Aus für 24-Stunden-Tankstellenshops: «Widerspricht dem Menschenverstand»
Das Bundesgericht hat die nächtliche Schliessung von sieben Zürcher Tankstellenshops besiegelt. Künftig dürfen die Shops zwischen 1 und 5 Uhr nur noch Benzin und Bistro-Kleinigkeiten verkaufen. BP reagiert scharf.

Nach Ansicht der Richter in Lausanne kann die Mehrheit der Bevölkerung auf Einkäufe nachts zwischen ein und fünf Uhr verzichten, ohne dies als grossen Mangel zu empfinden.
Mit seinem Entscheid hat das Bundesgericht die Beschwerde von drei BP-Tankstellen abgewiesen. Insgesamt führen sieben Tankstellen von BP, Shell und Esso im Raum Zürich, Winterthur und beim Flughafen seit über zehn Jahren ihre Shops im 24-Stunden-Betrieb, was von den Behörden lange toleriert wurde.
2008 verweigerte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) dann den Betreibern die dazu erforderliche Bewilligung für Nachtarbeit, was vom Bundesverwaltungsgericht im vergangenen Oktober bestätigt wurde. Das Bundesgericht hat mit seinem Urteil nun die definitive Schliessung der Shops zwischen ein und fünf Uhr nachts besiegelt.
Bistro-Betrieb weiter zulässig
Aufgrund einer vorsorglichen Anordnung des Bundesgerichts war den Läden bis zum Abschluss des höchstrichterlichen Verfahren die Nachtöffnung vorerst erlaubt geblieben. Zulässig ist laut dem Urteil aus Lausanne auch weiterhin die durchgehende Öffnung der Tankstellen selber sowie der angegliederten Bistro-Betriebe.
In seinem Entscheid hält das Gericht fest, dass Nachtarbeit nur erlaubt werden kann, wenn sie «unentbehrlich» ist. Das sei bei Tankstellenshops nicht der Fall. Zwar möge für bestimmte Interessengruppen durchaus der Wunsch bestehen, auch in der Nacht Produkte wie Tiefkühlkost und Ähnliches einkaufen zu können.
Solche Bedürfnisse könnten jedoch in zumutbarer Weise während der ordentlichen Arbeits- und Öffnungszeiten abgedeckt werden. Das gelte auch für Personen, die selber in der Nacht arbeiten würden. Von der Mehrheit der Bevölkerung werde das Fehlen der fraglichen Waren in der Nacht nicht als erheblicher Mangel empfunden.
Domino-Effekt befürchtet
Nichts zu ihren Gunsten ableiten konnten die Beschwerdeführer aus verschiedenen Zeitungsumfragen, wonach die Bevölkerung ein Rund-um-die-Uhr-Angebot wünschen würde. Laut Bundesgericht kommt diesen Erhebungen kein wissenschaftlicher Wert zu.
Die Richter in Lausanne weisen weiter darauf hin, dass auch den anderen rund 1200 Tankstellenshops in der Schweiz eine Nachtarbeitsbewilligung ausgestellt werden müsste, wenn hier eine Ausnahme gemacht würde. Dies würde das Nachtarbeitsverbot aushöhlen und zu Marktverzerrungen führen.
Falls sich die Bedürfnisse der Bevölkerung tatsächlich geändert haben sollten, ist es laut Gericht am Gesetzgeber, die Regeln allenfalls anzupassen. Der Bundesrat habe sich allerdings zuletzt 2008 dahingehend geäussert, dass in absehbarer Zeit keine weiteren Liberalisierungsschritte in Angriff genommen würden.
Sowieso Personal vor Ort
Ein gewisses Verständnis zeigte das Bundesgericht für das Argument der Betreiber, dass für den Tankstellen- und Bistrobetrieb sowieso rund um die Uhr Personal vor Ort sei. Das dieses nicht auch im Shop arbeiten darf, ist laut Gericht eine Folge der unterschiedlichen arbeitsrechtlichen Vorschriften für die verschiedenen Bereiche.
Schliesslich könnten sich die Beschwerdeführer auch nicht auf das Vertrauensprinzip berufen, indem die Nachtöffnung lange toleriert worden sei. Das Seco habe den 24-Stunden-Betrieb nie erlaubt und den mit der Bewilligungsverweigerung verbundenen Problemen durch eine angemessene Übergangsregelung Rechnung getragen.
BP-Sprecherin: «Widerspricht dem gesunden Menschenverstand»
BP Schweiz bedauert den Entscheid des Bundesgerichts. Wie BP- Sprecherin Isabelle Thommen auf Anfrage der SDA erklärte, widerspreche das Urteil dem gesunden Menschenverstand. «Wie soll man einem Kunden erklären, dass er in der Nacht zwar eine Tasse Kaffe und Autozubehör kaufen darf, aber keine Tiefkühlpizza?»
Für das Personal erwartet sie deshalb «viele schwierige Situationen». Ob der Entscheid Auswirkungen auf das Personal hat, kann Thommen nicht sagen. Es liege an den Pächtern zu entscheiden, ob die Tankstelle auch mit eingeschränktem Sortiment noch rentiere.
(Urteil 2C_748/2009 vom 15.7.2010; BGE-Publikation)
SDA/cim/ep
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