Bespitzelte PR-Agentur die Waffenexport-Gegner?
Eine Mitarbeiterin von Farner PR soll an einer Strategiesitzung der Gruppe Schweiz ohne Armee als Spitzel teilgenommen haben. Die PR-Agentur dementiert.
Für die PR-Agentur Farner, die nach eigenen Angaben «regelmässig für die Belange der Schweizerischen Landesverteidigung» - aktuell gegen die GSoA-Initiative - Stimmung macht, ist es dicke Post, was in der gestrigen Ausgabe der «Wochenzeitung» (WOZ) zu lesen war: Die Mitarbeiterin C. S.* soll im Auftrag ihres Arbeitgebers an einem Strategie-Wochenende der Gruppe Schweiz ohne Armee (GSoA) teilgenommen haben. Ende Juni bereiteten rund 30 Personen den Kampf für die bevorstehende Abstimmung vor - die Abstimmung über die Volksinitiative gegen Kriegsmaterialexporte. Über die Initiative wird am 29. November abgestimmt. Die meisten Teilnehmer kannten sich - aber niemand kannte C. S. Diese gab sich als Berner Politologiestudentin aus, die eine Seminararbeit über Abstimmungskämpfe schreiben wollte. C. S. fiel auf. «Sie machte sich als Einzige fleissig Notizen und benutzte Abkürzungen von Kommissionen», sagt Tom Cassee, GSoA-Sekretär. C. S. hatte Dossierkenntnisse, das war für ihn bald klar. Nach dem Wochenende hörten sich deshalb Berner Mitglieder der GSoA an der Universität Bern um. Sie fanden heraus, dass C. S. ihr Politologie-Studium schon seit längerem abgeschlossen hatte. Die GSoA spielte den Fall der WOZ zu. Vor dem Wohnhaus von C. S. traf ein WOZ-Journalist auf deren Freund. Dieser soll gesagt haben, dass die Geschichte dumm gelaufen sei. C. S. habe nicht gewusst, auf was sie sich eingelassen habe. Später zog er seine Aussagen zurück. C. S. dementierte gegenüber der WOZ, als «Spitzel» an der Veranstaltung teilgenommen zu haben. Sie sei aus persönlichem Interesse ans Treffen in Wallisellen gegangen. Angemeldet hat sie sich über die Website der GSoA. Da war das Treffen «für alle Interessierten» ausgeschrieben. Den Vorwurf, es sei naiv, Strategieplanungen allen zugänglich zu machen, weist die GSoA von sich: «Wir sind auf aktive Mitglieder angewiesen», sagt Josef Lang, Nationalrat (Alternative) und Vorstandsmitglied der GSoA. Der GSoA ist nicht bekannt, dass sie bereits früher «ausspioniert» worden wäre. Ausschliessen kann sie es aber nicht. Gestern übergab sie Farner PR einen offenen Brief. Darin verlangt die Gruppe Transparenz über die mutmassliche Bespitzelung. Zudem fordert sie die PR-Agentur auf, das Mandat für die Kampagne gegen die GSoA-Initiative aufzugeben. Die PR-Agentur reagiert mit einem knappen Schreiben auf die Vorwürfe: «Wir betrachten sie als politisch motivierten Versuch der Verunglimpfung der Agentur im Vorfeld des Abstimmungskampfes.» Farner weist den Verdacht der verdeckten Ermittlung «in aller Form» zurück. Private Bespitzelung nicht verboten Die GSoA prüft auch rechtliche Schritte gegen die «Spitzelin» sowie die Agentur. Dies dürfte schwierig werden, sagt Strafrechtsprofessor und SP-Nationalrat Daniel Jositsch. «Privatspionage ist in der Schweiz in dieser Form nicht strafbar, solange keine Datenbanken mit Personen angelegt werden.» C. S. sei zudem nicht in einen Geheimbereich einer Organisation vorgedrungen. Das Strategie-Wochenende sei öffentlich ausgeschrieben gewesen. Vom politischen Standpunkt her findet Jositsch die Forderung nach Transparenz aber gerechtfertigt. * Name der Redaktion bekannt.
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