Schwieriges UnterschriftensammelnCorona bremst Referenden
Sie wollen die «Lex Netflix» und die Beteiligung der Schweiz am europäischen Grenzschutz verhindern. Aber trotz Pandemie-Erleichterungen kommen die Gegner nicht auf Touren.

«Noch 10 Tage, um eine Filmsteuer zu verhindern», heisst es in fetter roter Schrift auf einem Flugblatt, das am Montag der NZZ beilag. Und: «Jetzt unterschreiben und sofort einsenden». Die Lage muss dramatisch sein: Die Beilage in der Schweiz-Auflage der NZZ kostet 27’000 Franken. Im Minimum.
«Ja, es wird knapp», sagt Matthias Müller, Präsident des Referendumskomitees. Wie knapp, mochte der Präsident der Jungfreisinnigen aber am Montag nicht sagen: «Die Information geht exklusiv an den ‹Blick›, wo wir auch inhaltlich zu unserem Anliegen Stellung nehmen können.» Am Dienstag ergänzte er im «Blick», die 50’000 nötigen Unterschriften seien im Prinzip beisammen. Es brauche aber noch ein Sicherheitspolster.
Die bürgerlichen Jungparteien von FDP, SVP und GLP stören sich daran. Die Umsatzabgabe sei ein «krasser Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit», argumentieren die Gegner. Mit 50’000 Unterschriften könnten sie eine Volksabstimmung erzwingen. Davon scheinen sie aber noch weit entfernt zu sein.
Zurzeit in die Karten schauen lassen sich dagegen die Gegner der EU-Grenzschutztruppe Frontex. «Wir haben bis jetzt 38’000 Unterschriften beisammen», sagt das Referendumskomitee NoFrontex. Bis zum 20. Januar müssen also mindestens 12’000 hinzukommen. Auch das: ein äusserst knapper Zeitplan.

Konkret richtet sich die Unterschriftensammlung gegen die Beteiligung der Schweiz am geplanten Ausbau von Frontex. Die Schweiz will ihren jährlichen Beitrag von 14 auf 61 Millionen Franken erhöhen und mehr eigene Grenzschützer entsenden. Frontex kontrolliert die EU-Aussengrenze und sorgt so dafür, dass die Einreise von Flüchtlingen nach Europa besser kontrolliert wird, was auch im Sinn der Schweiz ist.
Zum Referendum bekannt haben sich neben dem Migrant Solidarity Network SP, Juso, Grüne, der Klimastreik Schweiz und die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee. Deren Einsatz ist allerdings eher unauffällig. Das Referendumskomitee bleibt zuversichtlich und mag sich darüber nicht beklagen: «Noch läuft ja die Unterschriftensammlung, wir rechnen mit Überraschungen, und für die Endabrechnung ist es zu früh.»
Bundesrat hat Erleichterungen bestätigt
Der Bundesrat hat erst im Dezember Corona-Erleichterungen für die direkte Demokratie bestätigt: Die Referenden können eingereicht werden, ohne dass die Unterschriften schon von den Gemeinden beglaubigt sind. Das spart Zeit.
Dennoch machen sowohl die bürgerlichen Jungparteien als auch die Gegner von Frontex Corona für den harzigen Verlauf der Unterschriftensammlung verantwortlich. Omikron führe zu Personalausfällen, das Publikum lasse sich auf der Strasse weniger gut ansprechen, heisst es, gerade auch bei komplexen Themen. Im Unterschied dazu hatten die «Freunde der Verfassung» aber keine Mühe, das Soll für ihre Referenden gegen das Covid-Gesetz mehr als zu erfüllen.
Edgar Schuler ist Inlandredaktor und verfasst regelmässig den Newsletter «Der Morgen».
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