Bauern kämpfen für besseren Milchpreis
Die Bauern sollen einen fairen Preis für ihre Milch erhalten, fordert der Bauernverband. Und kündigt Kampfmassnahmen an, sollte die Milchbranche dieser Forderung nicht nachkommen.

Die Bauern wollen nicht mehr Direktzahlungen oder Bundeshilfen. Was sie verlangen, ist ein «faires Stück vom Wertschöpfungskuchen», wie der FDP-Nationalrat und Direktor des Schweizerischen Bauernverbandes (SBV), Jacques Bourgeois, sagt.
Der Bauernverband hat heute Morgen mit den Schweizer Milchproduzenten und den Junglandwirten über die Lage der Milchbauern informiert und dabei ein düsteres Bild gezeichnet: Der langanhaltend tiefe Preis treibe Abertausende von Milchbauern in den Ruin, das «ehemalig weisse Gold» der Schweiz werde auf dem Markt verschleudert, sodass die Bauernfamilien daran nichts mehr verdienten. Das gelte vor allem für die sogenannte Molkereimilch, die zu Trinkmilch, Butter, Rahm, Joghurt oder Milchpulver verarbeitet wird.
Deren Preis lag letztes Jahr gemäss Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) bei durchschnittlich 54,5 Rappen pro Kilogramm. Zahlreiche Milchbauern würden aber nicht einmal mehr 50 Rappen erhalten, sagt SBV-Präsident und CVP-Nationalrat Markus Ritter. Und dies, obschon die einheimische Milchmenge rückläufig sei und sich die Preise in der EU und weltweit in den letzten Monaten kontinuierlich gegen oben bewegt hätten. «In der Schweiz jedoch ist nichts passiert», kritisiert Ritter. Im Gegenteil, die Preise für Molkereimilch hätten in den ersten Monaten sogar ein bis zwei Rappen unter dem Vorjahr gelegen. Die Milchproduktion ist der wichtigste Wirtschaftszweig der Schweizer Landwirtschaft. «Die Verzweiflung ist deshalb besonders gross und flächendeckend», sagt Ritter.
Marktpreis unter dem Richtpreis
Wie gross die Misere ist, zeigt sich laut SBV anhand der sogenannten Richtpreise, welche die Branchenorganisation Milch quartalsweise festlegt. Das Problem aus Sicht des SBV: Im Vorstand der BO Milch sitzen auch Milchabnehmer und Detailhändler. Deshalb lägen bereits diese Richtpreise «hart an oder unter der Schmerzgrenze». Für sogenannte A-Milch – also Milch der höchsten Wertschöpfungsstufe – beträgt dieser Richtpreis derzeit 65 Rappen pro Kilogramm. Doch dieser Betrag macht allein die Fremdkosten aus, wie eine Vollkostenrechnung der landwirtschaftlichen Schule Hohenrain bei 158 Milchwirtschaftsbetrieben im Talgebiet zeigt. Die Arbeit der Bauern sei damit noch nicht bezahlt. Rechne man einen Arbeitsverdienst von 28 Franken pro Stunde und die Direktzahlungen mit ein, müssten die Milchproduzenten 77 Rappen für ein Kilogramm Milch erhalten. In Tat und Wahrheit betrage der Marktpreis aber nur 61 Rappen, rechnet der SBV vor.
Der Bauernverband und seine Mitstreiter fordern deshalb, dass die Milchabnehmer die effektiven Produzentenpreise auf den 1. Juli auf das Niveau des Richtpreises anheben. Ein Dorn im Auge sind ihnen zudem die Abzüge, welche die Milchabnehmer vornehmen. Unter den Titeln Frankenstärke, Schoggigesetz oder Importabwehr – zusammengefasst als Marktabzüge – seien in den letzten zwei Jahren den Milchproduzenten Millionenbeträge abgeknüpft worden, so SBV-Vizepräsident Hans Frei. Abzüge, Rückbehalte und dergleichen zur Marktentlastung oder Abfederung der Frankenstärke seien darum «unverzüglich einzustellen», fordern die Milchbauern.
Emmi bleibt hart
Doch Milchabnehmer wie Emmi winken ab. «Wir behalten alle Abzüge bei», sagt Sprecherin Sibylle Umiker. Emmi verwahrt sich gegen den Vorwurf, den Bauern zu wenig zu zahlen. Für sogenannte A-Milch erhielten die Bauern 65 Rappen, wie es der Richtpreis vorsehe, so Umiker. Sie betont aber, dieser Preis gelte nur für jene Milch, die auf dem geschützten Inlandmarkt abgesetzt werden könne. Für Milchprodukte, die in den Export gehen, gälten andere, niedrigere Richtpreise. Der an die Milchbauern ausbezahlte Betrag sei somit ein Durchschnitt aus drei unterschiedlichen Richtpreisen. «Weil heute niemand so viel exportiert wie Emmi, kann unser Milchpreis nicht der höchste der Schweiz sein.»
In einer anderen Ausgangslage befinden sich die Grossverteiler Coop und Migros. Sie sind nicht exportorientiert wie Emmi. Coop hat nun beschlossen, freiwillig 3 Rappen mehr für das Kilogramm Milch zu bezahlen und diese Kosten selber zu tragen. Die Migros ihrerseits will zwar nicht mehr bezahlen, argumentiert aber, sie halte den Richtpreis von 65 Rappen strikt ein.
Strategiesitzung am Freitag
Inwieweit die Milchabnehmer und Detailhändler insgesamt reagieren werden, ist unklar. Der SBV-Vorstand wird am Freitag das weitere Vorgehen diskutieren. Bis am 20. Juni wird klar sein, welche Milchabnehmer wie viel für die Milch im Juli bezahlen werden. Sollten sie den Forderungen nicht nachkommen, kündigt SBV-Präsident Ritter Kampfmassnahmen an. Denkbar wären etwa eine Manifestation in Bern oder Proteste vor den Hauptsitzen einzelner Milchhändler oder -verarbeiter, wie Ritter sagt. Er hofft jedoch weiter auf eine einvernehmliche Lösung am Verhandlungstisch.
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