Wochenduell: Noch ein Fussball-WettbewerbBraucht es die Conference League wirklich?
Mehr Aufsehen und Geld für kleinere Clubs? Oder schlicht Geldmache der Uefa? Der neue europäische Clubwettbewerb sorgt nicht bei allen Fussballfans für Vorfreude.

Ja: Die Conference League sorgt dafür, das auch kleinere Clubs aus kleineren Ligen eine Chance auf grosse Siege und eine hübsche Summe Geld haben.
An diesem Donnerstag findet im St.-Jakob-Park eine Premiere statt: Der FC Basel trifft in der zweiten Runde der Qualifikation zur Conference League auf Partizani Tirana. Das Ziel ist klar: Der FCB will von Anfang an dabei sein in diesem erstmalig ausgetragenen europäischen Clubwettbewerb, der von der Uefa neben der Champions League und der Europa League als drittes Zugpferd etabliert werden soll.
Der Wettbewerb kann für die Teilnehmer eine lukrative Sache werden: Sie bekommen von der Uefa fixe, vom Resultat abhängige Prämien ausbezahlt. Zudem erhalten die Mannschaften von den TV-Anstalten ihres Landes individuelle Beiträge. Der Prämientopf ist insgesamt zwar kleiner, die Teilnehmer der Qualifikationsrunden zur Conference League aber kassieren zum Beispiel mehr als die zur Europa League.
Das kommt besonders den Teams aus den kleineren Ligen zugute. Sie haben Mühe, sich in diesen jeweiligen Runden für die Europa League zu qualifizieren, geschweige denn für die Champions League. Mit der Einführung der Conference League erhöht sich ihre Chance, Zugang zu einem europäischen Clubwettbewerb zu erhalten. Zudem ist so gesichert, dass mindestens 34 von 55 Nationalverbänden in Europapokal-Gruppenphasen vertreten sind.
Total kämpfen 184 Mannschaften um die 32 Plätze für die Gruppenphase, was bedeutet, dass der Kuchen im Vergleich zu den anderen beiden Turnieren gewiss kleiner ist, sich jedoch mehr Vereine an den Stücken bedienen dürfen. Wer am Ende das grösste Stück bekommt, entscheidet sich am 25. Mai 2022, wenn in Tirana der Final ausgetragen wird.
Vielleicht siegt dann zur Abwechslung ein Team, das nicht aus den fünf dominierenden Ligen Europas stammt. Das war in der Champions League seit 2004 nicht mehr der Fall, in der Europa League seit 2011. Möglicherweise ist das die Gelegenheit für den FC Basel, erstmalig eine europäische Clubtrophäe zu holen. Der Weg dorthin beginnt heute.
Ein weiterer Ansporn ist: Wer die Conference League gewinnt, erhält in der kommenden Saison automatisch einen Platz in der Gruppenphase der Europa League. Daniel Schmidt
Nein: Einen dritten europäischen Clubwettbewerb will niemand sehen – und schlussendlich profitiert vor allem die Uefa.
Bereits die Geschichte hat gezeigt, dass ein dritter europäischer Wettbewerb überflüssig ist. Insbesondere betagteren Anhängern des Fussballs wird er noch ein Begriff sein, der Europapokal der Pokalsieger. Er bildete den dritten europäischen Wettbewerb im Vereinsfussball der Uefa, neben der Champions League und dem Uefa Cup, der heutigen Europa League.
Zur Saison 1999/2000 wurde der Pokalsieger-Pokal abgeschafft und mit dem Uefa Cup zusammengelegt. Der Hauptgrund: nachlassende Attraktivität für Vereine und Fans. Über 20 Jahre ist es also her, dass sich die Uefa eingestand, dass ein dritter Wettbewerb einer zu viel ist, und doch lernt man nicht aus der Vergangenheit und startet mit der Conference League einen Nonsens zur neuen Spielzeit.
Die offiziellen Motive der Uefa gemäss Präsident Aleksander Ceferin: «Mehr Spiele für mehr Clubs aus mehr Verbänden.» Heisst auf gut Deutsch: «Mehr Kohle für alle.» Vor allem natürlich für die Uefa, die Conference League ist einmal mehr eine reine Geldmacherei des europäischen Dachverbands. Die Geschichte der Entwicklung des Europapokals gleicht dem klassischen «Bundling and Unbundling»-Prinzip aus der Privatwirtschaft.
Beim Bundling werden bereits bestehende Produkte zu einem grösseren Angebot gebündelt. So wie dies bei der Integration des Europapokals der Pokalsieger in den Uefa Cup geschehen ist. Dies funktioniert so lange, bis das Paket nicht mehr genügend Profit abwirft. Dann findet das Unbundling statt. Genau dies passiert jetzt mit der Aufteilung der Europa League, die durch die Einführung der Conference League wieder attraktiver gemacht werden soll.
Dass das Renommee für die Europa League gesteigert werden soll, macht durchaus Sinn, haftete ihr doch seit jeher das Stigma des billigen Abklatschs der Champions League an. Doch während ihr Ansehen steigt, bildet die Conference League nun den Wettbewerb, an dem man Spott und Häme auslassen kann. Oder um es mit den Worten von Union-Berlin-Stürmer Max Kruse zu sagen: «Auf die Conference League hätte ich keinen Bock.»
Der erste Finalort Tirana mit seinem hübsch anzusehenden, aber nur 21’690 Zuschauer fassenden Stadion, belegt, dass nicht einmal die Uefa an eine Welle der Begeisterung für den eigenen Wettbewerb glaubt. Mit dem oben genannten Zitat Ceferins gaukelt die Uefa einmal mehr vor, die kleineren Ligen unterstützen zu wollen. Ob dies durch einen Wettbewerb gelingt, bei dem kein Verein einen direkten Startplatz auf sicher hat und der es für die kleineren Vereine fast unmöglich macht, wenigstens in der Europa League zu spielen, ist mehr als fragwürdig.
* Das Wochenduell: Die «Basler Zeitung» stellt sich ab sofort in regelmässigem Abstand Themen, die die Sportwelt bewegen – und beleuchtet dabei in einem Pro und einem Kontra beide Seiten. Zuletzt erschienen: Gehören Zuschauer ins Stadion?Holt sich Roger Federer nun sogar den Titel?Werden die Schweizer nun Europameister?War die Europameisterschaft bisher ein Fussballfest?Ist Novak Djokovic der beste Spieler der Geschichte?
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