Videochat mit IWB-Chef«Es ist noch nicht klar, ob das Gas auch ankommt, wenn es ganz eng wird»
Claus Schmidt, CEO des Basler Energieversorgers IWB, hat die Fragen der BaZ-Leserinnen und -Leser beantwortet. Der Livestream zum Nachschauen und Nachlesen.
In Basel kostet Strom im kommenden Jahr durchschnittlich 12 bis 15 Prozent mehr. Die Tarife für Fernwärme sind bereits im Oktober um rund 18 Prozent angehoben worden. Wie geht es mit den Preisen weiter?
Das ist der Blick in die Glaskugel. Wir befinden uns in einer Situation, wie wir sie nicht kannten, eine mit unglaublichen Verwerfungen auf dem Strom- und Gasmarkt. Im Bereich Strom wird es aber in Basel für 2023 keine weiteren Preiserhöhungen geben. Die Tarife sind fixiert. Im Bereich Gas- und Fernwärme hingegen muss man durchaus mit Anpassungen im kommenden Jahr rechnen.
In welche Richtung wird es gehen? In den letzten Wochen sind die Gaspreise international bereits wieder deutlich gesunken.
Das ist eine schwierige Frage. Es ist nicht wie an der Tankstelle, wo wir am Nachmittag einen anderen Preis haben als am Morgen. Wir versuchen, die Preise über einen gewissen Zeitraum zu glätten. Das ist in der jetzigen Situation mit all den Unsicherheiten am Markt für einen langfristigen Zeitraum aber nicht möglich. Ich gehe davon aus, dass es 2023 bei den Tarifen zu Anpassungen kommt. Aber ob es eine Entspannung gibt oder ob die Preise noch einmal anziehen, wird sich zeigen. Ich bin aber froh, dass die Gaspreise von den bisherigen Spitzenwerten weggekommen sind. Davon werden wir langfristig profitieren können.
Wie sicher ist die Energieversorgung? Kommt es zu Teilabschaltungen des Stromnetzes oder gar zu Blackouts?
Wir haben beim Strom und beim Gas eine sehr angespannte Situation. Das zeigt sich an den hohen Preisen. Solange wir Preise haben, ist es aber immerhin so, dass es auch Gas und Strom gibt. Es gibt aber ein kleines Risiko, dass wir im Winter nicht mehr genügend Strom oder Gas haben. Dann kommt der Bund als oberster Krisenmanager zum Zug. Im schlimmsten Fall könnte es tatsächlich zu Abschaltungen kommen oder zu einer Kontingentierung von Grossverbrauchern.
Gibt es während eines Blackouts noch Trinkwasser und funktionieren die Kläranlagen weiterhin?
Sollte es tatsächlich zu grossflächigen Abschaltungen kommen, werden kritische Infrastrukturen davon ausgenommen. Dazu zählen Spitäler oder Blaulichtorganisationen, aber auch Energie und Trinkwasser. Das heisst, die IWB wird dann in diesen Bereichen den Strom nicht abschalten, wenn das technisch möglich ist. Zum Teil gibt es zudem Notstromaggregate.
Wann gibt es einen verbindlichen Plan für die Stilllegung des Gasnetzes in Basel?
In den kommenden 15 Jahren wird in Basel die Fernwärme grossflächig ausgebaut. Überall dort, wo es Fernwärme gibt, wird das Gasnetz stillgelegt. In Quartieren, in denen die Fernwärme nicht kommt, wird es andere erneuerbare Lösungen geben. Wir sind derzeit am Planen, damit niemandem die Gasheizung abgestellt wird, bevor die Fernwärme bereit ist. Das passiert in den nächsten 15 Jahren Schritt für Schritt.
Wie erfahre ich, wann die Fernwärme in meinem Quartier bereit ist?
Auf unserer Homepage gibt es eine interaktive Karte. Dort können Sie Ihre Strasse und Ihre Hausnummer eingeben und erfahren, wann die Fernwärme bereit ist. Noch sind nicht alle Termine definitiv. Aber wir aktualisieren die Karte regelmässig. Es ist immer auch eine Frage der Koordination – mit der BVB, mit dem Tiefbauamt etc. –, damit es möglichst wenig Baustellen gibt.
Wie muss man vorgehen, wenn man ans Fernwärmenetz angeschlossen werden will? Mit welchen Wartezeiten und Kosten muss man rechnen?
Dort, wo es die Fernwärme bereits gibt, können Hauseigentümer jederzeit auf uns zukommen. Die Kosten hängen im Einzelfall vom jeweiligen Objekt ab. Es gibt zudem Förderbeiträge beim Kanton, damit eine Umstellung nicht zu grossen Mehrkosten führt und wir eine wettbewerbsfähige, erneuerbare Wärmeversorgung anbieten können. Bezüglich Wartezeiten: Ich empfehle jedem eine langfristige Planung, die unabhängig von der aktuellen Energiekrise ist, und nicht zu warten, bis die bestehende Heizung den Geist aufgibt. Auch im Fernwärmebereich gibt es Fachkräftemangel und lange Lieferfristen. Wir bieten aber auch Übergangslösungen an, sogenannte Wanderkessel, die man mieten kann, bis die Fernwärmelösung bereit ist.
Wie sehr ist die IWB von deutschen Gaslieferungen abhängig und wie können allenfalls Lieferausfälle kompensiert werden?
Da die Schweiz keine eigene Gasproduktion hat, sind wir auf andere Länder angewiesen, unter anderem auch auf Deutschland. Im Zug der Krise hat der Bundesrat die Gasindustrie angewiesen, die benötigten Mengen für den nächsten Winter zu beschaffen und davon 15 Prozent auch tatsächlich physisch in Speichern in Deutschland, Italien und Frankreich zu reservieren. Dieses Gas ist vertraglich abgesichert. Es ist damit zwar noch nicht klar, ob es dann auch ankommt, wenn es ganz eng wird. Es ist jedoch eine Möglichkeit, sich abzusichern. Zudem gibt es vertragliche Optionen über weitere 20 Prozent des benötigten Gasbedarfs des Winters. Auch dort ist es nicht ganz klar, ob es dann physisch tatsächlich ankommt. Aber es ist ein weiteres Sicherheitsnetz.
Es gibt Verträge, aber trotzdem können wir nicht sicher sein, dass das Gas geliefert wird?
Wenn es eine Mangellage gibt, hängt es davon ab, welche vertraglichen Abmachungen tatsächlich eingehalten werden. Wir sind zwar zuversichtlich, dass es klappt. Aber es besteht natürlich das Risiko, dass das eine oder andere Land im Ernstfall zuerst für sich selbst sorgt. Das hat man am Anfang der Corona-Pandemie ebenfalls gespürt. Aber die Schweiz benötigt nur rund ein Prozent des europäischen Gasbedarfs. Etwas salopp gesagt: Wenn es für Europa reicht, sollte es für die Schweiz ebenfalls reichen. Und umgekehrt:
Wenn es für Europa nicht reicht, haben wir auch in der Schweiz ein Problem.
IWB-CEO Claus Schmidt hat sich am Mittwoch, 19. Oktober, in unserem Videochat den Fragen der Leserinnen und Leser gestellt. Die Fragen und Antworten können im Video oben nachgeschaut werden. Vielen Dank für Ihr Interesse.
Fehler gefunden?Jetzt melden.