Atomstrom nur noch aufVerlangen
In Wallisellen liefern die Werke ab Januar 100 Prozent Naturstrom für alle – automatisch. Wer nicht reagiert, zahlt mehr.
Von Christian Wüthrich Wallisellen – Erst seit wenigen Monaten darf sich die Gemeinde Wallisellen mit dem Label Energiestadt schmücken. Nun gehen die Werke Wallisellen AG noch einen Schritt weiter. Ab nächstem Jahr liefern sie nicht mehr den billigsten verfügbaren Atomstrom an alle Haushalte, sondern lassen als Standard neu 100 Prozent erneuerbare Energie aus den Steckdosen fliessen. «Dass wir die Leute zu ihrem Glück zwingen, ist vielleicht etwas zu provokativ gesagt», meint Markus Attiger, Geschäftsführer der Werke. Schliesslich könne jedermann auch in Zukunft noch den ganz billigen Basismix wählen. Allerdings muss man sich dafür ab sofort dafür wehren. Neu muss der Konsument Nein sagen, wenn er den umweltfreundlicheren Naturstrommix nicht will – bislang musste er ausdrücklich Ja sagen, wenn er den teureren Ökostrom wollte. Pikant am neuen Automatismus ist, dass so für einen Durchschnittshaushalt mit vier Personen die Stromrechnung jährlich um etwa 40 Franken höher ausfällt. «Wir haben auf breiter Front informiert» sagt Markus Attiger. Auch über den Kanal des Lokalfernsehens Televista habe man die Bevölkerung auf die Änderung im Strombezug hingewiesen. Ein ausdrücklicher Auftrag des Gemeinderats für den Praxiswechsel fehlt allerdings. Kritik vom Konsumentenschutz «Es ist problematisch, wenn Verbraucher plötzlich selber aktiv werden müssen, um etwas nicht zu erhalten», hält dazu Sara Stalder, Geschäftsführerin der Stiftung für Konsumentenschutz, fest. Sie spricht von einem «falschen Weg»: Ohne politischen Auftrag könne man so eine Änderung nicht einführen. Für Peter Forrer, Präsident des Forums pro Wallisellen, ist die Aktion der Werke hingegen «sehr erfreulich». Er hatte vor drei Jahren mit einer Petition angeregt, dass sich die Gemeinde um das Energiestadt-Label bemühen sollte. Dass es mit dem Atomausstieg so schnell vorwärtsgeht, hätte er nicht gedacht. In der Stadt Zürich ist Naturstrom seit 2006 Standard im Angebot. In Zürich hatte das Stadtparlament dem entsprechenden Vorgehen ausdrücklich zugestimmt. Letztlich haben dort nur 10 Prozent keinen Naturstrom gewollt. In Wallisellen will Werke-Geschäftsführer Attiger daher an der neuen Praxis festhalten. Auch wenn es teilweise gehässige Reaktionen und rund 200 Briefe gegeben habe, in denen das Vorgehen nicht goutiert wurde. Roland Mörgeli, Verwaltungsrat der Werke und FDP-Gemeinderat von Wallisellen, räumt ein, dass seine «freisinnige Seele» schon Mühe habe mit der Art, wie er nun zu umweltfreundlichem Strom komme. «Ohne sanften Druck geht es aber wohl nicht.»
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