Berner Verfahren macht komplexere Hirnoperationen möglich
Mit einer neuen Methode können Ärzte des Berner Inselspitals Tumore im sensiblen Bewegungszentrum des Hirns operieren. Damit dringen sie in eine bisherige Sperrzone der Neurochirurgie vor.

Neurochirurgen des Berner Inselspitals haben erstmals ein Verfahren entwickelt, mit dem sie bisher als nicht operierbar geltende Tumore im Bewegungszentrum entfernen können. Nun haben sie die Sicherheitskriterien für die Methode definiert. Bis vor kurzem galt das Bewegungszentrum im Gehirn als Sperrzone für die Neurochirurgie.
Das wenige Zentimeter grosse Gebiet im Gehirn steuert die Arm- und Beinbewegungen; Tumore sind dort sehr schwierig zu entfernen. Die Gefahr, dass man mit dem Tumor auch Teile des unsichtbaren Bewegungszentrums zerstört und der Patient nachher an Armen oder Beinen gelähmt ist, ist sehr gross.
Mikroströme regen Bewegungszentrum an
Neurochirurgen des Inselspitals haben nun eine Methode entwickelt, die das Bewegungszentrum für den Operateur sichtbar macht, sodass viele dieser Tumore entfernt werden können. Dabei nutzen sie ein System, das wie ein Radar funktioniert – allerdings mit Mikroströmen statt Radarwellen.
Mit einer Millimeter breiten Sonde stimulieren die Ärzte das Gebiet um den Tumor mit Stromstärken zwischen drei und zwanzig Milliampère. Diese Mikroströme regen die Hirnzellen des Bewegungszentrums an, was Arm- oder Beinbewegungen auslöst.
Die Forscher entdeckten dabei, dass es einen verlässlichen, direkten Zusammenhang zwischen der benötigten Stromstärke und der Distanz zur Nervenzelle gibt. Somit können sie erkennen, wie nahe die Operateure am Bewegungszentrum dran sind.
Operation auf zwei Millimeter Distanz
Mit diesem «Distanz-Radar» können die Chirurgen Tumore operieren, die nur zwei Millimeter von den Bewegungszellen entfernt sind. «Damit können wir viel näher an die Tumore herangehen als je zuvor, und sind trotzdem sicherer», sagt Andreas Raabe, Direktor und Chefarzt der Universitätsklinik für Neurochirurgie des Inselspitals.
Bisher konnten Tumore direkt im Bewegungszentrum meist gar nicht operiert werden. Denn die bisher gängige Überwachungsmethode lieferte lediglich Hinweise darauf, ob das Bewegungszentrum grob in der Nähe war. Seine genaue Distanz zum Tumor blieb im Dunkeln.
Sicherheit der Methode demonstriert
Nun demonstrierten die Berner Ärzte in einer aktuellen Studie die Sicherheit der Methode. Sie operierten 14 Patienten mit Tumoren direkt im Bewegungszentrum. Die Entfernung gelang bei 93 Prozent von ihnen vollständig. Ziel der Arbeit war es, die richtige Stromstärke zu finden, die nicht zu neuen Bewegungsstörungen führt.
Dank dieser Sicherheitskriterien gebe es nun ein Werkzeug, um diese bisher inoperablen Tumore mit grösserer Sicherheit zu entfernen, erklärte Raabe. Die Resultate veröffentlichen sie demnächst im Fachblatt «Neurosurgery». Mit der «Distanz-Radar»-Methode haben die Berner Neurochirurgen bereits über 100 Patienten operiert.
SDA/cls
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