Basler Bürger in der Türkei verhaftet
Die türkische Polizei hat einen Schweizer verhaftet. Familienmitglieder sind entsetzt und das Aussendepartement kämpft für die Freilassung.

Die Mitarbeiter des Aussendepartements wirken besorgt: Seit mehreren Tagen sitzt ein Schweizer Bürger in der Türkei im Gefängnis. Es handelt sich gemäss Informationen, die der BaZ zugespielt wurden, um einen in Basel wohnhaften schweizerisch-türkischen Doppelbürger. Ihm soll von der Erdogan-Regierung Spionage vorgeworfen werden.
Unter der Anschuldigung der vermeintlichen Spionage zieht die türkische Regierung seit dem Putschversuch im vergangenen Sommer unter anderem kritische Journalisten aus dem Verkehr. Bestes Beispiel ist der inhaftierte Welt-Journalist Deniz Yücel. Doch gemäss den Informanten der BaZ wurden in den vergangenen Wochen gleich drei Personen aus dem Raum Basel verhaftet. Eine Verhaftung hat direkt am Flughafen in Istanbul stattgefunden, zwei weitere Personen wurden im südanatolischen Kahramanmaras festgenommen.
Das Aussendepartement (EDA) bestätigt die Recherchen der BaZ. Man sei über die Verhaftung eines Mannes mit schweizerisch-türkischer Staatsbürgerschaft informiert und versuche dessen Freilassung zu erreichen. Doch die türkische Regierung hindert die Schweizer Behörden daran, Zugang zum Verhafteten zu bekommen. «Die Arbeit des EDA wird dadurch erschwert, dass die türkischen Behörden schweizerisch-türkische Doppelbürger allein als türkische Staatsangehörige betrachten und dem EDA nicht immer erlauben, konsularischen Schutz zu gewähren», schreibt das Aussendepartement.
Kein Kontakt zur Aussenwelt
Von den zwei weiteren Verhafteten hat man in Bern jedoch keine Kenntnis. Dies, weil Serhat und Ahmed (Namen geändert) keine Schweizer Staatsbürgerschaft, sondern nur eine Niederlassungsbewilligung C besitzen. Ahmed sitzt immer noch in Haft, ohne dass die türkische Polizei einen konkreten Haftbefehl vorlegte. Serhat wurde kürzlich ohne Begründung wieder auf freien Fuss gesetzt.
Ahmed ist ehemaliger Mitarbeiter der SBB und Serhat betreibt mit seiner Frau ein kleines Restaurant. Die Familie von Ahmed konnte bis heute noch keinen direkten Kontakt mit ihm herstellen. «Die Kommunikation läuft nur über unsere Anwälte», sagt ein Familienmitglied zur BaZ. «Ahmed ist verängstigt und gleichzeitig sehr traurig.» Er reiste Anfang April nach Südanatolien, um seinen kranken Vater zu besuchen. Dieser verstarb kurz nach Ahmeds Eintreffen. Unmittelbar nach seiner Beisetzung wurde Ahmed von türkischen Polizeieinheiten im Haus seiner nun verwitweten Mutter abgeholt und verhaftet. Die Familie von Ahmed – der in Frenkendorf zu Hause war und seit 1980 in der Schweiz lebt – vermutet, dass man ihn wegen seiner Erdogan-kritischen Haltung im Internet bereits fichiert und danach verhaftet hatte. Die Familie hat nach Ahmeds Verhaftung die Behörden des Kantons Baselland informiert und steht seitdem mit diesen in engem Kontakt.
«Eine Frage der Zeit»
Auch die Basler Behörden sind informiert. Auf Anfrage bestätigt Toprak Yerguz, Sprecher des Justiz- und Sicherheitsdepartements (JSD), dass Regierungsrat Baschi Dürr von dem verhafteten Basler in Kenntnis gesetzt wurde. Gehandelt müsse aber auf Bundesebene werden. Nur der schweizerisch-türkische Staatsbürger kann auf die Unterstützung der Schweiz zählen.
Die Nachricht vom inhaftierten Schweizer kommt für Roland Büchel (SVP), Präsident der Aussenpolitischen Kommission des Nationalrats, nicht überraschend. «Angesichts der vielen Verhaftungen in der Türkei war es rein mathematisch-statistisch gesehen eine Frage der Zeit, bis es einen schweizerisch-türkischen Doppelbürger trifft.»
Zusammenhang mit dem Spitzel?
Es gelte nun abzuklären, aus welchen Gründen die Verhaftung erfolgt ist, sagt Roland Büchel. Sind die Vorwürfe legitim oder stellen sie einen Vorwand dar, um politische Gegner des Regimes Erdogans in Haft zu setzen? «Dazu warte ich die Einschätzung des Bundesrates ab. In der Kommission werden wir dem Fall dann auf den Grund gehen.»
Unklar ist, ob die Inhaftierung der drei Basler mit dem mutmasslichen Spitzel bei der Basler Polizei zusammenhängt. Wie Quellen der BaZ berichten, soll der Spitzel rund 1500 Personendaten abgerufen haben, zu denen er keine Berechtigung hatte. Somit besteht die Möglichkeit, dass er die Personen und ihre Tätigkeit im Netz fichiert und den türkischen Behörden weitergereicht hat. Basler Politiker fordern deshalb mehr Schutz für die hier lebenden Türkinnen und Türken.
«Die Basler Polizei muss die hiesigen Türken und Doppelbürger informieren, falls sie davon weiss, dass ihre Personendaten an türkische Behörden weitergereicht wurden», sagt SP-Grossrat Mustafa Atici. Sonst würden sie in der Türkei ins offene Messer laufen. Auch Parteikollegin Edibe Gölgeli sieht Handlungsbedarf bei den Behörden. «Zur heutigen Zeit muss sich die Polizei darum bemühen, die türkische Diaspora zu schützen.» Ob ein Zusammenhang mit dem Basler Spitzel bestehe, kommentiert die Polizei aus verfahrenstechnischen Gründen nicht.
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