Erstklässler im SchulbaumgartenBäume pflanzen macht Spass
Seit rund zehn Jahren pflanzen Wenslinger Primarschüler im Herbst Apfel- und Birnenbäume.

So macht Schule Spass. 13 Wenslinger Primarschülerinnen und -schüler haben auf einem Anhänger Platz genommen. Sie lassen sich von einem Traktor den Hang hochziehen. Es ist wieder Zeit, Bäume zu pflanzen. Verwurzelungsbäume. Regula Waldner, Präsidentin des Natur- und Vogelschutzvereins Wenslingen, stellt das Projekt vor: «Die Kinder pflanzen je einen Baum im ersten Schuljahr und sind dessen Patin oder Pate, bis sie in die Sekundarschule wechseln. Wie die Bäume können die Kinder hier Wurzeln schlagen.» Es sei ein Projekt, das Identität stifte. Eines, das durch die Pflege der Bäume Generationen zusammenführe: Kinder, Eltern, Grosseltern.
Gemeindepräsident Andreas Gass, selber Landwirt, betont einen anderen Wert: Er staune manchmal, wie wenig die Leute über die Produktion von Nahrungsmitteln wüssten. «Aber das ist der Lauf der Zeit», zuckt er fatalistisch mit den Schultern, «grundsätzlich ist es wichtig, dass Kinder wissen, woher das Essen kommt, doch selbst auf dem Dorf ist das nicht mehr selbstverständlich.» Die Äpfel beispielsweise, die für viele nicht vom Baum, sondern vom Detailhändler kämen. Geschält von der Mutter und schliesslich von ihr in Schnitze geteilt. «Man kann einem Kind auch zeigen, dass man einen Apfel, in dem ein Wurm steckt, trotzdem essen kann», fährt Gass fort, «man muss nur das Wurmhäuschen schnell rausschneiden.»
Das sagen die Kinder
Gedanken, die sich der sechsjährige Enrico noch nicht gemacht hat. Er hat soeben seinen ersten Baum gepflanzt. Ein Apfelbäumchen der Sorte Adams Parmäne. «Bäume pflanzen macht mir Spass, weil man schaufeln kann», gibt er zu Protokoll. Die siebenjährige Mara hat eine andere Vorliebe: «Ich spiele gerne mit Dreck.» Jeder der Bäume trägt Äpfel oder Birnen, jedoch immer eine andere, alte Sorte – darunter solche wie Goldjuwel, Edelchrüsler, Finkenwerder Prinz und Ananas Reinette. Oder die Schweizerhose, eine Birne, die ihren Namen in Anlehnung an die Uniform der Schweizergarde trägt und die Regula Waldner nicht ohne Stolz in die Runde zeigt.
Noch bis 2023 wird der Schulbaumgarten erweitert; dann soll mit dem 90. Baum genug gepflanzt sein. Ab diesem Zeitpunkt wird nur noch gepflegt. Die Hochstämme mit den alten Sorten sollen «auf kleinem Raum grosse Biodiversität schaffen», sagt Waldner. An den Bäumen hängen Vogelhäuser, die meisten davon seien bewohnt. Geschaffen werde Lebensraum für Gartenschläfer, Siebenschläfer, Insekten, in alten Bäumen auch für Fledermäuse. Als vergangenen Samstag die Löcher für Pflanzungen gegraben worden seien, hätten sich Gämsen zwischen den Hochstämmen vergnügt. Gleichzeitig werde die genetische Vielfalt der Früchte erhalten. «Das Projekt zeigt», so Regula Waldner, «wie sich Landwirtschaft, Naturschutz, Schule und Umweltbildung ergänzen.»
Skepsis und Lehrerland
Anfänglich sie die Skepsis vonseiten des Gemeinderats gross gewesen, bestätigt Andreas Gass mit einem Nicken. Oft würden Pflanzprojekte damit enden, dass sich niemand mehr um die Bäume kümmern wolle, sobald deren Wurzeln mit Erde bedeckt seien. «Wir mussten zusammen mit der Schule das Gegenteil beweisen», sagt Waldner. Eine Verbindlichkeitserklärung stehe für die Zusicherung, die Bäume nicht verwahrlosen zu lassen.
Daheim ist der Schulbaumgarten leicht ausserhalb der Siedlung, wo früher das Lehrerland lag. Das war nie ein Land, in dem überall prächtig Lehrer gediehen. Das Lehrerland galt als Lohnbestandteil. Es wurde früher dem Dorflehrer überlassen, damit dieser darauf Grundnahrungsmittel produzieren konnte. Inzwischen sind Primarschüler und private Paten in die Fussstapfen der Lehrer getreten. Unterstützt wird das Projekt letztlich durch Sponsoren. Der Verein Tafeljura finanzierte die Bäume. Für die Ökowiese mit ihren Bäumen fliessen zudem Subventionen. Etwas ist von den Lehrern doch noch geblieben: Sie kommen regelmässig mit ihren Klassen zum Schulbaumgarten. Es lasse sich hier bestens unterrichten, bestätigt Lehrerin Ursula Mauderli.
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