Überraschung in BinningenBürgerliches Gezanke geht in zweite Runde
Keiner der drei Gemeinderatskandidaten erreicht das absolute Mehr. Das Topresultat macht Mitte-Kandidat Lukas Alt – auch dank des Kalküls von Links-Grün.

Politisch ist er noch eher ein unbeschriebenes Blatt. Und doch tischt Mitte-Mann Lukas Alt in Binningen die FDP (und damit die wählerstärkste Partei in der Gemeinde) sowie die SVP deutlich ab. «Es ist ein tolles Resultat. Der grosse Vorsprung freut mich sehr», sagt er.
Pure Freude bei ihm, obschon der ganz grosse Coup bereits diesen Sonntag zum Greifen nah war. Nur 28 Stimmen fehlen Alt für die direkte Wahl in den Gemeinderat.
Jetzt muss er in den zweiten Wahlgang am 23. April, da keiner der drei Kandidaten das absolute Mehr von 1582 Stimmen erreicht hat. «Mit so einem Ergebnis muss ich ja wieder antreten», scherzt er.
Hickhack zwischen FDP und SVP
Für die FDP ist dieser Ausgang indes eine Enttäuschung, möchte die Partei doch unbedingt ihren Sitz verteidigen, den es nach der Rücktrittsankündigung vom eigenen Gemeindepräsident Mike Keller neu zu besetzen gilt. Kandidat Peter Frauchiger sagt: «Das Resultat überrascht mich schon. In erster Linie bin ich aber erleichtert. Das hätte auch schief gehen können.» Der Freisinnige macht 442 Stimmen weniger als Lukas Alt.
Stimmen, die ihm wohl auch wegen der fehlenden Unterstützung der SVP abgegangen sind. Die Volkspartei erzielt mit ihrer Kandidatin Susanna Keller, wohlgemerkt frisch gewählte Landrätin, ein schwaches Ergebnis und erreicht nur 447 Wähler. Keller sagt: «Es ist enttäuschend, auch wenn es für uns ein kleiner Achtungserfolg ist.» Sie wisse noch nicht, ob sie mit dieser geringen Stimmenzahl in den zweiten Wahlgang steigen werde.
Ein Rückzug würde der FDP in die Karten spielen, die in Anbetracht des starken Resultats von Alt auf Beihilfe angewiesen ist. Frauchiger macht deutlich: «Wir erwarten für den zweiten Wahlgang die Unterstützung der SVP. Ich bin überzeugt, dass wir der Mitte Paroli bieten können, wenn wir richtig zusammenarbeiten.»
Die Liaison zwischen den Freisinnigen und der SVP?
Seit den kantonalen Wahlen vor rund einem Monat und dem Hickhack um die Regierungskandidatur von Sandra Sollberger zumindest eine lädierte Partnerschaft. Doch will die FDP ihren Einfluss im Gemeinderat wahren, scheint kein anderer Weg daran vorbeizuführen.
Oder: Wenn sich zwei streiten, freut sich der Dritte?
Links-Grün lacht sich ins Fäustchen
Lukas Alt erhält grosse Unterstützung von Linken und Grünen, die seine Nomination mit politischem Kalkül lanciert haben. Kurz nachdem FDP-Mann Mike Keller seinen Abgang angekündigt hat, forderten SP und Grüne mehr Diversität im Gemeinderat.
Dass ihnen von den Bürgerlichen die Mitte dabei am ehesten zusagt, ist naheliegend. SP-Gemeinderätin Caroline Rietschi sagt auf Anfrage: «Das jetzige Resultat freut uns sehr. Es zeigt, dass sich die Bürgerlichen gegenseitig Stimmen wegnehmen, was zu erwarten war, uns natürlich aber in die Hände spielt.»
Auch wenn Links-Grün auf eine eigene Kandidatur verzichtet hat, dürften sie sich bei einer Wahl des Mitte-Manns also als Wahlsieger bezeichnen – ein Schachzug, der beinahe beim ersten Versuch aufgegangen ist. Lukas Alt meint dazu: «Von den drei Kandidaten stehe ich der linken Seite am nächsten. Die Unterstützung ist daher naheliegend.»

Derzeit sind die Sozialdemokraten und die Freisinnigen mit je drei Personen und die Grünen mit einer Person im Gemeinderat vertreten. Es ist mehr als offen, ob dieses Machtgefälle bestehen bleibt. «Dass die Mitte häufig linken Themen zustimmt, ist uns schon bewusst. Der FDP sind wir näher», sagt SVP-Politikerin Keller dazu.
Mit ihrer Kandidatur habe die SVP den verlorenen Sitz der letzten Legislatur zurückgewinnen wollen. Nun werde die Partei eine Auslegeordnung vornehmen und dann entscheiden, ob man im zweiten Wahlgang trotz der FDP-Forderung noch mitmischt.
Bei den Freisinnigen ist der Unmut zusätzlich gross, da die Partei nicht versteht, weshalb die bürgerlichen Partner jetzt in die Exekutive wollen und ihren Platz gefährden – und nicht etwa den frei gewordenen SP-Sitz vor rund einem Jahr angegriffen haben. Damals stellten allein die Sozialdemokraten eine Kandidatur und schafften die Wahl widerstandlos.
Gut möglich, dass Links-Grün wieder vom bürgerlichen Eiertanz profitiert.
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