Bundesamt pfeift Basler Polizei zurück
Beamter stellt falsche Parkbusse aus und muss sie nach juristischen Abklärungen stornieren.

Am Abend ist es im Klybeckquartier nahe des Tramdepots Wiesenplatz schwierig, einen freien Parkplatz in der blauen Zone zu ergattern. Klybeckbewohner Benjamin Bucher* löst das Problem der mangelnden Parkplätze bei seiner Rückkehr nach Hause manchmal pragmatisch. Anstatt auf der Parkplatzsuche abends unnötig im Quartier herumzukurven, stellt er seinen Wagen bisweilen eingangs Ackerstrasse vis-à-vis der Bäckerei Mock auf ein freies Stück Asphalt. In diese Lücke zwischen dem Trottoir und einem offiziell markierten Parkplatz passt genau ein Auto.
Das dort parkierte Fahrzeug von Bucher gelangt folglich auch ins Visier der Basler Kantonspolizei. Sie weiss aus dem verknappten Parkplatzangebot und den damit in Wechselwirkung stehenden Falschparkierern gekonnt Kapital zu schlagen.
Zweimal schlug die Bussenpolizei denn auch bei Bucher zu und stellte ihm einen Zettel über 40 Franken wegen Falschparkierens an besagter Stelle aus. Bucher: «Mir ist klar, dass ich eine Parkbusse riskiere, wenn ich mein Auto dorthin stelle, und sie bezahlen muss, wenn mich die Polizei erwischt.»
Plötzlich dreimal so hoch
Vor Kurzem nun aber war Bucher total überrascht, als er erneut einen Bussenzettel hinter dem Scheibenwischer seines falsch parkierten Autos vorfand – ausgestellt mitten in der Nacht. Als er den neuartigen QR-Code scannte, um die Busse auf seinem Smartphone zu betrachten, fiel deren Höhe nicht etwa über 40, sondern plötzlich über 120 Franken aus. Beim Vergehen ahndete der zuständige Polizist nicht wie üblich das Parkieren ausserhalb von Parkfeldern, sondern ortete das härter geahndete Vergehen des Falschparkierens «vor einer Strassenverzweigung näher als fünf Meter von der Querfahrbahn.» Die Querfahrbahn wäre in diesem Fall die Gärtnerstrasse.
Diese dreimal so hohe Busse für dasselbe Vergehen an derselben Stelle wollte Bucher nicht auf sich sitzen lassen. Er fühlte sich von der Polizei ungleich behandelt, ortete gar «Willkür», nahm einen Meter zur Hand und mass den Abstand zur Querfahrbahn selber nach. Bucher kam zum Schluss, dass er die geforderten fünf Meter Distanz zur Querfahrbahn aber eingehalten habe. Dies aufgrund von Autos, die neben dem Trottoir parkiert waren und somit den Abstand entscheidend ausdehnten. Mittels elektronischer Post focht Bucher den Entscheid beim ausstellenden Polizisten an.
Polizist wähnt sich im Recht
Bucher argumentierte mit Ziffern aus dem Strassengesetz, wonach eine Fahrbahn als «dem Fahrverkehr dienenden Teil der Strasse» definiert wird. «Dass der Fahrverkehr sich auf Parkfeldern fortbewegt, wäre mir neu», schrieb er dem Polizisten. Dieser wiederum konterte mit dem Argument, dass die Fahrbahn direkt am angrenzenden Trottoir anfange und an besagter Stelle gar keine Parkplätze aufgezeichnet seien.
Bucher berief sich bezüglich der Distanz zur Querfahrbahn auf die Trottoirbreite plus die Breite der falsch parkierten Autos, was fünf Meter ergab. Der Polizist hingegen argumentierte mit dem Trottoir, was weniger als fünf Meter ergab. So wähnte sich der Polizist im Recht und hielt an der Busse fest, worauf Bucher eine Fristerstreckung für die Einsprache forderte.
Einbezug des Astra
Sich im Recht wähnen ist aber nicht dasselbe, wie im Recht zu sein. Und so nahm die Geschichte eine neue Dynamik auf, als Bucher die BaZ kontaktierte und bat, diese Mal-so-und-mal-so-Behandlung doch publik zu machen. Auf Anfrage, weshalb eine Busse für dasselbe Vergehen unterschiedlich ausfalle, ging die Polizei nochmals über die Bücher und tätigte Abklärungen. Die Meinungen über diesen Sachverhalt müssen intern derart unterschiedlich ausgefallen sein, dass die für Bussen zuständige Abteilung gar Abklärungen beim Bundesamt für Strassen (Astra) vornehmen musste, um eine Drittmeinung einzuholen.
Wie Polizeisprecher Toprak Yerguz jetzt mitteilt, hätten «vertiefte juristische» Abklärungen unter Einbezug des Astra ergeben, dass «im vorliegenden Fall» das Trottoir die Fahrbahn beendet und daher keine Verzweigung vorliegt. Mit anderen Worten: wo ein Trottoir eine Fahrbahn zu einer quer dazu laufenden Strasse beschneidet, kann keine Rede von einer Querfahrbahn sein.
Beispiel für interne Schulungen
Yerguz: «Bei der vorliegenden Trottoirüberfahrt wurde folglich die falsche Busse erteilt. Korrekt ist eine Busse für das ‹Parkieren ausserhalb eines Parkfeldes›.» Die Polizei werde das Beispiel künftig in internen Schulungen brauchen. Mit dem Gebüssten nehme sie Kontakt auf und storniere die mit 120 Franken zu hoch angesetzte Busse und verlange jene über 40 Franken.
Bucher, der die 120 Franken in der Zwischenzeit bezahlt hat, freut sich über die gute Nachricht. «Die Polizei darf mir gerne ein Konto über 80 Franken einrichten und die nächsten zwei normalen Parkbussen davon abziehen. Viel lieber wären mir aber mehr Parkplätze oder ein Quartierparking.»
*Name geändert
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