Der Zoo öffnet am Samstag seine Tore Brüllende Löwen, frohlockende Menschen
Vorerst dürfen sich bloss 4000 Menschen gleichzeitig auf dem Gelände aufhalten. Kleine Tierhäuser bleiben geschlossen, doch sonst herrscht fast wieder Normalbetrieb.

Nachts brüllen die Löwen, trompeten Elefanten, kreischen Affen. Die Tiere im Zoologischen Garten Basel veranstalten Konzerte, die im angrenzenden Bachlettenquartier ebenso gut zu hören sind wie im Gundeli und sogar auf dem Bruderholz. Ein besonders gewitzter Löwe, verrät uns Zoosprecherin Tanja Dietrich, benützt bei diesen animalischen Auftritten die Höhle in seinem Gehege beim Gamgoas-Haus jeweils als Echo-Verstärker.
Fast könnte man meinen, die Zoobewohner würden den Baslern zurufen: «Kommt uns wieder mal besuchen, wir langweilen uns ohne euch.» Immerhin war der Zoo seit dem 16. März wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Diesen Samstag, endlich, öffnet er seine Tore wieder.
Langeweile würden die Tiere nicht empfinden, sagt Dietrich. Sind sie vielleicht im Gegenteil voller Vorfreude auf das Wiedersehen mit den Besuchern? Die Frage lässt sich natürlich nicht wirklich beantworten. Ein Augenschein im Affenhaus ist eher ernüchternd: Ein Gorilla dreht uns demonstrativ den Rücken zu. Die Schimpansen sind mit Turnen am Seil beschäftigt und nehmen keine Kenntnis von der Visite.
Nachwuchs und Todesfälle
Fest steht aber, dass sich einer sehr freut: Zoodirektor Olivier Pagan nämlich. «Ich bin froh, dass die 82 Tage der Schliessung vorbei sind», sagte Pagan am Donnerstag anlässlich eines Rundgangs für die Medien. «Es war eine schwierige Zeit voller Ungewissheit. Meine Equipe hat sie vorbildlich gemeistert.»
In den knapp drei Monaten des gesellschaftlichen Ausnahmezustands ist das Leben im Zoo trotzdem weitergegangen. Seepferdchen, Rentiere, Totenkopfäffchen, Erdmännchen, Minipigs, Klammeraffen, Somali-Wildesel und viele Fische und Vögel haben sich fröhlich vermehrt.
Auch die Krokodile haben Nachwuchs. Kurator Fabian Schmidt zeigt auf ein Wasserbecken, in dem sich australische Süsswasserkrokodile tummeln. Um zu demonstrieren, wie kompromisslos sie ihre Jungen verteidigen, stochert er mit einem Stock im seichten Wasser herum. Prompt schiesst ein Krokodil aus dem Wasser und bleckt sein Gebiss. Schmidt kommentiert gelassen: «Sie sehen, es sind wirklich gute Eltern.»
Wo Leben ist, ist der Tod nicht weit. Eine greise Zwergzebukuh und ein schwaches junges Rentier mussten eingeschläfert werden. Eine Mandarinente wurde Opfer eines Mäusebussards. Und eine Giraffe stürzte unglücklich nach einer Narkose, die sie zur Behandlung einer Klaue erhalten hatte. Ihr Skelett befindet sich jetzt im Naturhistorischen Museum.
Einbahnbetrieb im Vivarium
Ab Samstag kann sich die Bevölkerung selber ein Bild machen vom Zoo, der sich auch während des Corona-Shutdown weiterentwickelt hat. Ein Kran signalisiert, dass das Vogelhaus derzeit saniert und mit einem Neubau ergänzt wird. Die Wiedereröffnung ist fürs erste Halbjahr 2022 geplant. Diese Woche beginnen zudem Sanierungsarbeiten am denkmalgeschützten Antilopenhaus.
Fast alles also wieder normal im Zoo, wie vor den Corona-Zeiten – fast alles. Noch kann Pagan den Betrieb nicht ganz auf Alltag umstellen. Es dürfen sich gleichzeitig maximal 4000 Personen auf dem Gelände aufhalten (kleine Kinder nicht mitgezählt). Das sind ungefähr 2000 Besucher weniger als üblich. Freiwillige wachen, ähnlich wie in den Supermärkten, über die Ein- und Austritte. Im Vivarium und im Affenhaus gilt Einbahnbetrieb. Die kleineren Tierhäuser wie das Afrika- und das Straussenhaus bleiben geschlossen. Die beliebte Fütterung der Seelöwen findet noch nicht statt. Das Restaurant, die Cafeteria und der Shop sind hingegen geöffnet.
Wenn nachts Löwen vor Freude brüllen, Elefanten trompeten und Affen kreischen, dürfen auch wir Menschen frohlocken: Wir haben unseren Zoo zurück.
Martin Furrer ist Autor und Kolumnist im Ressort Gesellschaft/Kultur. Er schreibt über Menschliches-Allzumenschliches, aber auch über Themen, die das politische Basel beschäftigen.
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