Bund verzichtet auf eigene Abklärung
Die Aarburger Gemeinderätin Martina Bircher schildert das mutmassliche Märchen eines Eritreers, der abtauchte und offenbar in Eritrea Ferien machte.

«Kein Wunder, hat das Staatssekretariat für Migration letztes Jahr nicht mehr Fälle aufgedeckt, bei denen in der Schweiz lebende Flüchtlinge ferienhalber in ihr ursprüngliches Heimatland gereist sind.» Dieser Gedanke sei ihr durch den Kopf gegangen, als sie in der Sonntagszeitung gelesen habe, dass im Staatssekretariat für Migration letztes Jahr nur gerade 145 Fälle unerlaubter Heimreisen nachgewiesen wurden, bei Eritreern gerade einmal sechs.
«Dunkelziffer enorm hoch»
So sagt es Martina Bircher, Aarburger SVP-Gemeinderätin und Sozialvorsteherin, im Gespräch mit der BaZ. Sie kann mit einem konkreten Fall belegen, wie das zuständige Staatssekretariat untätig blieb. Als offizielle Begründung dafür betete das SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga unterstellte Amt jene Version nach, mit der sich der Eritreer in Aarburg versuchte aus der Affäre zu ziehen. Selber unternahm beim SEM in der Sache niemand etwas.

Bircher sagt, es sei ein absoluter Zufall, dass man bei der Gemeindebehörde von der mutmasslichen Heimreise des Eritreers erfahren habe. Weder die Gemeinde noch der Kanton können eigenständige Abklärungen treffen; dies obliege alleine dem Bund, also dem Staatssekretariat für Migration (SEM). «Ich behaupte, dass die Dunkelziffer enorm hoch ist und wir als Gemeindebehörde im Normalfall nichts mitkriegen, wenn anerkannte Flüchtlinge und vorläufig Aufgenommene vorübergehend in ihr Heimatland reisen, in dem sie angeblich an Leib und Leben gefährdet sind. Und wenn wir als Gemeinde durch Zufall einen Anhaltspunkt haben, dann unternimmt das SEM nichts.»
«In Eritrea in den Ferien»
Der vorliegende Fall betrifft einen Eritreer, der den Behörden unter drei Identitäten bekannt ist. Dass der Mann über Wochen in seiner Unterkunft in einem ehemaligen Hotel in Aarburg nicht präsent war, merkten die Behörden nur, weil ihm über längere Zeit erfolglos versucht wurde, eine Gerichtsurkunde zuzustellen. Schliesslich schickten die Gemeindebehörden die Regionalpolizei los, um herauszufinden, wo der Eritreer sein könnte.
Die Polizisten sprachen mit Bekannten des Mannes, Zimmernachbarn, allesamt Flüchtlinge, die, wie der Gesuchte selbst, von der Sozialhilfe leben. Sie bekamen zu hören, der Mann sei in Eritrea in den Ferien. Der Polizeibericht landete bei der Gemeinde und beim Kanton. Als sich der Gesuchte nach einiger Zeit bei den Behörden meldete, um seine Sozialhilfe zu erhalten, fragten diese nach, wo er gewesen sei. Er gab an, sich über den gesamten Zeitraum in Äthiopien aufgehalten zu haben, wo er seine kranke Mutter besucht habe. Er habe dort seine Ausweispapiere verloren, auch das Rückflugticket sei ihm abhandengekommen. Weil die Beschaffung neuer Papiere viel Zeit in Anspruch genommen habe, sei er so lange weg gewesen.
Nicht genügend Beweise?
Bircher bedauert: «Das Einzige was wir als Gemeindebehörde tun konnten, war dem Mann die Sozialhilfe zu kürzen, und zwar für jene Zeit, in der er gar nicht bei uns war.» Der Kanton habe sich dann ans SEM gewandt mit dem Antrag, die Asylgewährung für den Mann zu widerrufen.
Man sehe von einem Widerruf ab, weil nicht genügend Beweise vorlägen, schrieb das SEM zurück. Als Hauptbegründung wiederholt die zuständige SEM-Beamtin, was der Eritreer dem Aarburger Sozialdienst seinerzeit erzählt hatte. Dies protokollierten die Aarburger und schickten es zur Überprüfung des Wahrheitsgehalts dem SEM in den Beilagen zum Fall. Als Begründung für den Verzicht im SEM, eigene Abklärungen anzustellen, lasen die erstaunten Aarburger Behördenvertreter also Auszüge aus ihrem eigenen Protokoll über das mutmassliche Märchen des Eritreers. «Mehr können wir in dieser Sache nicht tun», sagt Bircher sichtlich genervt.
Überschaubare Folgen
Die Sozialbehörde versucht nun, dem Eritreer eine andere mutmassliche Lüge nachzuweisen. Dieser hat, so vermuten sie, unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, Teile seiner Familie in die Schweiz nachgezogen. Es stelle sich die Frage, ob es sich überhaupt um seine eigenen Angehörigen handelt. Jetzt soll ein DNA-Test Klärung bringen. Die Folgen für den Eritreer bleiben überschaubar, egal, was die Abklärungen ergeben. Er darf so oder so in Aarburg bleiben, auch wenn ihm, im schlimmsten Fall für ihn, der Flüchtlingsstatus aberkannt würde. Er wäre dann fortan einfach «vorläufig Aufgenommener». Denn nach Eritrea heimgeschickt wird niemand.

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