Böse Überraschung für Bähnler
Gestern früh hat die Kreisleitstelle der SBB den Strom auf der Fahrleitung zwischen Hinwil und Bäretswil abgestellt. Damit sind die Elektrolokomotiven des Dampfbahnvereins blockiert.
«Das war eine Nacht-und-Nebel-Aktion», konstatierte gestern Dieter Enz, Medienverantwortlicher des Dampfbahnvereins Zürcher Oberland (DVZO). Nach einer kurzen Information des DVZO-Betriebsleiters Jürg Hauswirth verfügten die zuständigen Fachdienste der SBB gestern Sonntag um 7 Uhr die sofortige und definitive Abschaltung der Fahrleitung zwischen Hinwil und Bäretswil. Eine Stunde später war der Strom auf der den SBB gehörenden Strecke abgeschaltet, wie SBB-Mediensprecher Christian Ginsig auf Anfrage bestätigte. Gefahr für Menschen Als Grund für die Blitzaktion wird der mittlerweile ungenügende Zustand der veralteten Leitungen angegeben. «Es handelt sich um eine uralte Anlage, die von den Spezialisten als ‹nicht mehr tragbar› bezeichnet worden ist», hält Ginsig fest. Das metallene Fahrleitungsmaterial sei nicht mehr betriebssicher, bei den Isolatoren seien schlechte Werte gemessen worden. Wenn ein Sturm die Leitungen beschädige, könnten Menschen darum akut gefährdet sein. Diese Massnahme sei aus sicherheits- aber auch aus versicherungstechnischen Gründen verfügt worden, sagt der SBB-Sprecher weiter. Dieter Enz räumt ein, dass es sich um eine alte Fahrleitung handelt. Genau gesagt ist es der letzte Vertreter auf dem Ostschweizer SBB-Netzes des einst auf Nebenlinien weit verbreiteten «windschiefen Typs». Die Strecke war 1946 elektrifiziert worden, kurz bevor sie von der Uerikon-Bauma-Bahn an die SBB überging. «Schon alleine aufgrund ihres historischen Wertes müsste die Anlage geschützt werden», sagt Enz. Bis auf weiteres bleibt sie auch stehen. Die Hochspannungsdrähte sind jedoch permanent geerdet, sodass der Reststrom ins Erdreich geleitet wird und keine Gefahr mehr besteht. Untragbare Kosten Kein Verständnis haben die DVZO-Verantwortlichen für die aus dem Nichts veranlasste Stilllegung. Zwar sei das Thema zwischen SBB und DVZO schon angesprochen worden, doch seien die Oberländer Bähnler davon ausgegangen, dass es in ein, zwei Jahren besprochen werde. Eine Sanierung der Fahrleitung auf dieser Teilstrecke dürfte Millionen kosten. Ein Betrag, den der DVZO kaum aufbringen kann. Und die SBB haben mangels Eigenbedarf kein Interesse mehr an der Strecke. Weshalb aber interessiert den Dampfbahnverein überhaupt die abgestellte Fahrleitung, schliesslich benötigen seine Loks doch Kohle und keinen Strom? Nicht ganz, wie Enz betont. Rund 80 Prozent aller Fahrten finden zwar mit Dampfloks statt. Damit bleibt aber noch immer ein Fünftel, der mit Elektrolokomotiven abgewickelt wird. Diese Elektroloks werden auf der vereinseigenen Teilstrecke von Bauma bis nach Bäretswil weiterhin verkehren können. Doch zwischen Hinwil und Bäretswil sind fortan keine Fahrten mit den vereinseigenen Elektroloks Be4/4 und Ee3/3 sowie mit weiteren elektrischen Triebfahrzeugen anderer Unternehmen mehr möglich. Das wiederum würde sich auf die Finanzen der Bähnler negativ auswirken. Enz hofft, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist. Der DVZO möchte das Gespräch mit den SBB suchen. Ob es noch etwas zu besprechen gibt, konnte SBB-Sprecher Ginsig gestern Abend nicht sagen. Nachdem 1969 der Personenverkehr auf der Strecke eingestellt wurde, könnte somit 2011 ein weiterer tiefer Einschnitt in der Geschichte der Bahnlinie bringen. Die elektrischen Züge des Dampfbahnvereins stehen vor einer ungewissen Zukunft. Foto: Dieter Enz
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