Umweltschutz vs. UmweltschutzBau des Hafenbeckens 3 wird zum grünen Streitfall
Einem Ja der Alpenschutz-Initianten steht ein dezidiertes Nein von Pro Natura gegenüber.

Grüne sind sich nicht immer grün. Der Bau des Hafenbeckens 3, über den die Basler Stimmberechtigten am 29. November zu befinden haben, entzweit Ökoaktivisten.
«Für eine umweltverträgliche Gestaltung der hiesigen Gütertransporte ist es deshalb eminent wichtig, den Anteil der Schiene beim Warenumschlag in den Basler Häfen zu erhöhen», heisst es etwa bei der Alpen-Initiative, die für ein Ja plädiert, wenn geeignete Ersatzflächen gefunden werden können.
Pro Natura Basel spricht dagegen von einem «einzigartigen Naturschutzgebiet, das «praktisch vollständig zerstört werden» soll, und will deshalb das Projekt verhindern.
Die Corona-Pandemie hat das wirtschaftliche Wachstum zurückgeworfen.
Für das Projekt spricht, dass ohne Hafenterminal 3 die Umsetzung der Alpenschutz-Initiative, die vor 26 Jahren vom Souverän angenommen wurde, in weiter Ferne bleibt.
Der Gütertransport auf Strasse und Schiene durch die Schweizer Alpen wächst zwar nicht mehr. Auch 2019 hat er erneut abgenommen. Gezählt wurden noch knapp 900’000 Lastwagenfahrten. Vom Verlagerungsziel mit 650’000 Lastwagenfahrten, das 2018 hätte erreicht werden sollen, ist die Schweiz aber noch weit entfernt.
Besonders erfreulich für die Initianten des Projekts Gateway Basel Nord (GBN): Bereits bei einer Teilauslastung von GBN greift das Verlagerungspotenzial auf die Schiene.
112’000 Lastwagenfahrten weniger
GBN, ein trimodales Projekt, das Transportwege auf Strasse, Schiene und Wasser in enge Nachbarschaft rückt und damit das Umladen effizient macht, würde 112’000 Lastwagenfahrten pro Jahr einsparen. Gleichzeitig könnten 10’000 Tonnen CO2 eingespart werden.
Die Ziele des Alpenschutzes wären dadurch zwar nicht erreicht, das weitere Wachstum des LKW-Verkehrs auf Schweizer Strassen, so wie es der Bund prophezeit, aber gestoppt.
Studie bestätigt Umlagerungseffekt
In einer soeben publizierten Studie, die den Entlastungseffekt für die Strasse plausibilisiert, bestätigt Rapp Trans aus Zürich, ein interdisziplinäres Kompetenzzentrum für Mobilität, Verkehr und Transport, den Umlagerungseffekt. Dieser trete tatsächlich so ein, wie er von den Projektinitianten stets versprochen worden sei.
Tatsächlich erhält das Projekt nur Bundeshilfe, wenn die Schiene gegenüber der Strasse als Transportweg deutlich aufgewertet wird. Der Schienenanteil würde auf 50 Prozent anwachsen.
Im anderen Szenario, wenn die Stimmberechtigten von Basel das Vorhaben ablehnen würden, gäbe es eine eigentliche Lastwagenexplosion.
In diesem Fall würde der Strassenanteil auf 95 Prozent anwachsen. Dann würden Schweizer Terminals und Grossterminals im Ausland ausgebaut, um die wachsende Zahl von Gütern, die in der Schweiz eintreffen oder das Land verlassen, zu bewältigen.
Konkret, so die Berechnungen von Rapp Trans, würden im Jahr 2030 in Basel Nord jährlich 150’000 Container umgeschlagen. Mit Gateway Basel Nord käme es zu 107’000 Lastwagenfahrten, ohne das Zukunftsprojekt zu 219’000.
In einem Punkt müssen die Berechnungen aber angepasst werden. Die Corona-Pandemie hat das wirtschaftliche Wachstum zurückgeworfen. Deshalb hat Rapp Trans das Betrachtungsjahr um fünf Jahre auf 2035 verschoben.
Ersatzfläche in den nächsten Wochen
Ein Damoklesschwert hängt trotzdem noch über dem Projekt. Den SBB als Besitzerinnen des früheren Geländes der Deutschen Bahn, ist es bis dato nicht gelungen, ökologische Ersatzmassnahmen anzubieten.
Diese sind aber erforderlich, damit das neue Hafenbecken 3 überhaupt gebaut werden kann. GBN-Sprecherin Claudia Bracher verspricht Resultate für die nächsten Wochen.
Man sei nahe dran, zusammen mit der Infrastruktur-Abteilung der SBB den Bundesbehörden adäquaten Landersatz vorzuschlagen. Dabei geht es um zusätzliche Flächen entlang der Bahnlinien.
Um dem anhaltenden Rückgang dieses Lebensraums entgegenzuwirken, hat der Bundesrat die Trockenwiesen und -weiden von nationaler Bedeutung (TWW) in ein Inventar nach Artikel 18a des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz (NHG) aufgenommen.
Wichtiger Korridor für Arten
Das Inventar zählt 3631 Objekte, die gesamthaft einem Anteil von 0,5 Prozent der Landesfläche entsprechen. Für Pro Natura Basel ist das Areal als TWW-Objekt national geschützt.
Das Gebiet zwischen Wiese und Weil am Rhein sei ein wichtiger Korridor, in dem Arten während des Klimawandels wandern können.
Demgegenüber argumentieren die Befürworter des Projekts, dass der Bund das Gelände nicht als definitiv bereinigtes Areal im Bundesinventar aufführe.
Ein Eingriff in den TWW-Standort sei deshalb möglich, wenn es sich um ein Projekt von nationalem Interesse handle und die Standortgebundenheit gegeben sei. Beide Voraussetzungen erfülle das projektierte Gateway Basel Nord zusammen mit dem vorgesehenen Hafenanschluss.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Neben den rein sachlichen Argumenten, die gegen dieses Projekt angeführt werden können, ist vor allem bemühend, wie da konsequent der Bevölkerung Sand in die Augen gestreut wird. Der ökologische Ersatz sei eine Sache von Wochen? So ein Quatsch! Ein Ersatz ist in ganz weiter Ferne. Wer sich die riesige Grösse (20 ha) und den ökologischen Wert der betroffenen Fläche ansieht und schaut, wie viel offene Flächen in der Region überhaupt noch zur Verfügung stehen, wird bald den Verdacht haben, dass diese Fläche wohl schlicht nicht ersetzt werden kann. Zumal am Rhein nochmal 10 ha geschützte (Eisenbahn-)Flächen für die Überbauung des Klybeckquais weichen sollen - und zusätzlich ersetzt werden müssen. Vielleicht sollten sich die Verantwortlichen des Kantons überlegen, welche dieser Flächen ihnen wichtiger ist.
Wieso baut die SBB ihr Containerterminal (das Hafenbecken 3 interessiert sie ja sowieso nicht wirklich) eigentlich nicht einfach beim bestehenden Rangierbahnhof Muttenz anstatt auf einem Naturschutzgebiet? Dann müssten auch nicht alle Lastwagen durch Basel fahren.
Und dann immer wieder diese Feststellung, dass das Gebiet «nur» als nicht bereinigtes Objekt im Bundesinventar sei. Das beeinflusst den Schutzstatus überhaupt nicht. Es sagt nur aus, dass der Kanton Basel-Stadt seit Jahren seinen Pflichten nicht nachgekommen ist, die er von Gesetzes wegen hat. Die Fläche ist bundesrechtlich geschützt.