Auch in der Katastrophe geht es Japans Politikern nur um die Macht
Japan brauche jetzt eine Regierung der nationalen Einheit, sagte Premier Naoto Kan am Samstag. Er forderte die Opposition auf, mit seiner Partei (DPJ) eine grosse Koalition zu bilden. Und Oppositionsführer Sadakazu Tanigaki bot er den Posten eines Vizeregierungschefs an.

Oppositionsführer Tanigaki war seit dem Erdbeben von den Bildschirmen verschwunden, wie fast alle Politiker der Liberaldemokratischen Partei (LDP), die Japan ein halbes Jahrhundert lang bis 2009 regiert hatte. Wollte er vermeiden, dass man ihn nach der LDP-Verantwortung für die Katastrophe fragte? Schliesslich war es die LDP, die den Filz schuf, der es Japans AKW-Betreibern erlaubte, die ohnehin ungenügenden Vorschriften zur Sicherheit zu unterlaufen und ungestraft Protokolle zu fälschen. Es war die LDP, die dem Widerstand an AKW-Standorten das Maul stopfen liess. Und es war die LDP, die in Japan eine systemweite Korruption institutionalisierte, «Amakudari» genannt. Wörtlich bedeutet das «vom Himmel heruntergestiegen». «Amakudari» nennt man jene Chefbeamten, denen die Ministerien nach ihrer Pensionierung zu hoch bezahlten Beraterstellen in Firmen verhelfen, die sie zuvor hätten kontrollieren sollen. Damit ist Korruption beinahe garantiert. Und kein anderer Wirtschaftszweig ist über «Amakudari» so eng vernetzt mit der Macht wie die Atomwirtschaft.