Baudepartement hebelt Entscheid von Parlament aus
Am Rütimeyerplatz in Basel sollen künftig die Autos durch BVB-Busse ausgebremst werden. Die Verlegung der Haltestellen gab im Grossen Rat jedoch schon einmal viel zu reden.

Am Rütimeyerplatz soll die Bushaltestelle mitten auf den Platz verlegt werden, damit die Busse den restlichen Verkehr ausbremsen. Am Montag startet das Bau- und Verkehrsdepartement eine auf drei Monate befristete Versuchsanordnung (die BaZ berichtete). Sie sorgt bei Bürgerlichen für Empörung.
Rückblick: 14 Jahre ist es her, seit der Grosse Rat genau diese Frage schon einmal diskutierte. Damals ging es im Parlament um den Ratschlag zur Finanzierung der Neugestaltung des Rütimeyerplatzes. Vorgesehen war damals, die Bushaltestellen auf den Platz zu verlegen. «Durch diese Anordnung der Haltestellen kann eine von der Quartierbevölkerung gewünschte Verkehrsberuhigung und eine Erhöhung der Verkehrssicherheit erreicht werden», so der Wortlaut.
Wichtige Route bei Notfällen
Die Verkehrsblockade durch den ÖV gab bereits damals zu reden. FDP-Grossrat Beat Schultheiss beantragte dem Rat, dass die Bushaltestellen auf dem Platz mit einer Haltebucht ausgestattet werden. Die damalige Baudirektorin Barbara Schneider (SP) lehnte dies ab. Die Haltebuchten würden den Platz zulasten der Fussgänger verkleinern, argumentierte sie. Zudem hätten damals durchgeführte Verkehrsuntersuchungen ergeben, dass nur zwei bis drei Autos hinter dem Bus warten müssten. Das sei zumutbar.
Lorenz Nägelin, Teamleiter der Sanität und damals SVP-Grossrat, gab zu bedenken, dass die Strecke eine wichtige Route für Notfallfahrzeuge sei und ein künstlicher Stau gefährliche Folgen haben könnte. Ein Argument, das offenbar zählte. Der linksdominierte Grosse Rat stimmte in der Folge dem Antrag von Schultheiss mit 55 gegen 38 Stimmen zu.
Der Kanton musste die Haltebuchten bauen und verzichtete danach ganz darauf, die Haltestellen auf den Rütimeyerplatz zu verlegen. Das Bau- und Verkehrsdepartement (BVD) begründet den Verzicht rückblickend damit, dass eine reine Umsetzung von Haltebuchten in der Platzmitte zu einer «verkehrsplanerisch nicht verantwortbaren Verschlechterung der Verkehrssicherheit» geführt hätte, insbesondere für Fussgänger wegen der geringeren Übersichtlichkeit auf dem Platz.
Ein neuer Anlauf
Dass nun 14 Jahre später trotzdem ein neuer Anlauf genommen wird, macht LDP-Grossrat Jeremy Stephenson wütend: «Das ist eine absolute Sauerei.» Stephenson, der selbst im Neubad wohnt, sieht keinerlei Anhaltspunkte, dass etwas schiefläuft. «Kein Mensch stört sich an der heutigen Situation.» Seine Ansicht wird gestützt durch die Unfallzahlen der Polizei. In fünf Jahren kam es auf der Rütimeyerstrasse gerade mal zu drei kleineren Unfällen mit insgesamt nur einem Verletzten. Eine Messung ergab, dass nur vier Prozent der Autofahrer sich nicht an Tempo 50 halten. Laut Bundesamt für Strassen entspricht dies einem normalen Wert, der für fast jede städtische Strasse gilt. Ausser es wird ein stationärer Blitzkasten installiert. Dann liege die Quote der Übertretungen zwischen einem und maximal zwei Prozent. Aber einen Blitzkasten hält das BVD für nicht nachhaltig zielführend, um die gefahrenen Geschwindigkeiten zu reduzieren.
Für Stephenson ist klar: «Der Grossratsentscheid von 2003 ist noch immer gültig.» Diese Ansicht teilt mittlerweile auch das Departement, das nach einer Anfrage der BaZ zurück krebst. «Es gibt aktuell keine Planung zur Verlegung der Haltestellen», sagt BVD-Sprecher Marc Keller. Im Brief an die Anwohner vom 28. August schrieb das BVD noch: «Sollte der Versuch positiv verlaufen, verlegen wir zu einem späteren Zeitpunkt die Haltestelle definitiv.»
Dass man nun das Ganze als Versuch deklariere, erfolge nur deshalb, um die «politischen Instanzen auszutricksen», ist sich Stephenson sicher. Auch Nägelin spricht von einer Missachtung eines Grossratsentscheids. «Und es sind wieder Steuergelder, die Herr Wessels unnötig verprasst.» Beide Politiker sehen nur Nachteile in der neuen Verkehrsanordnung: Stau bedeute mehr Lärm, eine höhere Belastung der Luft mit Schadstoffen und verlocke die Autofahrer, andere Wege durchs Quartier zu nehmen.
Nägelin befürchtet zudem, dass die Bushaltestellen an der Rütimeyerstrasse nicht die letzten wären, die zum Ausbremsen der Auto- und Velofahrer verlegt würden. «Stellen Sie sich vor, jede Haltestelle wird so ausgestaltet. Dann kommen die Fahrzeuge der Rettungskräfte nirgends mehr durch», sagt der Präsident der Basler SVP.
Dasselbe Argument
Seine Befürchtung hat einen realen Hintergrund: Auch an der St.-Alban-Anlage, ebenfalls eine verkehrsorientierte Strasse, soll die Haltestelle St.-Alban-Tor so verlegt werden, dass der Verkehr durch die Trams gebremst wird. In beiden Fällen ist es die Erhöhung der Sicherheit, die als Argument für das künstliche Verkehrshindernis herhalten muss. Während die Rütimeyerstrasse in der Strassenhierarchie als Hauptsammelstrasse eingestuft wird, gilt die St.-Alban-Anlage sogar als Hauptverkehrsstrasse. Wichtiger für den Verkehr sind nur noch die Autobahnen.
In puncto St.-Alban-Anlage, das Geschäft ist derzeit bei der Umwelt-, Verkehrs- und Energiekommission zur Beratung, denken die Bürgerlichen über ein Referendum nach. Im Fall der Rütimeyerstrasse spricht Stephenson ebenfalls bereits von einer Volksabstimmung. «Die Volksseele kocht», sagt er. Die Bevölkerung sei wütend auf das Bau- und Verkehrsdepartement und dessen Vorsteher Hans-Peter Wessels (SP). Sollte es zu einer Abstimmung kommen, hätte Wessels «nicht den Hauch einer Chance, diese zu gewinnen», ist sich der Liberale mit Verweis auf die letzten Verkehrsabstimmungen sicher. Aber es sei für die Bürgerlichen mühsam, bei jeder Vorlage die Unterschriften zu sammeln.
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