet Colombo die Tötung von Zivilisten in der Schlussphase des Konflikts.
Der Bürgerkrieg im Norden Sri Lankas war einer der längsten und brutalsten in Asiens Geschichte. Mindestens 100'000 Menschen wurden getötet, wobei auch den LTTE-Rebellen zahlreiche Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverstösse vorgeworfen werden.
Boykott des Gipfels
Dutzende Regierungschefs sind am Freitag in Sri Lanka zum dreitägigen Gipfel der Commonwealth-Staaten zusammengekommen. Das Treffen ist überschattet von Vorwürfen, wonach das Gastgeberland die Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen blockiere. Präsident Mahinda Rajapaksa wies die Anschuldigungen zurück. Bei der Eröffnungszeremonie zitierte er dazu sogar Buddha.
Kritiker werfen dem Commonwealth vor, mit dem Treffen in Colombo seine Grundwerte wie Menschenrechte und Demokratie zu missachten, weil Sri Lanka seit Jahren eine unabhängige Aufarbeitung mutmasslicher Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen während und nach dem 27-jährigen Bürgerkrieg ablehnt. Zudem gab es auch in jüngerer Zeit Berichte über Schikanen gegen Medien und Demokratieverstösse.
Rajapaksa hatte im Vorfeld des Gipfels hingegen erklärt, die Armee habe keine Kriegsverbrechen begangen. Alle Beschwerden würden zudem von den Behörden des Landes behandelt. «Wir sind offen. Wir haben nichts zu verbergen.»
In seiner Eröffnungsrede sprach Rajapaksa kurz auf Singhalesisch, um Buddha zu zitieren und spielte dabei offenbar auf die Kritik gegen seine Regierung an: «Achte nicht auf die Fehler anderer, auf Dinge, die andere getan oder unerledigt gelassen haben. «Beachte nur, was von einem selbst getan oder unerledigt gelassen wird.»
Die Ministerpräsidenten von Kanada, Indien und Mauritius sagten ihre Teilnahme ab. Andere mussten ihre Zusage mit dem Argument verteidigen, das Treffen biete eine gute Gelegenheit, Sri Lankas Regierung an die Kandare zu nehmen.
Der Generalsekretär des losen Bundes aus 53 Staaten um Grossbritannien und seine ehemaligen Territorien, Kamalesh Sharma, verteidigte die Entscheidung, den Gipfel in Sri Lanka abzuhalten. Dadurch kämen Staats- und Regierungschefs nach Sri Lanka, die selbst mit Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit und der Unabhängigkeit der Justiz in ihren Ländern zu tun gehabt hätten.
Charles statt Queen
Die betagte Queen Elizabeth II. reiste nicht an. Ihr Sohn Prinz Charles leitet den Gipfel, der bis Sonntag dauert. Auch der britische Premier David Cameron war in Sri Lanka und wollte am Freitag in den Norden der Insel reisen, der am meisten unter den Kämpfen zwischen den Regierungssoldaten und den dort lebenden ethnischen Tamilen gelitten hatte. Dort demonstrierten vor seiner Ankunft Hunderte Tamilen und forderten Aufklärung über das Schicksal Hunderter Menschen, die um das Ende des Bürgerkriegs 2009 spurlos verschwanden. Eine andere Gruppe von Demonstranten forderte die Rückgabe von Land, das die Armee während des Kriegs besetzt hatte.
Nach der Eröffnungszeremonie begannen Beratungen hinter verschlossenen Türen. Die Vertreter der Commonwealth-Staaten wollten unter anderem darüber beraten, wie sie gemeinsam gegen drängende Probleme wie den Klimawandel vorgehen können.
SDA/mw
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