
Haben Sie’s bemerkt? Basel ist seit wenigen Tagen eine «Fair-Trade-Town». Die Kirchenglocken haben deswegen nicht geläutet, aber das Präsidialdepartement hat eine Medienmitteilung verschickt. Darin liest man, es handle sich um ein Label, das der Dachverband Swiss Fair Trade an Städte vergebe, die sich «für fairen Handel» und einen «nachhaltigen Konsum» einsetzen.
Wir dürfen nun also stolz durch die Strassen flanieren, im Wissen, dass auch Basel einen Beitrag leistet für eine bessere Welt. In der Verwaltung trinkt man übrigens schon seit bald drei Jahren nur noch Fair-Trade-Kaffee. Das macht Basel zur Stadt mit den fairsten Staatsangestellten überhaupt, aber das nur nebenbei.
Die Verleihung des Fair-Trade-Labels ist der vorläufige Höhepunkt einer Erfolgsgeschichte. Bereits seit 2006 führt Basel das Prädikat «Energiestadt Gold», und seit 2018 sind wir eine «Grünstadt» – ein Titel, den uns die Vereinigung der Schweizer Gartenbauämter verliehen hat.
Dauerbaustellen-Stadt
Basel ist also fair, goldig und grün. Aber das ist längst nicht alles. Wir sind eine Humanisten-, Kultur- , Kunst- und Museumsstadt. Man bezeichnet uns ferner als Messestadt, selbst wenn es mit der Messe nicht mehr so weit her ist wie einst. Das Etikett Medienstadt haben wir uns selbst umgehängt.
Eine Fasnachtsstadt, das sind wir sowieso. Und eine Architekturstadt auf jeden Fall. Wobei die Architektur leider nicht immer zur Geltung kommt. Denn Basel ist auch eine grosse, ja womöglich eine weltweit einzigartige Dauerbaustellen-Stadt. Hinter den hässlichen rot-weissen Abschrankungen bleibt den Augen der Betrachter deshalb manch schönes Gebäude verborgen.
Basel ist eine Klimanotstand-, Wohnungsnotstand- und Parkplatznotstand-Stadt. Eine Demo-Stadt auch, nicht nur am 1. Mai, sowie eine Graffiti-Stadt. Allerdings eine mit überdurchschnittlich vielen unbegabten Sprayern. Das lässt sich an zahlreichen verunstalteten Fassaden unschwer feststellen.
Baumpflanz- und Baumfäll-Stadt
Eine Drämmlistadt und Fährenstadt sind wir ebenfalls. Und eine Bierstadt auch, dank Ueli-Bier, Unser Bier, Volta Bräu, Spale-Bier und wie sie alle heissen. Wer zu viel davon getrunken hat, kommt auf den neuen Velostrassen selbst auf zwei Rädern sicher nach Hause, denn eine Velostadt sind wir überdies.
Kürzlich hat das Bau- und Verkehrsdepartement Basel zur Schwammstadt erklärt. Wie ein riesiger Schwamm soll Basel das Regenwasser besser auffangen und nutzen als bisher. Das freut die IG Umwelt. Sie hat uns vor ein paar Jahren das «Label gegen Littering» verliehen und dürfte dem Regierungsrat dereinst als Anerkennung auch die Urkunde «Schwammstadt-City» überreichen.
Buvetten-Stadt sind wir, Gourmet-Stadt, Genussstadt, Baumpflanz- und Baumfäll-Stadt. Als Fussballstadt sind wir berühmt, wobei die Muttenzer Kurve choreografisch derzeit die besseren Auftritte hinlegt als die Mannschaft auf dem Feld.
Was an dieser Stelle noch verraten werden muss: Es gibt in der Schweiz bereits 18 Fair-Trade-Towns. So exklusiv ist das jüngste Label also nicht. Aber es würde uns wundern, wenn das Standortmarketing im Präsidialdepartement die Tatsache, dass so viele weitere Etiketten an uns kleben, nicht flugs verwerten und Basel zur «Stadt der tausend Label» ernennen würde.
Jetzt müssen wir nur noch eine Label-Fachstelle schaffen und eine Label-Beauftragte anstellen. Die könnte man in ein neues Label-Departement integrieren. Das wäre nichts als fair angesichts der Tatsache, dass das Verwalten der unzähligen Auszeichnungen wohl vom Präsidialdepartement allein nicht bewältigt werden kann, finden Sie nicht?
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Kolumne Rückruf – Basel, die Stadt der tausend Label
Wir sind eine Kultur- und Kunststadt und neu auch eine Fair-Trade-Town. Jetzt fehlt nur noch eine Label-Fachstelle.