Ausgelassenheit in Gelb und Blau
Der HC Davos feierte seinen 30. Meistertitel ohne Rücksicht auf Pokal und Material.
Von Philipp Muschg Brandneu war der Pokal, den Willy Vögtlin, Leiter Spielbetrieb der Liga, vor einer Woche beim Hersteller abgeholt hatte. 1300 Autokilometer hatte die Trophäe zurückgelegt, ehe der HC Davos sie am Dienstag im dritten Anlauf eroberte. Einmal in Händen der Bündner, dauerte es dann nur wenige Minuten, ehe das gute Stück verfremdet war: Statt eines goldenen Pucks barg es zerbeulte Bierdosen, am oberen Rand war der orange Plastik abgebrochen. Ob das ganze Gebilde nur noch von Klebeband zusammengehalten wurde, musste offenbleiben. Der HCD feierte seinen 30. Meistertitel mit gebührender Ausgelassenheit. Während Arno Del Curto draussen Interview an Interview reihte, platzte die Klotener Gästekabine aus allen Nähten. In einer Ecke wurden Playoff-Bärte geschoren, auf der Bank beim Eingang zogen zwei Verwaltungsräte an dicken Zigarren, ein Dutzend Kameras und ein Vielfaches an Journalisten drängten sich zwischen feiernden Spielen – auf der Suche nach Zitaten, auf der Hut vor Bierattacken durch die Helden des Abends.Als Einpeitscher des Meisterjubels taten sich Gregory Sciaroni und die Wiesers hervor. Der Tessiner dürfte bei seinem ersten Meistertitel mehr Bier auf Textilien geschüttet haben als irgendein anderer, die Prättigauer spielten ihre Rolle als Festbrüder gleich zu dritt. Chef vom Wald und DJ Marha Neben Dino und Marc war nämlich auch Vater Roman vor Ort, der sämtliche Meisterspieler mit der gleichen Unnachgiebigkeit und Leidenschaft umarmte, mit der seine Söhne Eishockey spielen. Roman ist ihr grösster Fan und eigentlich Revierförster in Küblis. «Chef vom Wald», korrigierte Marc, ehe er weiter durch die rauchgeschwängerte Garderobe wankte. Dort bestimmte inzwischen Josef Marha das Musikprogramm. Der Tscheche, der in seiner zehnten Saison beim HCD den fünften Titel gewann, spielte «Celebrate» von DJ Bobo. «Ihr solltet stolz sein, er ist Schweizer!» konterte er grinsend, als sich Protestrufe erhoben.Davor war das Musikprogramm weniger überraschend. Das obligate «We Are the Champions» lief in Endlosschlaufe, als der Promillepegel noch tief und der Meisterpokal noch ganz war. Petr Taticek profilierte sich als Tänzer neben Samuel Guerra, dem zuletzt überzähligen U-18-Nationalspieler, der zwischen Trainingslager und Junioren-WM zur Meisterparty fuhr.Gleich neben dem Platz von Torhüter Leonardo Genoni lehnte Marcel Kull an der Wand. Der Davoser Goalietrainer hält sich gerne im Hintergrund, doch für einen Moment legte er seine Zurückhaltung ab: «Fünf Titel in zwölf Jahren, das ist nicht so schlecht», blickte er auf sein Wirken zurück. Dann besann er sich augenzwinkernd: «Aber ich habe ja keine einzige Scheibe gehalten!»Das kann sein Schützling nicht von sich sagen. Nachdem er wochenlang geschwiegen hatte, war Leonardo Genoni ein gefragter Mann. Wie es weitergehe an diesem Abend, wurde er gefragt. «Keine Ahnung, ich laufe einfach der Mannschaft hinterher – wie sonst auch. Ich bin immer der Hinterste.» Grossmann zieht die Hose aus Tatsächlich ist Genoni einer der Letzten, auf den die Fans in der Halle warten mussten. Sie erhofften sich Souvenirs von den noch immer ungeduschten Meistern, Stöcke oder Handschuhe. Als Robin Grossmann damit nicht dienen konnte, forderten sie seine Hose – nach kurzem Zögern zog er sie aus. Dann zog auch die Party aus. Um halb eins fuhr der Davoser Car vom Parkplatz, nach einem feuchtfröhlichen Zwischenhalt in Wädenswil ging die Feier im Heimstadion in die nächste Runde. Für die meisten war es kaum die letzte dieser langen Meisternacht. Unermüdliche Taktgeber: Tallarini, Sciaroni , Marc Wieser. Fotos: Nicola Pitaro (2)/Key 5. Meisterjubel mit Davos: Josef Marha. Schon ramponiert: der neue Pokal.
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