Bildstrecke: Berlusconis Frauenwelt
Nicht nur Silvio Berlusconi, sondern ganz Italien tut sich mit Frauen schwer. Der Sexismus zieht sich durch die ganze italienische Gesellschaft. Berlusconis Erklärung: Die Frauen seien einfach zu schön.
Wenn es um Frauen geht, tönen die Sprüche von Ministerpräsident Silvio Berlusconi oft zynisch. So entschuldigte er sich einmal dafür, dass die Zahl der Vergewaltigungen trotz aller Massnahmen der Regierung steigt, mit folgenden Worten: «Wir habe nicht genug Soldaten, um die Vergewaltigungen zu stoppen, denn unsere Frauen sind so unglaublich schön.»
Berlusconis immer wiederkehrende Beleidigungen des weiblichen Geschlechts und seine Eskapaden mit Frauen sind aber laut «Newsweek» nicht nur auf seine Person allein zurückzuführen, sondern auf die italienische Kultur. «Nicht nur Berlusconi, sondern ganz Italien hat ein Problem mit Frauen», schreibt die amerikanische Zeitschrift, die sich auf die Suche nach dem Stellenwert der Frau in der italienischen Gesellschaft gemacht hat.
Sogar Kolumbien schlägt Italien punkto Gleichstellung
Die Fakten sind wenig schmeichelhaft: Im Global Gender Gap Report des Weltwirtschaftsforums hinkt Italien in jeder Kategorie den anderen Industrie- und Wirtschaftsnationen hinterher. Bei der wirtschaftlichen Partizipation der Frauen belegt das Land weltweit den 87. Platz, bei der Lohngleichheit sogar nur den 121. Rang. Auch die Chancen für Italiens Frauen, in der Wirtschaft eine Spitzenposition zu erreichen, sind bescheiden (Rang 97). Beim Index, der generell misst, wie Frauen in einem Land behandelt werden, liegt Italien auf Rang 74 – hinter Kolumbien, Peru oder Vietnam. Seit 2008, als Berlusconi wieder an die Macht kam, ist Italien um sieben Plätze zurückgefallen.
Doch fast aussagekräftiger als die nackten Zahlen sind die halbnackten Tatsachen, denen «Newsweek» während seiner Recherche begegnete: Ein besonderes Müsterchen erfuhr das Magazin von der italienischen Dokumentarfilmerin Lorella Zanardo, die einen Topbanker in Mailand besucht hatte. Ein Bikini-Kalender habe dessen Schreibtisch geschmückt, auf dem Kaffeetisch daneben habe ein Magazin mit halbnackten Frauen gelegen. «Dieser Mann», sagt Zanardo, «entscheidet darüber, welche Frauen in seinem Unternehmen in Schlüsselpositionen arbeiten werden.»
«Sucht euch einen reichen Freund»
Nur 45 Prozent der italienischen Frauen sind erwerbstätig. Das ist gemäss der amerikanischen Zeitschrift die niedrigste Rate in der Europäischen Union, die Zahl stagniert überdies seit fünf Jahren. Zum Vergleich: In Norwegen sind 80 Prozent der Frauen erwerbstätig, in Grossbritannien 72 Prozent. Frauen, die in Italien eine Stelle haben, müssen überdies 20 Prozent weniger Lohn in Kauf nehmen als Männer.
Viele Italienerinnen seien der Ansicht, dass sich daran nichts ändern liesse, kommt «Newsweek» zum Schluss. Mit den Worten Silvio Berlusconis heisst dies: «Es gibt für euch Frauen einen sicheren Weg, um Glück und finanzielle Sicherheit zu erlangen: Sucht euch einen reichen Freund.» Diesen Ratschlag gab Berlusconi bei einer seiner Ansprachen jungen Frauen mit auf den Weg.
Nacktfotos im Parlament
Tatsächlich sei dieses Frauenbild tief in der italienischen Gesellschaft verankert, sagt Wirtschaftsprofessorin Daniela Del Boca von der Universität Turin. Viele Italiener seien noch immer der Überzeugung, die Frauen müssten in erster Linie nach ihren Kindern schauen. Doch die Idealisierung der Mutterrolle steht quer zur Geburtenrate: Sie ist mit 1,3 Geburten pro Frau die tiefste Europas.
Umfragen zeigen, dass viele junge Italienerinnen nicht Ärztinnen, Anwältinnen oder Unternehmerinnen, sondern am liebsten ein gutbezahltes TV-Sternchen werden möchten. Diese sind in der von Berlusconi kontrollierten Fernsehwelt allgegenwärtig. Und manche schaffen es gar in die Politik: Der 74-Jährige ernannte das Ex-Showgirl Mara Carfagna zur Ministerin für Gleichstellung. Ein Fotokalender, auf dem das einstige Sternchen oben ohne posiert, soll laut «Newsweek» in einigen Hinterzimmern im italienischen Parlament hängen.
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