Computersüchtig wird nur, wer beziehungsunfähig ist
In Meilen diskutierten Laien mit zwei Pädagoginnen über Computerspiele und deren Wirkung auf Jugendliche. Betroffen sind vor allem Männer.
Meilen. - Beziehungsfähigkeit: Dieses Wort sollte im Lauf des Abends noch manches Mal fallen. Denn der Vortrag zur Wirkung von Computerspielen auf die Psyche von Erwachsenen und Kindern drehte sich vor allem um eines: die Beziehungsfähigkeit - oder eben das Gegenteil - von vornehmlich jungen Menschen, die computersüchtig sind.
Im Meilemer «Tageszentrum Miteinander Füreinander» sassen vorgestern Donnerstag ein gutes Dutzend Personen. Ein überschaubares Publikum. Anwesend war zudem das Leitungsteam des Tageszentrums - Lilly Merz Raff und Diethelm Raff - sowie die Referentinnen Anne Eugster und Verena Wolf.
Diskussion unter Laien
Die beiden Referentinnen waren keine Fachpersonen. Ihre Informationen bezogen die beiden ehemaligen Primarlehrerinnen hauptsächlich aus dem Buch «Computersüchtig» von Wolfgang Bergmann und Gerald Hüther. Daneben flochten die Frauen immer wieder Erfahrungen aus ihrer eigenen Tätigkeiten als Pädagoginnen ein. Die Geschichte einer jungen Frau, deren Beziehung wegen der Computersucht ihres Freundes in die Brüche ging, bildete die Einleitung des Vortrags. «Gleichzeitig war dieses Erlebnis für uns der Anlass, uns mit der Thematik zu beschäftigen», sagte Eugster nach dem Vortrag.
Nach dem Vortrag konnten sich die Zuhörer mit den Referentinnen über das Thema Computersucht unterhalten. Diese Diskussionsrunde zwischen der Leitung des Tageszentrums, den Referentinnen und dem Publikum stand im Vordergrund der Veranstaltung. Der Vortrag selbst diente lediglich dazu, alle Anwesenden in das Thema einzuführen und eine Grundlage für die Diskussion zu liefern. Die Diskussion öffnete das Thema dann auch merklich. Während der Vortrag fast ausschliesslich das Onlinespiel «World of Warcraft» behandelte, kamen im Gespräch auch Phänomene wie Second Life und Facebook zur Sprache.
Nur Männer spielen
«Mein Sohn sagt immer, es sei nachgewiesen, dass Computerspiele vernetztes Denken und Flexibilität förderten», brachte eine Mutter in die Diskussion ein. Diese Aussage bildete ein Gegenpol zum allgemeinen Tenor, schien doch an jenem Abend gegenüber Computerspielen eine negative Grundhaltung zu überwiegen. Auf das vorgebrachte Argument liess sich wohl einzig entgegnen: Ein Glas Wein pro Tag mag gesund sein, eine ganze Flasche hingegen kaum. Entsprechend verhält es sich auch mit der Zeit, die man vor dem Bildschirm verbringt. Letztlich stand bei sämtlichen Problemen mit Computersucht der selbe Schluss im Zentrum: Süchtig wird nur, wer nicht beziehungsfähig ist.
Bezeichnenderweise spielten in allen Beispielen, die die Referentinnen anführten, Männer die Hauptrolle. Nie war in Zusammenhang mit Computerspielen von süchtigen Frauen die Rede. Im Gespräch mit dem Publikum stellte sich allerdings heraus, dass sich das Problem auch bei Frauen stellt - einfach in anderer Weise. Die etwas plakative Aussage der Referentin Anne Eugster, dass gemäss ihrer Erfahrungen die Mädchen beziehungsfähiger seien als Knaben, führt - ins Negative gewendet - zu einem anderen virtuellen Suchtverhalten: exzessive Nutzung von Chaträumen und anderen Kommunikationsplattformen.
Kleine Gruppe - persönlicher Kontakt
Im Verlauf des Abends zeigte sich auch, was das Ziel hinter der Vortragsreihe im Tageszentrum ist. «Wir wollen psychisch stärkere und psychisch schwächere Menschen zusammenbringen und sie in freundschaftlicher Atmosphäre miteinander interagieren lassen», sagte Ko-Leiterin Lilly Merz Raff.
In der eher kleinen Zahl an interessierten Zuhörerinnen und Zuhörern sieht sie denn auch keinerlei Nachteil. «So bleibt die Gruppe übersichtlich. Und es fällt leichter, persönliche Kontakte zu knüpfen», sagt sie. Anne Eugster. Verena Wolf.
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