«Wer arbeitet, soll belohnt werden»
SVP-Ständeratskandidat Caspar Baader ist einer der profiliertesten, aber auch einer der umstrittensten Baselbieter Politiker. Im Facebook-Chat diskutierte er mit BaZ-Lesern über Unigelder, Sozialleistungen und legendäre Fraktionsabende.

Seine Plakate sind omnipräsent im Baselbiet. Ebenso sein Name in den Medien. Der Nationalrat aus Gelterkinden befindet sich nicht nur mitten im Wahlkampf – unlängst hat er auch mit seinem Nein zu zusätzlichen Millionen für die Uni Basel und als potenzieller SVP-Bundesratskandidat für Schlagzeilen gesorgt. Dazu musste er auch im Facebook-Chat mit der BaZ Stellung nehmen.
Emmanuel David Stephan Schiess: Wieso haben Sie im Nationalrat gegen die Subvention des Bundes für die Universität Basel gestimmt?
Es ging bei dieser Abstimmung gar nicht um 75 Millionen ja oder nein, sondern darum, ob der Bund den Auszahlungsmodus für seine Unibeiträge auf den 1.1.2013 so ändern soll, wie die Mehrheit der Hochschulkantone in unserem Land. Oder ob diese Umstellung weiter verzögert werden soll wie dies die Erziehungsdirektoren BS/BL und Herr Malama wollten. Die Umstellung per 1.1.2013 ist von der Sache her richtig, weil auf dieses Datum auch das neue Hochschulförderungs- und Koordinationsgesetz in Kraft treten soll. Bundesrat Burkhalter hat im Nationalrat versprochen für BS und BL eine Lösung zu suchen. Ich bin gerne bereit zwischen ihm und den Erziehungsdirektoren zu vermitteln. Die Uni erhält weiterhin jedes Jahr 75 Millionen vom Bund, damit kann sie ihren Lehr- und Forschungsauftrag weiterführen.
B.G.: Herr Baader, der Schweiz fehlt angeblich 1 Million Schweizer Kinder. Ich arbeite in Dänemark und sehe, wie dank guter Sozialleistungen sehr viele dänische Frauen Kinder haben. Was ist die Lösung der SVP? Die paradoxe Strategie der SVP steht ja für den Abbau von Sozialleistungen und der unrealistischen Forderung nach mittelalterlichen Zuständen à la «Frauen an den Herd».
Lieber B.G., auch in der Schweiz ist es kein ökonomischer und karrieretechnischer Selbstmord, eine Familie zu haben. Viele Frauen bringen bereits heute Familie und Beruf unter einen Hut. Wir haben genügend Krippenangebote. Ich bin jedoch der Meinung, es sei nicht Bundesaufgabe diese zu finanzieren, sondern Aufgabe privater Unternehmen, Vereine, Gemeinden und allenfalls der Kantone. Die SVP ist nicht für Abbau der Sozialleistungen, sondern gegen einen weiteren Ausbau und hat noch nie Frauen an den Herd propagiert. Hingegen erachte ich es als Vater von drei inzwischen erwachsenen Söhnen als wichtig, dass die Kinder auch von ihren Eltern selbst betreut und erzogen werden. Diese Verantwortung darf man nicht einfach an den Staat delegieren.»
Rene Suter: Welches sind die drei grössten Herausforderungen der Schweiz für die nächsten Jahre?
Meiner Meinung nach sind das folgende drei Bereiche: 1. Die Schweiz muss ihre Standortattraktivität erhalten und verbessern, damit sie die bevorstehenden Probleme im Zusammenhang mit der Frankenstärke der Eurostaatenkrise meistern und möglichst viele Arbeitsplätze behalten kann. Arbeitsplätze bedeuten Wohlstand. 2. Die Schweiz muss verhindern, dass sie institutionell in die EU eingebunden wird (automatische Übernahme von EU-Recht und -Gerichtsentscheiden, wie dies der Bundesrat erwägt) nur dann kann sie auch in Zukunft ihre Freiheit und Unabhängigkeit behalten. 3. Die Schweiz muss das Ausgabenwachstum beim Bund und bei den Kantonen, aber auch bei den Sozialversicherungen, wieder in Griff bekommen, damit wir auch in Zukunft nicht mehr Steuern zahlen müssen und eine gesicherte Altersvorsorge haben.
Adrian Stenovic: Herr Baader, wie fanden Sie den Bericht in der BaZ heute über Sie?
Dieser Bericht war meiner Meinung nach sehr einseitig und durch eine linke Brille betrachtet geschrieben worden. Ich bin kein Parteisoldat, sondern als Fraktionschef Mitglied der Parteileitung. Als Fraktionschef habe ich die Aufgabe, zusammen mit meinen Fraktionskolleginnen und -kollegen die Ziele unserer Partei ins Parlament einzubringen und bei politisch wichtigen Fragen die Haltung der Partei darzustellen. Ähnlich wie ich das im Beruf als Anwalt für meine Kunden mache. Im Übrigen wissen alle Mitglieder der Fraktion, dass ich an unseren legendären Fraktionsabenden auch sehr gemütlich und freundschaftlich bin.
I. Poker: Lieber Herr Bader, wie stehen Sie denn zur Forderung von Christoph Blocher, die Bundesratslöhne auf ca. 250'000.- im Jahr zu beschränken? Damit soll laut Blocher u.a. zum Ausdruck kommen, dass es Ehre sei, dem Land als Bundesrat zu dienen.
Diese Frage haben wir in der Fraktion noch nicht ausdiskutiert. Persönlich würde ich die Bundesratslöhne nicht reduzieren. Hingegen ist unbedingt dafür zu sorgen, dass die Entschädigungen der Parlamentarierinnen und Parlamentarier nicht dauernd erhöht werden, weil sonst immer mehr von ihnen dieses Amt zum Beruf machen. Das ist falsch. Ich kämpfe für ein Milizparlament, weil nur so sichergestellt ist, dass jeder aus seinem Bereich laufend berufliche Erfahrungen in die politische Diskussion einbringt.
David Dinort: Was halten Sie von der Idee (welche Herr Blocher hatte), das Investmentbanking zu verbieten?
Ich bin gegen ein Verbot des Investmentbankings. Hingegen muss die Politik dafür sorgen dass der Bund nie wieder eine Grossbank mit Steuergeldern retten muss. Dazu reicht es nicht, die Liquiditätsanforderungen und Eingenkapitalsvorschriften zu erhöhen. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn die Grossbanken die sogenannten systemrelevanten Funktionen (Zahlungsverkehr und Kreditversorgung der schweizer Wirtschaft) in unabhängige Rechtsträger ausgliedern. Es braucht eine Firewall zwischen diesen systemrelevanten Funktionen und dem risikoreichen Investmentbanking in den USA und GB – das wir nämlich dort betrieben.
Lukas Gruntz: Gesetzt den Fall, Sie wären in der Heimat verhasst: Könnten Sie deswegen bestreiten, dass es Ihre Heimat ist?
Herr Gruntz, Heimat ist dort, wo sich jemand wohl und verankert fühlt. Für mich ist das die Schweiz, das Baselbiet und Gelterkinden. Wenn sich jemand an einem Ort nicht mehr verankert fühlt und eine andere Heimat sucht, dann muss er sich aber an die Gesetze und Gebräuche in der neuen Heimat halten.
Russel Nurjew: Ob richtig oder nicht was die Unifinanzierung betrifft: Sie wollen einfach Politik für die Superreichen machen. Diese können ja ihre Uniausbildung selber finanzieren durch höhrere Studiengebühren. Die Entscheidung ist ganz und gar auf SVP-Linie, nach welcher der Staat grundsätzlich zu Grunde gerichtet werden muss.
Herr Nurjew, ich mache überhaupt keine Politik für Superreiche, sondern ich setze mich in der Politik für all jene ein, die jeden Morgen aufstehen, sich in Familie, Arbeit und Gesellschaft einbringen und so einen Beitrag für eine prosperierende Schweiz leisten. Wer arbeitet, soll belohnt werden und am Wohlstand teilhaben. Wer jünger ist, konsumiert und investiert, soll nicht vom Staat bevormundet werden. Wer älter ist und sein Leben lang einen Beitrag für unser Land geleistet hat, soll den Ruhestand geniessen können. Dafür kämpfe ich.
Russel Nurjew: Könnte die Armee im Berner Oberland die Unwetterschäden mit den neuen Kampfjets besser beseitigen?
Die Armee ist das wichtigste Kriseninterventionsinstrument in unserem Land. Sie muss für alle Einsätze bestens ausgerüstet sein. Daher braucht sie zur Behebung von Unwetterschäden Genie- und Rettungstruppen mit Baumaschinen, Lastwagen und vielen Händen. Hingegen braucht sie zur Sicherstellung des Schutzes unseres Luftraumes zeitgemässe Kampfjets. Ich erinnere Sie daran, dass bei allen internationalen Konferenzen (WEF Davos, Evian etc.) dauernd mindestens ein Kampfjet in der Luft ist und dies auch von den ausländischen Staatschefs an den Konferenzen verlangt wird.
Russel Nurjew: Dafür haben sie sich für die neue Pflegefinanzierung eingesetzt, damit die älteren Leute ihren Altersheimaufenthalt nun grösstenteils selber bezahlen müssen?
Herr Nurjew, zur Zeit stehen der Kanton BL und die Baselbieter Gemeinden in Verhandlung darüber, wie hoch nebst dem Bundesbeitrag der Kantons- und Gemeindebeitrag an die Pflegefinanzierung sein soll. Meines Wissens sind die Beiträge ab 1.1.2012 noch nicht definitiv festgelegt. Der Bund zahlt einen Pflegebeitrag zw. 20 und 25 Franken pro Tag. Wenn der Kantonsbeitrag erhöht wird, was beabsichtigt ist, reduziert sich der Beitrag der selbst zahlenden HeimaufenthalterInnen.
David Dinort: Wie steht es mit Migranten, welche ebenfalls aufstehen müssen (für einen Lebensmittelladen zB.), sich in Familie, Arbeit und Gesellschaft einbringen und so einen Beitrag für eine prosperierende Schweiz leisten? Was halten Sie davon?
Herr Dinort, zu unterscheiden ist bei den Migranten zwischen Ausländern, die im Rahmen der Personenfreizügigkiet aus der EU in die CH kommen, jenen aus Drittländern und den Asylbewerbern sowie illegalen Aufenthaltern. Die Schweiz braucht für die Aufrechterhaltung der Wirtschaft eine gewisse Zuwanderung aus EU- und Drittländern, hingegen müssen wir diese je nach Wirtschaftslage wieder selber steuern können. Asylbewerber haben bei uns nur Anspruch auf ein definitives Aufenthaltsrecht, wenn sie an Leib- und Leben verfolgt sind. Abgewiesene Asylbewerber und illegale Aufenthalter müssen die Schweiz wieder verlassen, da die Schweizer Rechtsordnung dies so vorschreibt. Daher ist es wichtig, dass rasch über Asylgesuche entschieden wird und die Entscheide vollzogen werden.
David Thommen: Guten Tag Herr Baader. Verliert die SP Ihrer Meinung nach einen Sitz im Kanton Baselland?
Lieber Herr Thommen, ich bin nicht Prophet. Der 23. Oktober wird es zeigen. Vermutlich eher nein.
Lukas Gruntz: Was ist Ihre Vision für unser Land? Welche grundlegenden Veränderungen streben Sie an? Wohin soll die Reise auf der MS Schweiz gehen?
Herr Gruntz, die Schweiz soll auch in Zukunft ein weltoffenes, freiheitliches und unabhängiges sowie neutrales Land bleiben. Auch unsere Kinder sollen selbstständig unsere Rechtsordnung und unser Zusammenleben bestimmen können und sie sollen in einem sicheren Land mit Wohlstand leben können. Darum darf die Schweiz nicht der EU beitreten, muss ihre Staatsausgaben im Griff halten, Sorge tragen zu den bestehenden Sozialwerken und Missbräuche sowie die Kriminalität konsequent bekämpfen. Nur so kann die Schweiz anderen Ländern gegenüber eine Nasenlänge voraus bleiben. Das ist mein Ziel.
Basler Zeitung: Besten Dank für die Fragen!
Den nächsten und letzten Chat gibt es kommenden Dienstag, 18. Oktober, ab 14:00 Uhr mit Anita Fetz (SP BS). Fragen an Frau Fetz können Sie gerne jetzt schon auf unserer Facebook-Seite hinterlassen.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch