Bewusstlos geschlagen und mit Plastiktüte erstickt
Rund um den Amoklauf im baden-württembergischen Lörrach kommen neue Details ans Licht: Bei der Tötung ihres Sohns ging die Täterin äusserst kaltblütig vor.
Die für die Bluttat von Lörrach verantwortliche Frau hat ihren fünfjährigen Sohn mit massiven Schlägen auf den Kopf betäubt und dann mit einer Plastiktüte erstickt. Dies teilte die Polizei am Dienstag unter Berufung auf die Obduktionsergebnisse mit. Höchstwahrscheinlich sei der Tod des Kindes durch das Ersticken eingetreten, erklärten die Ermittler. Ihren 44-jährigen Ex-Partner, den Vater des Kindes, tötete die 41-jährige Rechtsanwältin demnach mit zwei Schüssen in Kopf und Hals.
Nach der ersten Bluttat setzte die Täterin am Sonntagabend ihre Wohnung, in der sie auch ihre Anwaltskanzlei hatte, in Brand und stürmte ins gegenüberliegende St.Elisabethen-Spital. Auf dem Weg dorthin verletzte sie zwei Passanten und erschoss in der Klinik einen 56 Jahre alten Pfleger. Ihn trafen drei Schüsse in Kopf und Hals. Ausserdem hatte die Frau, die als psychisch stark angespannt galt und offenbar die Trennung von Mann und Kind nicht verkraftet hatte, ihn mit mehreren Stichen in den Oberkörper verletzt. Einen Polizisten verletzte sie schwer.
Die 41-Jährige selbst wurde schliesslich von der Polizei erschossen. Nach Polizeiangaben vom Dienstag trafen die Beamten sie 17-mal; mehrere der Schüsse seien tödlich gewesen, hiess es.
Zusammenhang mit einer Fehlgeburt
Weiterhin ist unklar, weshalb die Frau im Anschluss an die Tat in das nahe gelegene Elisabethenkrankenhaus gegangen war. Die Ermittler fanden heraus, dass die 41-Jährige im Jahr 2004 hier eine Fehlgeburt erlitten hatte. «Ob das Grund war, wissen wir nicht. Wir können nur mitteilen, dass es das Geschehnis in der Biografie der Frau gab», sagte Oberstaatsanwalt Dieter Inhofer bereits am Montag.
Die Krankenhausleitung sagte am Montag, dass der 57-jährige Pfleger damals zwar bereits im Krankenhaus arbeitete, mit der Patientin allerdings nicht befasst war. Die Frau hatte damals in der 16. Woche einen Abgang erlitten. Das Kind war nach Angaben des Leiters der Gynäkologie, Kurt Bischofsberger, nicht zu retten. Eine Schuld des Krankenhauses an der Fehlgeburt wies er kategorisch zurück.
Widersprüchliche Angaben
Inzwischen auch mehr Einzelheiten zur Täterin bekannt: Laut der «Badischen Zeitung» sei die 41-jährige Anwältin mitten in einem Sorgerechtsstreit mit ihrem Mann gewesen. Zudem beschrieben Nachbarn die Frau als schwierige Person, die einen ungepflegten Eindruck hinterliess und verbittert wirkte. Doch die Angaben aus der Nachbarschaft über die Täterin sind widersprüchlich: Eine andere Anwohnerin beschreibt die Frau gegenüber dem «Spiegel» als «nette, offene Frau», die ausserdem auch adrett gekleidet gewesen sein soll.
Angesichts des Amoklaufs zeichnet sich erneut eine Debatte um das Waffenrecht ab. Die bundesweite Initiative «Keine Mordwaffen als Sportwaffen!» forderte am Montag ein totales Verbot tödlicher Sportwaffen. Initiativensprecher Roman Grafe kritisierte, dass «auch diese Mordserie durch das lasche deutsche Waffengesetz ermöglicht worden» sei. Das Risiko durch legale, tödliche Sportwaffen sei trotz der gesetzlichen Regelungen «unbeherrschbar». Grafe hatte Ende Juli 2010 zusammen mit Eltern von Opfern des Amoklaufs von Winnenden beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde gegen das deutsche Waffengesetz eingereicht. Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) lehnte eine reflexartige Debatte über das Waffenrecht ab. Zunächst müssten alle Informationen in aller Ruhe analysiert werden, sagte er.
Am Abend wurde bei einer Andacht in der Christuskirche der Opfer des Amoklaufs gedacht. Die Stadt ringt indes damit, ob und wie eine zentrale Trauerfeier gestaltet werden könnte. Stadtsprecher Jochen Schicht erläuterte, dass man eine Trauerfeier für alle «problematisch» sehe. Man wisse nicht, ob die Familie des Pflegers, der an dem Beziehungsdrama offenbar unbeteiligt war, damit einverstanden sei, mit den Angehörigen der Familie der Amokläuferin zu trauern. Für die Familie des toten Pflegers richtete die Stadt ein Spendenkonto ein.
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