Parteikollege im Solde Pegoraros
Bau- und Umweltschutzdirektorin vergibt Headhunter-Aufträge an FDP-Landrat Rolf Blatter.

Stellen Sie sich vor, Sie würden sich für die Baselbieter FDP für die Landratswahlen aufstellen lassen und vom Stimmvolk tatsächlich gewählt. Weil Sie Erfahrungen im Bauwesen haben, nähmen Sie für die FDP-Fraktion Einsitz in der Bau- und Planungskommission. Dort würden Sie auf Ihre Parteikollegin treffen, die Regierungsrätin ist und als Bau- und Umweltschutzdirektorin in der Kommission ihre Vorlagen und Geschäfte vertritt – Vorlagen und Geschäfte, mit denen Sie sich als Landrat und damit als Vertreter der Legislative kritisch und unabhängig auseinandersetzen müssen.
Nun würden Sie von der Baudirektorin angefragt, ob Sie nicht ein bezahltes Mandat übernehmen wollten. Man sei auf der Suche nach einem neuen Kantonsingenieur und brauche jemanden, der den Rekrutierungsprozess leite. Ob Sie als selbstständiger Headhunter nicht Interesse hätten? Das Verfahren würde freihändig vergeben, also nicht ausgeschrieben. Sie müssten nur Ja sagen, dann hätten Sie den Job.
Wie würden Sie sich entscheiden?
Zuständig für Schlüsselpositionen
Rolf Blatter, Inhaber der 2014 gegründeten Beratungsfirma BlaCon GmbH, seit 2015 FDP-Landrat und Mitglied der Bau- und Planungskommission (BPK), zudem wie FDP-Regierungsrätin Sabine Pegoraro wohnhaft in Pfeffingen, hatte genau diese Frage zu beantworten. Er nahm das Angebot an.
Als 2016 für Kantonsingenieur Oliver Jacobi ein Nachfolger bestimmt werden musste, erhielt Blatter den Zuschlag. Eine Ausschreibung fand nicht statt. Dies sei nicht notwendig gewesen, erklärt eine Sprecherin der Bau- und Umweltschutzdirektion (BUD) der BaZ. Die Auftragssumme habe unter der ausschreibungspflichtigen Schwelle von 150'000 Franken gelegen. Ausserdem sei Blatters Honorar «deutlich im unteren Bandbreitenbereich» dessen gelegen, was «in solchen Fällen» üblicherweise in Rechnung gestellt werde.
Verifizieren lässt sich dies nicht. Welchen Betrag die BUD Landrat Blatter überwiesen hat, soll die Öffentlichkeit nicht erfahren. Eine entsprechende Anfrage der BaZ wird nicht beantwortet. Die Auskunftsverweigerung wird mit Paragraf 27 des kantonalen Informations- und Datenschutzgesetzes gerechtfertigt. Es liege ein «überwiegendes privates Interesse» vor, weil durch die Bekanntgabe der Information die «Privatsphäre beeinträchtigt» und «Geschäftsgeheimnisse offenbart» würden. Dieselben Argumente führt die BUD auch bei der aktuellen Kadersuche ins Feld, für die erneut Blatter ausgewählt wurde. Er soll für Pegoraro eine neue Leitung des Amts für Umwelt und Energie finden. Der jetzige Stelleninhaber Alberto Isenburg geht Ende Jahr frühzeitig in Rente. Das Bewerbungsverfahren steht erst am Anfang. Isenburgs Pensionierung wurde noch nicht kommuniziert.
Dass die beschriebene Geschäftsbeziehung Fragen aufwirft, liegt auf der Hand. Einerseits, weil Blatter in den Ruf zu geraten droht, aus finanziellen Motiven die Regierungsrätin mit Samthandschuhen anzufassen, statt seiner Kontrollfunktion als Parlamentarier gerecht zu werden. Der Vorgang stellt aber vor allem Pegoraro in ein schlechtes Licht: Will die oft kritisierte Magistratin Landräte kaufen, um Ruhe zu haben? Sie bestreitet es vehement. «Rolf Blatter hat das Mandat erhalten, weil er sich aufgrund seiner beruflichen Herkunft in den Fachgebieten der BUD und speziell in Bezug auf diese beiden zu besetzenden Stellen gut auskennt», lässt sie der BaZ ausrichten. Die Parteizugehörigkeit habe keine Rolle gespielt. «Der Vorwurf des ‹Stimmenfangs› ist absurd.»
Blatter selbst erklärt, es handle sich «um reine Consultingaufträge aus dem Kerngebiet meiner Firma, welche mit Politik nichts zu tun haben».
Kritik von FDP-Präsident
Nicht glücklich zeigt sich allerdings FDP-Präsident Paul Hofer. Als Regierungsrat hätte er die Unterscheidung zwischen Politik und Beruf «strenger» definiert als Pegoraro. «Aufgrund der Konstellation hätte ich Blatter keine Aufträge vergeben, weil man sich dadurch natürlich angreifbar macht», sagt er zur BaZ. Hofer hält aber auch fest, er vertraue Blatter, dass er eine «seriöse Trennung» vornehme. «Aus diesem Grund ist die erfolgte Auftragsvergabe für mich nachvollziehbar. Dass aber Aussenstehende kritisch nachfragen, kann ich nachvollziehen.» Vielleicht müsse eine Grundsatzdebatte zum Thema Corporate Governance beim Kanton geführt werden.
Anderer Meinung ist FDP-Fraktionschef Rolf Richterich. «Ich sehe kein grosses Problem. Schliesslich hat Rolf Blatter mit diversen Vorstössen seine kritische Haltung gegenüber der BUD bewiesen.» Wer an dessen Mandaten Kritik übe, der müsse dafür sein, dass alle Landräte keine geschäftlichen Beziehungen mehr mit dem Kanton eingehen dürfen. «Das geht viel zu weit.»
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