Atom-Referendum in Bulgarien gescheitert
Wegen zu tiefer Stimmbeteiligung: Das Referendum über den Bau eines neuen Atomkraftwerks in Bulgarien ist ungültig. Die Mehrheit der Bürger, die an die Urne gingen, sagte Ja zum AKW.

In Bulgarien ist nach vorläufigen amtlichen Angaben ein Referendum zum Bau eines neuen Atomkraftwerks an der geringen Stimmbeteiligung gescheitert. Weniger als jeder Vierte ging am Sonntag an die Urne: An der Abstimmung hätten nur etwa 1,5 Millionen der 6,9 Millionen Stimmberechtigten teilgenommen, teilte die Zentrale Wahlkommission (ZIK) am Montag in Sofia mit. Das entspricht 21,7 Prozent Stimmbeteiligung. Für ein verbindliches Ergebnis wären mehr als 60 Prozent erforderlich gewesen.
Von den Teilnehmern am Referendum stimmten den ZIK-Angaben zufolge 60,5 Prozent für das mit Russland geplante Projekt Belene. 38,0 Prozent lehnten es ab. Die Regierung hatte das Projekt 2012 aus Kostengründen beim russischen Lieferanten Atomstrojexport storniert.
Parlament muss entscheiden
Sollte die Wahlkommission eine Wahlbeteiligung über der 20-Prozent-Marke bestätigen, müsste das Parlament binnen drei Monaten über den Bau des Atomkraftwerks in Belene entscheiden.
Ministerpräsident Bojko Borisow hatte bereits angekündigt, dass seine bürgerliche Gerb-Partei das Belene-Projekt bei einer Abstimmung im Parlament ablehnen werde. Ein Endpreis von mehr als 10 Milliarden Euro sei für das ärmste EU-Land untragbar hoch, begründet Borisow immer wieder.
Statt Belene möchte Borisows Regierung im alten Atomkraftwerk Kosloduj an der Donau einen neuen Reaktor bauen lassen. Dort waren als Voraussetzung für den EU-Beitritt des Landes vier der insgesamt sechs Reaktoren sowjetischer Bauart stillgelegt worden.
Sozialisten wollen Projekt wiederbeleben
Die oppositionellen Sozialisten, die das Referendum über Belene durchgesetzt hatten, feierten trotz der niedrigen Wahlbeteiligung einen Etappensieg. Parteichef und Ex-Regierungschef Sergei Stanischew versprach, dass die Sozialisten das Belene-Projekt wiederbeleben würden, sollten sie die Parlamentswahlen im Juli gewinnen.
Das Ergebnis der Abstimmung sei eine persönliche Niederlage und ein Misstrauensvotum gegen Regierungschef Bojko Borisow, sagte Stanischew am Sonntag. Im Vorfeld hatte Ex-Staatspräsident Georgi Parwanow Borisow zum Rücktritt aufgefordert, sollte die Mehrheit der Wähler bei dem Referendum mit Ja stimmen. Borisow wiederum wirft den Sozialisten korrupte Machenschaften um Belene vor.
Zehn Milliarden Euro teuer
Die sozialistische Opposition hatte das Referendum initiiert, um die Regierung zu zwingen, die Pläne für ein zweites Kraftwerk in Kooperation mit Russland wieder aufzunehmen.
2008 hatten die damals regierenden Sozialisten den Vertrag mit dem russischen Nuklearkonzern Atomstrojexport unterzeichnet. Im vergangenen März zog die prowestliche Regierung von Ministerpräsident Borisow das Abkommen allerdings mit dem Verweis auf die hohen Kosten zurück.
SDA/mal
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