Zum Tod von Michael E. DreherAutofan, politischer Flammenwerfer, charmanter Gesprächspartner
Der Gründer der längst verblichenen Auto-Partei und einstige Zürcher Nationalrat ist am 22. Mai im Alter von 79 Jahren gestorben.

Der Tod von Michael E. Dreher, Zürcher Nationalrat von 1987 bis 1999, erinnert daran, dass grenzwertige Brandrhetorik keine Neuentwicklung des Social-Media-Zeitalters ist.
In Drehers zweitem Jahr als Parlamentarier berichtete der «Blick» auf seiner Titelseite, der Politiker der damaligen Auto-Partei habe über Grüne und Linke gesagt: «Die muss man an die Wand nageln und mit dem Flammenwerfer drüber.»
Dreher sah sich zu einer Rechtfertigung im Nationalratssaal genötigt. Tatsächlich gesagt habe er nämlich: «Sehen Sie, unsere Argumente sind so stark, damit können Sie jeden politischen Gegner an die Wand nageln und gleich noch den Flammenwerfer hinterherschicken.»
Urahn des «Vulgärbürgerlichen»
Dass Dreher diese feine Nuance ins Spiel brachte, nützte ihm natürlich nichts. Seither galt er als erster «Vulgärbürgerlicher» und ist damit ein Urahn der Generation Glarner und Köppel.
Michael E. Dreher (das E. steht für Ernst) wurde 1944 in Schaffhausen in kleinbürgerliche Verhältnisse geboren. Er besuchte das Gymnasium und fiel in der Schülerverbindung Scaphusia durch sein lockeres und scharfes Mundwerk auf.
Dreher studierte in Zürich Recht, in St. Gallen Betriebswirtschaft und brachte es im Militär zum Hauptmann. Seine politische Wahlheimat war zwar die FDP. Aber die Freisinnigen waren für seinen Geschmack zu staatstragend, zu lau. Auch störten ihn die «führungsschwachen Parteifunktionäre», die den Ton angaben.
Anfang der 80er-Jahre gründete Dreher zuerst eine «Gesellschaft für weniger Staat» namens «Hopp Schwiiz», dann die «Bürgeraktion». Diese warb in dreherscher Manier zugespitzt für freiheitliche Positionen. Später erzählte er, dass er dafür von führenden Freisinnigen unter der Hand finanziell unterstützt worden sei, und zwar nicht zu knapp.
Für den begeisterten Fahrer einer Chevrolet Corvette – und einer Reihe anderer auffälliger Modelle – brachte die aufkommende Debatte übers Waldsterben den politischen Durchbruch. «Mein Auto fährt auch ohne Wald», verkündete er. 1985 gründete er die Auto-Partei.
Drehers Feldzug gegen grünen «Umweltschwindel» brachte der Partei schon 1987 genügend Wählerstimmen für zwei Nationalratssitze ein. Einer davon ging an den Gründer selbst, der andere an Jürg Scherrer, der später in die Bieler Stadtregierung gewählt wurde.

Die Fraktion wuchs 1991 auf acht Sitze an. Dann verblasste der Stern der Ein-Thema-Partei. Die Umbenennung in Freiheits-Partei beschleunigte noch den Niedergang. 1999 verlor Dreher sein Amt. Das Protestwählerpotenzial wurde von der SVP aufgesogen. Ihr trat Dreher später folgerichtig bei.
Mike, wie ihn Freund und Feind nannte, hatte auch andere Seiten. Als Anwalt, Konsulent und Immobilienhändler war er ausgezeichnet vernetzt und finanziell erfolgreich. Und privat war er ein charmanter Gesprächspartner, der Anekdote an Anekdote reihte.
Unterwegs im Tram
Gern erzählte er, dass er in Zürich schon lange nicht mehr Auto fahre, weil ihn die Tramlinie 4 zuverlässig an seine Lieblingsorte bringe: vom Parkplatz in Tiefenbrunnen zum Opernhaus und zu den Restaurants Kronenhalle und Veltliner Keller.
Dreher führte lange Jahre in Küsnacht am Zürichsee eine glückliche Ehe. Von seiner nachlassenden Gesundheit und den zunehmenden Altersgebrechen liess er sich den Frohsinn nicht verderben. Aber ein Thema trieb ihm noch nach Jahren Tränen in die Augen: der frühe und tragische Tod des einzigen Sohnes.
Michael E. Dreher ist am letzten Montag im Alter von 79 Jahren gestorben. Sein Büro hat die entsprechende Meldung der «Weltwoche» bestätigt. Eine öffentliche Trauerfeier ist nicht geplant.
In einer ersten Version dieses Nachrufs war das Todesdatum falsch angegeben. Michael E- Dreher ist am Montag, 22. Mai 2023, verstorben.
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