Der Tomatenguru aus Breitenbach
Andres Sprechers Leidenschaft begann vor 46 Jahren. Mittlerweile kennt und besitzt er Samen von 1400 Tomatensorten aus aller Herren Länder.

Sie haben schillernde Namen wie Malakhitovaya Shkatulka, Tlacolula, Tiny Tim oder Himmelsstürmer. Sie stammen unter anderem aus Russland, Mexiko, Holland und Deutschland (Reihenfolge der oben genannten), und ihr Farbspektrum bewegt sich zwischen hellrot und dunkelrot bis hin zu hellgelb und grün.
Und sie wachsen in Breitenbach, im Garten von Andres Sprecher. Samen von über 1400 Tomatensorten besitzt der pensionierte Biologe – rund 70 Sorten pflanzt er jedes Jahr an.
Angefressen seit 1973
Es ist ein strahlend schöner Tag, als der 73-Jährige uns in seinem üppigen Garten empfängt. Blumenbeete, Bananenbäume, rankende Blumen, Gewächshäuser und ein Natursee – man mag sich kaum sattsehen.
Zu jeder Pflanze und zu jeder Tomatensorte des ein Hektar grossen Gartens gibt es eine Geschichte. Die Leidenschaft habe begonnen, als er 27 Jahre alt war, erzählt der Basler, während er uns durch den Garten führt. «Für eine wissenschaftliche Arbeit über ein Wachstumsenzym im Mais stand mir damals ein grosses Gewächshaus zur Verfügung. Ein Assistent gab mir zwanzig verschiedene Tomatensamen, die ich säte.»
Als die ersten Tomaten wuchsen, habe er gestaunt, erinnert sich Andres Sprecher: «Das war das erste Mal, dass ich genussreife gelbe Tomaten sah. Ich war fasziniert und entnahm die Samen, um sie im nächsten Jahr selbst anzupflanzen. Das war der Start meiner Sammlung.»
Tomaten-Tasting
46 Jahre später gibt es die Samen dieser gelben Sorte, sie heisst 33, noch immer. Denn sämtliche Samen der 1400 Sorten bewahrt Andres Sprecher fein säuberlich angeschrieben im Tiefkühler auf. Beim Weitergehen zupft er eine kleine grüne Tomate vom Strauch. «Da, kosten Sie, das ist eine Limegreen. Eine würzige, aromatische Sorte aus den USA.» Unser Fazit: äusserst lecker!
Ob einem eine Sorte mundet oder nicht, sei sehr individuell, sagt Andres Sprecher. «Süss, säurehaltig, feine Schale, viel Fleisch… Jede Tomate hat ihre Eigenheit. Um herauszufinden, was einem schmeckt, muss man sich etwas durchprobieren.» Das gebe er auch jenen Kunden zur Antwort, die bei ihm Samen beziehen und von ihm wissen wollen, welche Sorte er ihnen persönlich empfehlen könne. Klar ist jedoch: «Eine gute Tomate gibt es nur, wenn man sie selber züchtet. Die gekauften haben in den meisten Fällen einen Gout, der überhaupt gar nichts mehr mit einer Tomate zu tun hat.»
Mittlerweile sind wir bei einem Strauch mit länglichen, roten Tomaten angekommen. «Ich hab sie roter Afghan getauft», sagt Andres Sprecher mit schelmischem Grinsen. «Die hab ich von Vreni Frauenfelder, der Gründerin der Afghanistanhilfe, bekommen. Sie brachte mir drei verschiedene Samentypen aus der Region Kunduz mit – zwei waren uninteressant, die hier mit ihren wunderbaren trockensüssen Früchten aber sind richtig toll.»
Eigene Namen geben
Viele der Tomatensorten «organisiert» sich der 73-Jährige selber, wenn er auf Reisen geht. «Aus Burma habe ich eine Sorte, die ich nicht kannte, aus dem Hotelgarten mitgenommen. Ich habe aber auch viele liebe Leute, die mich beliefern. Erst kürzlich erhielt ich den Anruf einer Bekannten, die in ihren Ferien in Spanien eine spezielle Sorte entdeckte und mich fragte, ob sie diese mitbringen soll.»
Ein Drittel der 1400 Samen stammt aus Russland und der Ukraine. «Sibirien ist ein sehr gutes Tomatenanbaugebiet.» Auch aus dem Osten, aus Rumänien, stammt Rompel, eine gelborange aromatische robuste Pelati mit grossem Ertrag. «Die Marktfrau kannte den Namen der Sorte nicht, also musste ich ihr selbst einen geben. Rompel – Rom(anian) Pel(ati).» Den Liebesäpfeln eigene Namen zu geben, darauf sei er gar nicht so «scharf», sagt Andres Sprecher. «Zu Beginn ist das noch lustig, aber nach einer gewissen Zeit wird es dann kompliziert.»
Jede Tomate eine Geschichte
Zwischenzeitlich sind wir mit den unterschiedlichsten Sorten am Esstisch angekommen. Die roten, gelben, grünen und orangenfarbenen Tomaten werden in Stücke geschnitten, Geschichten über sie erzählt und probiert. Nebenher macht sich Andres Sprecher ans Sammeln der Samen. In Bechern lässt er sie zwei bis drei Tage stehen, dann werden sie geputzt und getrocknet und schliesslich in Papiersäckchen verpackt. Darin sind sie fünf Jahre haltbar, im Tiefkühler bei minus 18 Grad sogar Jahrzehnte.
Wer kommenden Frühling (Aussaat Mitte März) Tomaten anpflanzen möchte, bekommt hier die wichtigsten Tipps vom «Tomatenguru»: Beim Säen die Samen nur circa 5 Millimeter tief in die Erde stecken. Sind die primären Blätter da, können die Pflanzen pikiert und einzeln so tief in Töpfe gesteckt werden, dass die Wurzel mit Humus bedeckt ist. Nie auf die Pflanze giessen. Mehr als drei Stunden Blattnasszeit löst Fäule aus. Und zum Genuss zu Hause: Tomaten nie im Kühlschrank aufbewahren. Dort verlieren sie an Geschmack.
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