Bei Pastor Wojacek überwindet der Glaube Krankheit und Armut
Im Industriegebiet von Kloten treffen sich Gläubige zu emotionsgeladenen Feiern. Doch die Fachstelle Infosekta warnt: Manche Besucher gefährden ihre Gesundheit – und ihre finanzielle Sicherheit.
Von Andrea Söldi Kloten – Infosekta ist besorgt. In letzter Zeit erhielt die Beratungsstelle für Sektenfragen diverse Anfragen zur religiösen Gruppe Word & Spirit International, Kingdom Embassy (KEI), die sich im Klotener Industriequartier versammelt. Es meldeten sich Aussteiger und Angehörige von Mitgliedern, weil sich diese von ihren Familien entfremden. Zudem würden KEI-Anhänger grosse Geldbeträge spenden und wichtige Medikamente absetzen im Glauben, von ihrer Krankheit geheilt worden zu sein. «KEI ist nur eine von vielen Problemgruppen», sagt Geschäftsleiterin Susanne Schaaf. Doch im Verhältnis zur relativ kleinen Gemeinschaft kämen übermässig viele Anfragen. Die Gruppe ist aus der Freikirche International Christian Fellowship (ICF) in Zürich hervorgegangen. Vor rund vier Jahren spaltete sich der jetzige Prediger Jella Wojacek zusammen mit einigen anderen Anhängern ab, um eine eigene Gemeinde zu gründen. Mittlerweile strömen jeden Sonntag rund 150 Gottesdienstbesucher nach Kloten. Unerreichbar für Angehörige Wojaceks Lehre ist selbst in seinen Kreisen umstritten. Laut Infosekta hat sich ICF-Leiter Leo Bigger von ihm distanziert. Wojacek vertritt die Vorstellung, dass jede Person Krankheit und Armut überwinden kann, wenn sie nur genug glaube. An die Stelle des evangelischen Profils treten gemäss Infosekta zunehmend esoterische Metaphern. Zudem orientiere sich der gewandte Redner an erfolgreichen Vertretern des Wohlstandsevangeliums. Diese betrachten materielles Wohlergehen als Beweis für das Wirken Gottes. Susanne Schaaf weiss von mehreren Personen, die grosszügig Geld gespendet hätten. Eine Person habe sogar ihr Haus verkauft. Eine Frau meldete sich bei der Fachstelle, weil ihre Tochter nach einer längeren stabilen Phase eine schwere manische Episode erlitt und in einer Klinik behandelt werden musste. Die Mutter vermutete, dass sie die Medikamente abgesetzt hatte. Zudem sind der Fachstelle zwei weitere Personen bekannt, die lebenswichtige Medikamente nicht mehr eingenommen hatten.Ein Mann trat mit Infosekta in Kontakt, weil es seinem Bruder gesundheitlich sehr schlecht ging. Da er den Prediger abgöttisch verehrt haben soll, versuchte der Angehörige, diesen zu kontaktieren. Er hoffte, der für seinen Bruder so wichtige Mensch würde sich in seiner Funktion als «Senior Pastor» und «Apostel» – wie er sich selber bezeichnet – seelsorgerisch um ihn kümmern. Doch Wojacek blieb unerreichbar. Ebenso für ein Elternpaar, das an einem Gottesdienst teilnahm, um mit dem Prediger zu sprechen. Doch dieser entschwand vor Ende der Veranstaltung durch einen Seitenausgang – wie es auch am letzten Sonntag wieder der Fall war. «Göttliche Heilung» Zu den Vorwürfen von Infosekta hat das «Team Öffentlichkeitsarbeit» von KEI schriftlich Stellung genommen. «Im Rahmen unserer Gottesdienste passierten von Anfang an viele Heilungen und Wunder», schreibt die Gruppe zum Absetzen von Medikamenten. «Zugleich sehen wir in der modernen Medizin einen Segen für die Menschen, und es gibt zwischen göttlicher Heilung und der medizinischen Versorgung keinen Widerspruch.» Man appelliere an die Selbstverantwortung eines jeden, da man nicht jeden Einzelnen bis in den Alltag hinein begleiten könne. Ähnlich klingt die Stellungnahme zu den übermässigen Spenden: «Es ist jedem selber überlassen, etwas zu geben oder nicht.» Die Antworten auf journalistische Anfragen fallen äusserst mager aus. Angaben zu Gremien und Strukturen der Gemeinde sowie zu deren finanziellen Verhältnissen macht KEI nicht. Auch zur Person von Jella Wojacek sind keine weiteren Informationen erhältlich. Seine Telefonnummer gibt das KEI-Sekretariat nicht bekannt, und im Internet sind keinerlei Kontaktdaten zu finden. «Herr Wojacek ist diese Woche im Ausland unterwegs und darum persönlich nicht erreichbar», teilt das Sekretariat lediglich mit. Schliesslich sei er «ein viel gefragter internationaler Redner». «KEI ist nur eine von vielen Problemgruppen. Doch für eine kleine Gemeinschaft kommen übermässig viele Fragen.» Susanne Schaaf, Infosekta-Geschäftsleiterin «Prächtige Dinge warten auf euch»: Prediger Jella Wojacek und seine Gemeinde. Foto: www.facebook.com/Jella.Wojacek
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