Barack Obamas weltpolitisches Heimspiel
Zuerst der G-8-Gipfel in Camp David, dann das Nato-Treffen in Chicago. Barack Obama kann zweimal wichtige Staats- und Regierungschefs auf heimischem Boden empfangen. Die Herausforderungen bleiben gross.

Für Barack Obama ist es mitten im Wahlkampf ein weltpolitisches Heimspiel: Zunächst lädt der US-Präsident am Freitag und Samstag zu Beratungen im kleinen Kreis der G-8-Gruppe. Anschliessend empfängt Obama am Sonntag und Montag rund 60 Staats- und Regierungschefs zum Nato-Gipfel in Chicago. Die breite Themenpalette an den vier Tagen reicht von der Euro-Schuldenkrise über den Syrien-Konflikt bis zum Abzug aus Afghanistan - in vielen Fragen dürften wegweisende Entscheidungen aber ausbleiben.
Vor allem der G-8-Gipfel auf dem Präsidenten-Landsitz Camp David bei Washington scheint eher auf einen diplomatischen Gesprächskreis denn eine knallharte Entscheiderrunde hinauszulaufen. Neben Russland und den USA gehören der Gruppe Deutschland, Kanada, Japan, Frankreich, Grossbritannien und Italien an. Die Sorge über die Turbulenzen in der Euro-Zone und die möglichen Folgen für die Weltwirtschaft ist bei allen Teilnehmern zwar gross, der Schlüssel zur Lösung der Krise liegt aber in Brüssel oder Athen - und nicht in Camp David.
Merkels Telefonkonferenz
«Wer dramatische Erklärungen zur Euro-Zone erwartet, der wird enttäuscht werden», sagt Matthew Goodman von der Washingtoner Denkfabrik CSIS. Allerdings könnte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) weiter unter Druck geraten, von ihrer strikten Sparpolitik abzurücken. Der angesichts der wirtschaftlichen Unsicherheiten um seine Wiederwahl bangende Obama liegt mit seiner Forderung nach mehr Wachstumsimpulsen in Europa auf einer Linie mit dem neuen französischen Präsidenten François Hollande, der bei dem Doppelgipfel sein Debüt auf internationaler Bühne gibt.
Vor dem G-8-Gipfel in den USA hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit ihren europäischen Partnern und der EU-Spitze beraten. Bei einer Videokonferenz am Donnerstag gab es nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert eine «hohe Übereinstimmung» darüber, dass in der Schuldenkrise sowohl eine strenge Haushaltspolitik als auch Wachstumsimpulse nötig seien. Die beiden Punkte seien «keine Gegensätze». An der Videokonferenz nahmen der neue französische Präsident François Hollande, Italiens Regierungschef Mario Monti und der britische Premier David Cameron sowie EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso teil. Cameron bezeichnete das Gespräch in einer Erklärung als «konstruktiv».
Keine Teilnahme Putins
Auch bei der Gewalt in Syrien ist nicht mit einer Annäherung zwischen dem Westen und Russland zu rechnen, das traditionell eng mit Damaskus verbündet ist. Der neue, alte russische Präsident Wladimir Putin hat seine Teilnahme abgesagt - offiziell wegen der erst kürzlichen Übernahme der Amtsgeschäfte. Stattdessen reist Ministerpräsident Dmitri Medwedew an.
Konkreter sind die Pläne für Chicago, wo die Einzelheiten des Fahrplans für die Sicherheitsübergabe an die Afghanen festgeklopft werden sollen. Die Diskussionen in der Nato kreisen seit Monaten um die Zahl 2014 - und die damit verbundene Frage, wann der internationale ISAF-Kampfeinsatz endet.
Während Berlin immer wieder darauf pocht, dass ein Abzug der Kampftruppen Ende 2014 vereinbart wurde, kamen aus Frankreich, Australien und auch den USA zuletzt Äusserungen, die zumindest Raum für Interpretationen in dieser Frage liessen. Hier wird Hollande im Mittelpunkt stehen, der angekündigt hat, die Kampftruppen seines Landes bereits bis Ende dieses Jahres zurückzuholen.
Kluft zwischen Nato und Moskau
Zudem soll es darum gehen, wie der Aufbau der afghanischen Sicherheitskräfte auch nach 2014 finanziell unterstützt werden kann. Die USA sind bereit, in Zukunft den Grossteil der Kosten weiterhin zu schultern, fordern aber auch Beiträge der Partnerstaaten. Merkel sagte am Mittwoch bereits 150 Millionen Euro jährlich für die afghanischen Sicherheitskräfte zu.
Nach 2014 soll eine «neue Nato-geführte Trainings- und Unterstützungsmission» den ISAF-Einsatz ablösen, wie ein ranghoher Nato-Vertreter erläutert. «Von dem Gipfel können wir die Entscheidung für die Aufstellung dieser Mission erwarten.»
Der Nato-Gipfel soll ausserdem die sogenannte Anfangsbefähigung des Raketenabwehrschilds in Europa beschliessen - ein Schritt, der die Kluft zwischen der Militärallianz und Moskau vertiefen könnte. Russland sieht in dem Rüstungsprojekt eine Bedrohung für seine nationale Sicherheit, eine vereinbarte Kooperation beider Seiten bei dem Projekt kam nie wirklich zustande.
Russlands Generalstabschef Nikolai Makarow drohte kürzlich sogar, Raketen in der russischen Exklave Kaliningrad zu stationieren, um «die Infrastruktur des Raketenschilds in Europa zu zerstören». Der Streit ist womöglich der eigentliche Grund, warum Putin dem Doppelgipfel in den USA lieber fernbleibt.
AFP/kpn
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