Die besten Schnitzelbängg 2022Das Clara-Areal als Hundespielplatz, Funkstille im Rathaus …
… und ganz viel Spott über unsere «Classe politique». Auch die BaZ bekommt ihr Fett ab.

Darf man das?
Darf man Witze machen, Tränen lachen, jetzt, da nach zwei Jahren Corona-Krise in der Ukraine ein brutaler Krieg tobt und viele renommierte Historiker der ganzen Welt nichts weniger als eine «Zeitenwende» prognostizieren?
Wir finden: Man darf. Und halten uns an die höchste Baslerin, Grossratspräsidentin Jo Vergeat, die im BaZ-Podcast wohlweislich gesagt hat: «Für mich ist die Fasnacht nicht nur Freude. Es gibt viele melancholische Momente.»
Und bissige. Und zynische. Und brutale, brutal wahre, brutal harte. Und für das zeichnen in nicht zu vernachlässigendem Mass die Schnitzelbänggler verantwortlich. Aber die Gesellschaften geben sich auf Anfrage zurückhaltend, wenn es darum geht, ob der Ukraine-Krieg aktuell stattfinden soll: Nur mit grösstem Fingerspitzengefühl, ja nichts Plumpes, lautet der Tenor.
Basel? Anything goes …
Vielleicht ist es auch für unser aller Psychohygiene gar nicht schlecht, legt man den Fokus – zumindest in Form einer Verschnaufpause – aufs Lokale, auf Basel und dessen Wirken; also Schauen auf eine Stadt, die sich gerne bedeutungsschwanger mit sich selbst beschäftigt und sich, obschon eigentlich ein Mikrokosmos, doch für ein bisschen grösser hält, als sie ist.
Man kann hier das Weltklima retten (mit Gas aus Russland?), die Geschlechtergerechtigkeit vollenden (was immer das bedeuten mag), Weltpolitik versuchen wie ein Regierungsrat in seinem Blog («Bei Putins Krieg sehe ich klar»). Anything goes.
Für Schnitzelbänggler sind das natürlich paradiesische Bedingungen, um sich, nach zwei Jahren des semibefriedigenden Bängg-Brünzeln, wieder richtig warmzudichten. Oder man wärmt sich wie Pierrot:
Dass niemer do inne d Nase rimpft,
ha ych mi komplett duuregimpft,
au uf dr Route isch s 2-G mässig guet gloffe,
y ha yberall numme Gschpritzte gsoffe.
Alle in Sicherheit also (zum Glück!), alle wunderbar erfrischt (zum Wohl!) – dann «güggseln» wir doch mal auf die Befindlichkeiten unserer Empfindlichen. Es ist keine Sensation, dass s Dintelimpli bei der politischen Elite fündig wird.
Dr Kanton Basel-Stadt, dä spricht die astronomisch Zaal
E Viertelmilliarde für das Clara-Areal
D Tanja Soland zaalt das gärn und hofft jetz, si bikunnt
ändlig mol e Spiilplatz dört für sich und iire Hund

Dass man auch im Baselbiet, wo einflussreiche Stimmen wie Heiri den Ton angeben, eine gewisse städtische Selbstgefälligkeit ausgemacht hat, ist ebenfalls wenig überraschend:
Hüt muesch deklariere, wenn käini Orgaan wotsch spände.
S wäär schaad, me würd die Ersatzdäil äifach so verschwände.
Wenn Orgaan vo mir sötsch griege, denn foosch s «R» afo rolle.
Griegsch Orgaan vom Beat Jans, denn mäinsch au, sygsch ganz e Tolle.
Bei so viel Ego sehnt man sich nach Recht und Ordnung – und dafür gibt es bekanntlich d’ Schuggerei. Aber dass sie der Herausforderung Herr (oder Dame) werden kann: Daran scheint man nicht zu glauben …
Wenn d am Märtplatz eim alüte wotsch, denn hesch total gschisse
Will d Swisscom het d Antenne uff em Globus aabegrisse
Alli regt das furchtbar uff, nur im Rothus merkt me nüt
Will dört het me scho sit langem kei Verbindig zu de Lüt
Aber genug gelästert. Es gibt, natürlich, auch die ganz grossen Erfolgsgeschichten. Lukas Engelberger (es leistet sich übrigens eine Frechheit, wer ihn «Ängstliberger» nennt), unser Corona-Held, unser virtuoser Viren-General: Er ist unser Exportschlager, der nun dank seiner Wichtigkeit in der ganzen Schweiz Promistatus geniesst. Das ist auch den Dipflischysser aufgefallen:
Engelberger und Berset sinn immer z zwait
well dr Luki em Alain sy Däsche drait
Dr Engelbärger isch eso
zu nere tragende Rolle ko
Da ist es nur verdient, was die Babberlababb, gut informiert wie «Glückspost»-Reporter, in Erfahrung gebracht haben. Aber der Gesundheitsdirektor scheint etwas Mühe zu haben mit der Trennung von Beruflichem und Privatem:
Dr Ängelbärger schafft und schafft, es isch zum Klööne
Drumm wott si Frau ihn zoobe körperlig verwööne
Völlig spitz seit er: «Jä, Schatz, das wär jetzts Beschte»
«Aber gang di zerscht no z Muttenz rasch go teschte»
Nun gut, muss man fairerweise anerkennen: Bei Engelberger weiss man bei Corona immerhin, für welche Politik er steht. Gehts um die Fasnacht, nun ja, eher weniger: Gibt es jetzt eine Sperrstunde oder nicht, dürfen Schnitzelbängg auftreten oder nicht? Das darf ihm wohl aber nicht persönlich angelastet werden; im Gegenteil, er passt sein Wirken einfach ganz der Linie seiner Partei an, wie Nonnkonform zu berichten wissen.
Wäälsch nid linggs, und de bhauptisch, sygsch nid rächts.
Hesch Angscht vor Neiem, denn basiert nur eppis schlächts.
Gosch nym ind Kiirche, duesch am Sunntig lieber fitte.
Denn roote mir, wääl doch die nei Partei: «Die Mitte»!
Wenn man aber den Vergleich mit der Konkurrenz wagt, kommt Die Mitte noch ganz gut weg – die Dreydaagsfliege hat da eine andere Wischiwaschi-Partei im Blick (und nein, es ist nicht Baschi Dürrs FDP).
Bi Griene-Liberale waisch nie rächt, woraa dass d bisch,
die ganz Partei, so dunggts aim, isch nid Vogel und nid Fisch.
Vom Esther mit dr Kettesäägi höört me d Böim verzelle:
Es stirbt sich schööner, wenn e Grieni liberal duet felle.
D Skandaalnuudle haben unsere Und-wieder-wird-ein-Baum-gefällt-Berichterstattung genauestens verfolgt (besten Dank dafür!), aber restlos überzeugt scheinen sie davon nicht.
Wenn z Baasel e Baum felle sotsch
Well ebbis scheens Neys baue wotsch
Schiggt d BaZ e Schuurnalischt mit Biss
Macht wäg däm Baum e riise Gschyss
Was dää aifach halt nid verstoot
Warum me halt mol Bäum umloot
Het dämm scho mol ebber verzellt
Us waas me Zytige häärstellt
Kurz und knapp wird deswegen bilanziert:
Vyyl Bäum loo felle het au d Käller
Die isch laider au nit häller
Und Esther Keller fällt nicht nur, sie baut auch viel, wie die Perefyss konstatieren:
O Basel-Stadt, o Stadt vo Wält, mit verdraimte Blätzli,
Wo Veegel pfyffe, Kinder spiile, wo d haimlig driffsch di Schätzli,
Im Lange Loo und Birmannsgass, Spaalebäärg und Wyylerstääg,
Gämpestrooss und Stainegraabe, Koolebäärg und Ulmewääg,
Au Amsel-, Drossel-, Fingge-, Starestrooss und Hächtliagger,
Das sinn die paar Stroosse, ooni Baustell, ooni Bagger!

Nicht nur mit den Baggern (den Kraftfahrzeugen) ist es ja so eine Sache, auch mit den Baggern auf zwei Beinen (Frauen explizit nicht mitgemeint) haben wir ein Problem. Toxische Männlichkeit, Mansplaining, Lohndiskriminierung: furchtbar. D Laggaffe sind gottenfroh, reagieren wir in Basel sensibel auf solche barbarischen Steinzeit-Machos.
Dä neji Genderstärn find y syt Aafang aa e groosse Hit,
denn dä maint alles, was es hitt so git, ganz aifach mit.
Doch y heer jetz scho die Frau Laila Straumann klaage,
me sott däm Stärn in Zuekunft bitte «Stärn*in» saage!
Das mag jetzt ein Detail gewesen sein, ein Erst-Welt-Problem, bei dem nicht wenige und nicht ganz zu Unrecht eine «Wohlstandsverwahrlosung» erkennen. Da sind einem Praktiker lieber: Das Rollaator Röösli weiss, was es braucht, um verkrustete gesellschaftliche Strukturen in einer Welt voller Ungerechtigkeiten zu durchbrechen. Lallend dichtet sie:
He nai, hejo-ejo-ejo-ejo-ejooooo
(Schlugg us em Bierhumpe)
Aha, jäso-eso-eso-eso-esoooooo(Schlugg us em Bierhumpe)
Y bi am Yiebe und nit öppen in dr Brunft
damit y s Niveau ha für in e Heere-Zumpft
Sowieso, die Bürgerlichen und ihre Prioritäten: Liegt es vielleicht daran, dass es in Basel für sie wenig zu gewinnen gibt? Manchmal wirkt Politik für Mitte-rechts wie Beschäftigungstherapie – immerhin, bilanziert die Spootschicht Rhygass, kommt man hier damit durch …
Will är im Lockdown gsoffe heig, miess är si Poschte ruume
Die Hektik wäg däm Boris – do mien mir z Basel stuune
Will Suffe anstatt Politik, und das isch nit mol glooge
Het dr Häfliger im Grosse Root grad vier Joor duurezooge
Die Parlamentsarbeit unseres Grossen Rats stösst auch bei den Skandaalnuudle auf wenig Begeisterung – und auch wir Schreibenden vom Aeschenplatz sind erneut wenig zielsicher unterwegs.
Sii, nach däm Gschyss im Parlamänt
Do frooge miir uns schlussamänd
Was denn jetz d Bättlerreegle sin
Doch, hallo, niemerts kennt dr Sinn
En Erkläärig het au d BaZ versuecht
Iir Glygg in dr Poleemigg gsuecht
Doch Brichterstattig isch fiir d Katz
Denn kai Bättler liist die BaZ
Wirklich? Wirklich!
Und wenn e Bättler d BaZ benutzt
Wool numme wenn äär s Fuudi butzt
Die Bettler haben die Schlagzeilen lange dominiert, viel wurde darüber gestritten, was das mit dem Stadtbild macht, auch am Bahnhof. Aber immer geht es in solchen Fragen auch ums Geschäft. Und dieses, insinuieren D Rätschbääse, wittert auch die Migros am SBB.
Sott di emool s Verlange noch Whiskey iberkoo,
kasch jetzt glyy zem d Lampe fülle au in d Migros goo.
Dr beschti Migroslaade isch dä am Baanhoof unde.
Deert waarte voor em Hauptyygang dääglig treui Kunde.
Geht es um den orangen Riesen, ist auch der andere Detailhandelsgigant nicht weit weg. D Gwäägi haben dort eine bemerkenswerte Entdeckung gemacht:
Es hoggt im Coop, s isch nit zem fasse,
bald kai Schwoob me an dr Kasse.
Sytt sich s Schaffe in dr Schwyz halt nimm rendiert.
Au in dr Baiz und im Spitaal,
fäält ys s dytsche Personaal.
Will dr Scholz e stolze Mindischtloon spendiert.
Dass mir jetzt d Schwoobe nimm mien gsee,
das bringt ys uff e Glanzidee,
mir hoffe s kunnt, s ligt uff dr Hand,
dä Mindischtloon fir Baselland.
Mindestlohn und Roger Federer: Da kommt einem nun wirklich keine Analogie in den Sinn. Möchte man meinen. Doch S Dintelimpli macht sich etwas Sorgen um unseren Tennishelden aus dem Baselbiet:
Kai Wäärbig mee für Tabagg, Pfyffe, Stümpe, Zigarette
Bald kunnt denn no Schoggi und denn Pommes Chips, wämmer wette?
Kai Wäärbig mee für Handys, Windle, Fuessbäll, Wiehnachtskränz
Do kriegt dr Roger Federer glyy Angst um d Existänz

Geldsorgen sind auch nichts, was man mit dem Kunstmuseum in Verbindung brächte – aber von kleineren Unfällen bleibt der Neubau auch nicht verschont. Zum guten Glück ist man in Basel erfinderisch, wie die Wanderratte wissen.
Nacheme Wolggebruch hets im neye Traggt
vom Kunschtmuseum wider e Laitig verjaggt.
So isch bimene wytere Wasserschaade
s ganze Huus im Wasser go baade.
Dernoo hän sy uns im Beyeler, will sunscht nyt lauft,
s Glyche in Grien als Kunscht verkauft.
Bleiben wir noch kurz in Riehen. Dr Spitzbueb erkennt im Streit um die Rehe auf dem Friedhof eine ganz grosse Linie, die bei den Menschen für so manchen wüsten Streit sorgt: Die Frage, wie man sich heute ernähren soll.
Die äinte wuurde s nid begriesse,
d Reeli, die vom Höörnli, z schiesse.
Die andre wuurde gopfergässe
gäärn Reeli mit bitz Höörnli frässe.
«Los emol» – der Podcast der «Basler Zeitung»
«Los emol» beleuchtet Themen, die Basel bewegen. Moderiert von René Häfliger. Abonnieren Sie den Podcast über Apple Podcasts, Google Podcasts, Spotify oder jede gängige Podcast-App.
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