Dank Corona Basel entsteht im meistgespielten Videogame der Welt
In «Minecraft» kann man durch einen Teil der Basler Altstadt spazieren. Das virtuelle Münster hat ein 16-jähriger Basler erbaut. Er ist Teil eines weltweiten Mega-Projektes.

Es sieht ein bisschen aus wie Lego für den Computer. «Minecraft» gehört zu den erfolgreichsten Videospielen aller Zeiten. Obwohl es bereits über zehn Jahre existiert, konnte es im Pandemiejahr enorm zulegen. Jeden Monat spielen im Schnitt fast 140 Millionen Menschen das Game. Nun soll in «Minecraft» ganz Basel im 1:1-Massstab entstehen. Doch nicht nur die Stadt am Rhein wächst immer weiter. Die gesamte Welt soll dereinst in «Minecraft» virtuell begeh- und überfliegbar sein.
«Build The Earth» (BTE) heisst das fast schon grössenwahnsinnige Projekt, welches ein Youtuber aus Seattle im ersten Lockdown ins Leben rief. Mittlerweile helfen über 6000 Menschen mit – auch der 16-jährige Philipp Tzankov, oder «Waggiswagen», wie er im Spiel heisst. Der junge Basler gehört zur Teilgruppe Alps BTE, die sich zum Ziel gesetzt hat, Österreich, Liechtenstein und die Schweiz virtuell zu erschaffen.

Bisher wurden in Basel Bereiche um das Münster, den Barfüsserplatz, kleinere Ecken in Kleinbasel, die Wettsteinbrücke und der Bahnhof SBB fertiggestellt. Auch der erste Roche-Turm steht. Er war eines der ersten Gebäude, die von Alps BTE erstellt wurden. «Die Qualität des Bauwerks ist jedoch miserabel und wird wohl zeitnah abgerissen», sagt Philipp.
Wahnsinnig erpicht darauf, die Prestigebauten nachzubauen, ist der Gymnasiast nicht: «Die Türme würde ich als nicht sonderlich anspruchsvolle, dafür sehr repetitive und langweilige Bauerfahrung einschätzen.» Ihn interessieren Fassaden, die Strukturen haben. Der Reiz besteht in der Herausforderung, aus den meist würfelförmigen «Minecraft»-Elementen Säulen oder andere spezielle Formen möglichst originalgetreu darzustellen. Dabei spielt es keine Rolle, aus was für einem Material der Würfel im Spiel besteht: «Ich kann ein ganzes Hochhaus aus Wolle bauen, wenn es damit am ähnlichsten aussieht wie das Original», so der 16-Jährige. Teile der Elisabethenkirche bestehen beispielsweise aus einer Mischung aus Pilz und Knochen.
Der Massstab und die Koordinaten für die virtuelle Welt stammen von Google Earth, Google Maps und Swisstopo. Doch nicht alle Gebäude und Orte sind dort in genügend guter Auflösung vorhanden, um sie detailgetreu nachbauen zu können. «Wir haben eine Gruppe von Leuten, die nur Referenzen suchen. Die finden Bilder aus den unmöglichsten Winkeln. Aber klar, manchmal muss man beispielsweise bei einem Innenhof auch raten», sagt Philipp.
Während Philipp an seinem PC über den virtuellen Münsterplatz geht, fliegt ein Männchen durch die Luft: «Das ist jemand aus unserem Team, der mich besucht», sagt der Gymnasiast. Persönlich hat er seine Mitstreiter noch nie getroffen, auch nicht jene, die in der Region leben. Trotzdem kommunizieren sie sehr oft miteinander. Meist über «Discord», einen Online-Chat-Dienst, der ursprünglich für Computerspieler entwickelt wurde. «Der soziale Effekt ist nicht zu unterschätzen. Man ist im Austausch mit grossartigen Leuten. Ich geniesse es enorm, für das geschätzt zu werden, was ich hier baue», sagt Philipp, der bereits als Siebenjähriger begann, in «Minecraft» eigene Gebäude zu bauen.
Wann das Mega-Projekt fertig sein wird, ist noch völlig offen, schreibt Fabio Bucheli, der für die Pressearbeit des Teams Alps BTE zuständig ist: «Wenn man jeden Quadratmeter unserer Erde 1:1 in ‹Minecraft› nachbauen will, so ist die sichere Antwort darauf: Nie.» Doch er ist zuversichtlich, dass in wenigen Jahren sehr viele interessante Bereiche der Erde komplett nachgebaut sein werden. Auch Philipp ist sich nicht sicher, ob tatsächlich jede Zugschiene und jede Autobahn der Agglomeration Basel gebaut wird. «Ich wage aber zu behaupten, dass die gesamte Stadt fertig wird.»
Dina Sambar ist Redaktorin und stellvertretende Leiterin des regionalen Ressorts Kultur und Gesellschaft.
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