Maas wirft wegen «Netzpolitik»-Affäre Generalbundesanwalt raus
Deutschlands Generalbundesanwalt Harald Range leitete Untersuchungen gegen Blogger wegen Landesverrats ein. Jetzt entlässt ihn der Justizminister.
In der Affäre um die Landesverratsermittlungen gegen den Internetblog Netzpolitik.org trennt sich der deutsche Justizminister Heiko Maas von Generalbundesanwalt Harald Range. Sein Vertrauen in Range sei «nachhaltig gestört», sagte Maas in Berlin.
Er werde noch im Laufe des Tages im Einvernehmen mit dem Kanzleramt beim Bundespräsidenten Ranges Versetzung in den Ruhestand beantragen, sagte der SPD-Politiker. Neuer Generalbundesanwalt solle der Münchner Generalstaatsanwalt Peter Frank werden.
Vorwurf des Landesverrats
Range hatte dem Justizministerium einen Eingriff in die Unabhängigkeit der Justiz vorgeworfen. Maas wies dies zurück. «Die Äusserungen und das von Generalbundesanwalt Range heute gewählte Vorgehen sind nicht nachvollziehbar und vermitteln der Öffentlichkeit einen falschen Eindruck», sagte Maas vor Journalisten.
Range steht seit einigen Tagen in der Kritik, weil er Ermittlungen gegen die verantwortlichen Journalisten bei Netzpolitik.org eingeleitet hatte. Ihnen wird Landesverrat vorgeworfen, weil sie unter anderem interne Pläne des Bundesamtes für Verfassungsschutz zum Ausbau der Überwachung von Internetinhalten veröffentlicht hatten.
Maassen stellte Strafanzeigen
Ausgangspunkt für die Ermittlungen waren demnach Strafanzeigen von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maassen. Das Internet-Portal hatte im Februar und April dieses Jahres über interne Pläne des Bundesamts für Verfassungsschutz zur nachrichtendienstlichen Auswertung von Internetkommunikation berichtet.
Der Artikel vom 25. Februar trug den Titel «Geheimer Geldregen: Verfassungsschutz arbeitet an Massenauswertung von Internetinhalten», der Artikel vom 15. April erschien unter der Überschrift «Geheime Referatsgruppe: Wir präsentieren die neue Verfassungsschutz-Einheit zum Ausbau der Internet-Überwachung».
Über die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft hatten zunächst Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR berichtet. Deren Angaben zufolge gab es seit Jahrzehnten kein derartiges Verfahren gegen Journalisten in Deutschland mehr.
Heikler Vorwurf
Der Vorwurf des Landesverrats gegen Journalisten gilt als politisch heikel. Nach der «Spiegel«-Affäre Anfang der Sechzigerjahre, in der ein solcher Vorwurf erhoben wurde, hatten Juristen und Politiker eindringlich vor einer Drangsalierung des unabhängigen und kritischen Journalismus in Deutschland gewarnt. Dabei geht es immer um eine Abwägung zwischen strikter Geheimhaltung und dem zentralen Grundrecht auf Pressefreiheit.
Die jetzige Entwicklung erfolgt vor dem Hintergrund einer monatelangen Auseinandersetzung zwischen Regierung, Opposition und Medien. Das Kanzleramt hatte mehrmals mit Strafanzeigen gedroht – etwa im Zusammenhang mit der Veröffentlichung geheimer Dokumente zur Affäre um die Lauschaktivitäten des US-Nachrichtendiensts NSA.
Dabei ging es aber stets nur um den Verdacht des Verrats von Dienstgeheimnissen. Dieses Delikt wird nicht von Karlsruhe, sondern von Staatsanwaltschaften der Bundesländer bearbeitet.
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