Kuriosum beseitigtBasler müssen vor der Haustür nicht mehr selber kehren
Der Winterdienst auf Trottoirs wird zur Staatsaufgabe erklärt. Das kostet die Steuerzahlenden mindestens 400’000 Franken pro Jahr.

Wer in Basel-Stadt eine Liegenschaft besitzt, muss bei Schneefall dafür sorgen, dass das angrenzende Trottoir geräumt wird. Das ist ein Kuriosum – in Städten wie Zürich, Bern, Winterthur oder St. Gallen kümmert sich die öffentliche Hand um einen rutschsicheren Untergrund. In Luzern wären theoretisch die Privaten zuständig. Aber weil das nicht funktioniert, springt dort ebenfalls die Stadt in die Bresche.
Auch Baslerinnen und Basler nehmen die Eigenverantwortung nur teilweise wahr. Die Stadtreinigung schätzt, dass rund zwei Drittel der Trottoirs vor privaten Liegenschaften nicht oder sehr spät geräumt werden. Dadurch wird das Risiko von Stürzen erhöht und die Sicherheit für Fussgängerinnen und Fussgänger geschmälert.
Ab dem Winter 2023/2024 sollen nun erstmals nicht mehr Private zuständig sein: Der Grosse Rat hat den Winterdienst auf Trottoirs am Mittwoch mit 75 Ja- gegen 13 Nein-Stimmen bei 2 Enthaltungen zur Staatsaufgabe erklärt. Das Geschäft geht auf einen Vorstoss von Jérôme Thiriet vom Grün-Alternativen Bündnis zurück.
Esther Keller wollte lieber eine Kampagne
Die Regierung, die nun eine Gesetzesanpassung vorlegen muss, hat sich vergebens gewehrt. Verkehrsdirektorin Esther Keller (GLP) sagte, dass der Regierungsrat die Hauseigentümerschaften stattdessen lieber mit einer Kampagne an ihre Pflicht erinnere, was im Parlament teils als naiv bezeichnet wurde.
Der Kanton rechnet mit zusätzlichen Kosten von mindestens 400’000 Franken pro Jahr, dies bei drei Einsätzen in der Dringlichkeitsstufe drei, was eine Räumung innerhalb von sechs Stunden nach Ende des Schneefalls bedeutet. Wenn es schneller gehen soll, steigen auch die Kosten. Wegen der Personalressourcen müsse auf mehrere Drittunternehmen zurückgegriffen werden.
Kostenargument gekontert
Vor der eigenen Haustür zu wischen, sei eine liberale, freisinnige und bürgerliche Auffassung, so FDP-Grossrat Mark Eichner. Deshalb sei er erstaunt über die Unterstützung aus bürgerlichen Kreisen.
Lorenz Amiet von der SVP hingegen führte aus, dass der Winterdienst auf Trottoirs schon heute nicht gratis sei, denn auch der Hauswart mache diese Arbeit nicht ohne Lohn. Vielmehr sei eine zentrale Lösung wegen der Skaleneffekte unter dem Strich wohl günstiger. Maschinen anzuschaffen, würde sich für Einzelne kaum lohnen, für den Staat hingegen schon.
Auch der Urheber der Motion, Jérôme Thiriet, lässt das Kostenargument nicht gelten, zumal die Gesundheitskosten und Arbeitsausfälle wegen Stürzen nicht gegengerechnet seien. Ausserdem hinterlasse Basel mit geräumten Trottoirs bei Besucherinnen und Besuchern einen besseren Eindruck.
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Jan Amsler ist als Redaktor für den Grossraum Basel zuständig und leitet das Team Politik. Er berichtet über das politische Tagesgeschäft, schreibt Kommentare, Analysen und Hintergründe.
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