Ballettschule streicht Profi-AusbildungsbereichConradin Cramer zur Schliessung an der BTB
Missbrauchsvorwürfe und fehlendes Geld: Die umstrittene Schule lässt die EFZ-Ausbildung fallen. Der Vorsteher des Erziehungsdepartements und eine Unterstützerin aus der Basler Politik nehmen Stellung.

Die Ballettschule Theater Basel (BTB) zieht weitere Konsequenzen: Nach dem Schuljahr 2022/2023 soll es keinen Lehrgang für Bühnentänzerinnen und Bühnentänzer mehr geben. Der Vorstand habe beim Kanton die Schliessung des EFZ-Bereichs (Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis) sowie organisatorische und finanzielle Unterstützung für diesen Prozess beantragt, heisst es in einer Mitteilung vom Mittwoch. Ob der Junior- und Hobby-Bereich fortgeführt wird, werde zurzeit noch geprüft.
Der Entscheid der BTB ist die Folge drohender Insolvenz. Nachdem «Bajour» und «NZZ am Sonntag» von Missständen und Missbrauchsvorwürfen berichtet haben, sei es «unrealistisch», die notwendigen Drittmittel aufzutreiben. Zudem hat auch der Grosse Rat von Basel-Stadt im November beschlossen, dass die Schule vom Kanton keine Finanzhilfe bekommt.
«Mit der Schliessung des EFZ-Bereichs verliert die Tanzwelt eine der erfolgreichsten Ballettschulen in Europa, und Basel verliert eine professionelle Ausbildungsstätte im modernen und klassischen Ballett, die einzige schweizweit, die beide Bereiche abdeckt», steht in der Medienmitteilung. «Und unsere Schüler*innen verlieren ihre Schule und ihr Heim. Das tut uns von Herzen leid.»
Untersuchung läuft
Der Fokus liege nun darauf, dass die Schülerinnen und Schüler im letzten Lehrjahr ihre Ausbildung «geordnet beenden» und ihre Abschlüsse erwerben können. Bei allen anderen sei die BTB darum besorgt, «befriedigende Anschlusslösungen» zu finden.
Unabhängig vom Entscheid, den Lehrgang einzustellen, würde die Untersuchung der Vorwürfe «weiter mit aller Sorgfalt vorangetrieben».
«Diese Entwicklung ist extrem schade.»
Adrienne Develey, Co-Präsidentin der BTB, war bisher für diese Zeitung nicht erreichbar. Im Regionaljournal Basel von SRF sagt sie aber, die Schülerinnen und Schüler seien am Dienstagabend informiert worden: «Es hat sehr viele Tränen gegeben.» 50 Jugendliche absolvieren aktuell die Ausbildung, davon werden 20 noch abschliessen können. Wie die Anschlusslösung für die anderen 30 aussieht, darüber könne sie jetzt noch nichts sagen. Der Entscheid, die Ausbildung aufzugeben, werde auch Entlassungen zur Folge haben.
LDP-Grossrätin Catherine Alioth hatte sich – noch vor den Missbrauchsvorwürfen – mit einer Motion für eine kantonale Finanzhilfe für die BTB eingesetzt. Nach der Bekanntgabe vom Mittwoch zeigt sie sich konsterniert. «Diese Entwicklung ist extrem schade. Ich finde das sehr traurig, dass die Schule nicht weitergeführt werden kann», sagt sie auf Anfrage. Dass gleich mehrere Schülerinnen und Schüler der Ballettschule für den diesjährigen Prix de Lausanne aufgeboten worden seien, zeuge von der hohen Qualität der Schule.
Es sei aber nachvollziehbar, dass der Entscheid zur Schliessung nicht länger habe warten können: «Das hat mit dem neuen Jahrgang zu tun. Man kann so natürlich keine neuen Auditions abhalten. Der Ruf der Schule hat unter diesen Vorwürfen gelitten. Es würden sich wahrscheinlich trotzdem begeisterte Tänzerinnen und Tänzer für den neuen Jahrgang finden lassen. Allerdings wäre es total unseriös, wenn man unter diesen Umständen so etwas weiterführt.»
«Ich glaube nicht, dass die Vorwürfe stimmen – aber man weiss es halt nicht.»
Zudem fehle es der BTB an den nötigen finanziellen Polstern, welche die Schule durch die turbulenten Zeiten bringen könnten. Das liege nicht zuletzt daran, dass der Lehrgang mittlerweile anstatt drei nun vier Jahre dauere. «Das hat die finanzielle Situation verschärft. Bei einem längeren Lehrgang braucht man mehr Lehrpersonal, weitere Probebühnen, eine teurere Infrastruktur also.»
Auf die Frage, ob sie die Medienmitteilung der BTB am Mittwoch überrascht habe, antwortet Catherine Alioth: «Überrascht ist das falsche Wort. Aber wir haben alles versucht, dass es mit der Ballettschule weitergeht. Ich bin natürlich froh, dass die Vorwürfe aufgearbeitet werden. Der Nachwuchs liegt mir am Herzen, und Schülerinnen und Schüler müssen in einem respektvollen, gesunden Umfeld gefördert werden. Ich glaube nicht, dass die Vorwürfe stimmen – aber man weiss es halt nicht.»
Conradin Cramer über die Schliessung
Für den Departementsvorsteher des Erziehungsdepartements Conradin Cramer kam die Nachricht natürlich nicht ganz so überraschend. Der Entscheid zur Schliessung der Lehrgänge sei «bedauerlich» und «ein grosser Verlust», sagt Cramer gegenüber dieser Zeitung.
Auf die Frage, was nun mit den Lehrlingen der Basler Ballettschule passiere, antwortet Cramer: «Die Lehrlinge der EFZ-Ausbildung sollen die Möglichkeit haben, die Ausbildung abzuschliessen. Die Schweizer Auszubildenden in Zürich, Luzern oder Genf. Die ausländischen Lehrlinge suchen den Anschluss dagegen an ausländischen Schulen.»
«Die strukturellen Finanzprobleme waren schon davor da.»
Zudem erklärt der Vorsteher des EDs: «Die strukturellen Finanzprobleme waren schon davor da. Der Kanton möchte nun helfen, die Schliessung sauber abzuwickeln. Welche Mittel dafür aufgewendet werden, wird nun abgeklärt werden müssen.»
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