Burkini-Debatte: Jetzt geht es auch um Nonnen
Ein Imam aus Italien hat ein Bild von bekleideten Nonnen am Strand gepostet. Die Briten schütteln derweil den Kopf über die Rufe nach einem Verbot in Frankreich.

Izzeddin Elzir ist Präsident der Vereinigung der muslimischen Gemeinde in Italien. Er hat die Diskussion um mögliche Burkini-Verbote in Europa auf seine Weise erweitert. Und er findet offensichtlich: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Deshalb postete er ein Foto mit sieben Nonnen am Strand auf Facebook – ohne Kommentar. Gegenüber der Zeitung «La Nazione» erklärte Elzir, dass er weder Nonnen mit Musliminnen noch die Kleiungsstücke direkt miteinander vergleichen wollte. Die Nonnen gehen auch nicht im Habit baden, sondern freuen sich am Strand über ein Fussbad.
Offenbar haben viele Christen positiv auf den Eintrag des Imam aus Italien reagiert. Das freut ihn. Das Argument, dass eine Nonne freiwillig ins Kloster geht, die Trägerin des Burkinis aber gezwungen würde, lässt er nicht gelten. «Zu unterstellen, dass muslimische Frauen unterwürfig sein sollen, verletzt die Frauen. Wir sind alle frei geboren, auch die muslimische Frau ist frei. Aber was ist das für eine Freiheit, wenn man ihnen die Freiheit nimmt, sich so zu kleiden, wie sie wollen», erklärt er weiter. Er selbst hält allerdings nichts von einem Zwang zur Verschleierung. Er ist der Meinung, dass sich die islamische Frau anziehen solle wie sie wolle.
Kein Verständnis für das Verbot in der englischsprachigen Welt
Kopfschüttelnd verfolgt die englischsprachige Welt das Burkini-Verbot an französischen Stränden wie Nizza und Cannes. In Ländern wie Grossbritannien und Australien nennen Zeitungskommentatoren den französischen Streit um den Ganzkörperbadeanzug für Musliminnen «absurd». «Ist ein Ganzkörperanzug wirklich anstössiger, als wenn man die Poritze einer Person mittleren Alters sieht?», wird gefragt. Andere Kritiker stellen Frankreichs Integrationsmodell in Frage.
In britischen Städten und Vierteln mit hoher muslimischer Bevölkerung sind vollverschleierte Frauen nicht ungewöhnlich. Doch offenbar lösen sie keine so starken Reaktionen wie in Frankreich aus, das Religion und Staat besonders rigide trennt.
Verteidiger dieser Politik sagen, ein Miteinander ohne religiöse Konnotationen vermeide konfessionelle Konflikte und befördere die Gleichheit. Entsprechend löste der Burkini – so wie zuvor schon die Burka – eine heftige Debatte in Frankreich aus.
Einige sehen ihn als Zeichen des radikalen Islams und der Unterdrückung der Frau. «Er ist die Übersetzung eines politischen Projekts, einer Gegen-Gesellschaft, die unter anderem auf der Unterjochung der Frau fusst», sagte Frankreichs Ministerpräsident Manuel Valls.
Heftiger Widerspruch
Derartigen Argumenten wird in Grossbritannien heftig widersprochen. Die bekannteste Burkini-Trägerin des Landes ist keine Muslimin, sondern TV-Chefin Nigella Lawson, die 2011 Schlagzeilen machte, als sie sich an Australiens berühmtem Bondi Beach in einem schwarzen Burkini in die Wellen stürzte – um sich keinen Sonnenbrand zu holen.
In einer Umfrage des Senders BBC erklärten Frauen, der Burkini helfe eher bei der Integration. «Der Burkini gibt mir die Freiheit, schwimmen und an den Strand zu gehen, und ich habe nicht das Gefühl, dass ich dabei meiner Religion schade», sagt Aysha Ziauddin.
«Es ist unerhört, dass man entweder seine Haut enthüllen oder gehen muss», ärgert sich Maryam Ouiles. «Die Leute meckern immer, dass Muslime sich stärker integrieren sollen, und wenn wir mit Euch zum Schwimmen gehen, ist das auch nicht richtig.»
«Französische Absurdität»
Der Kommentator der Zeitung «The Times», David Aaronovitch, erklärte, nur «schräge Geister» könnten ein Burkini-Verbot verhängen. Diese «französische Absurdität» löse keine Probleme, sie schaffe vielmehr neue.
Remona Aly, Kommunikationschefin der Exploring Islam Foundation, erstellte eine Liste der «fünf Gründe, einen Burkini zu tragen – und nicht nur, um die Franzosen zu ärgern». «Nichts ist für mich abgedrehter als die Dämonisierung eines – lassen sie es mich sagen – Badeanzugs», schrieb sie in der Zeitung «The Guardian».
In den USA wird das Burkini-Verbot als unlogisch gesehen, weil es Regeln für Frauen vorschreibt, die eigentlich von Regeln befreit werden sollen. Das Verbot sei mehr als Religion oder Kleidung, erklärte Amanda Taub in der «New York Times». Es gehe darum, «die nichtmuslimische französische Mehrheit davor zu schützen, sich mit der sich verändernden Welt auseinanderzusetzen».
Zeichen der Integration
In Australien, wo das Strandleben Teil des nationalen Selbstverständnisses ist, wird der Burkini als Zeichen der Integration betrachtet. Hier wurde der Burkini – eine Wortschöpfung aus Burka und Bikini – schliesslich auch vor mehr als zehn Jahren erfunden. Und zwar von der heute 48-jährigen Aheda Zanetti, einer Australierin mit libanesischen Wurzeln.
Sie selbst habe als Heranwachsende im Land von Sonne, Strand und Surfen viele Aktivitäten nicht mitmachen können, weil sie sich an die Regeln des Anstands halten musste, erzählt sie. Als sie ihren ersten Burkini gezeichnet habe, sei es ihr vor allem darum gegangen, wie muslimische Mädchen Sport treiben und gleichzeitig ihren Glauben respektieren können.
SDA/fal
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