Applaus für Hamas-Chef in Ankara
Ismail Haniya wird auf seiner ersten Auslandreise in Ankara warm empfangen. Palästinenserpräsident Abbas bereitet unterdessen neue Friedensgespräche vor – mit einer Drohung.

Es ist ein symbolträchtiger Besuch: Der Chef der Hamas-Regierung im Gazastreifen, Ismail Haniya, ist zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt 2007 auf Auslandreise. Im türkischen Parlament in Ankara wurde er besonders warmherzig empfangen – es gab stehenden Applaus von den Abgeordneten der Regierungspartei AKP.
Haniya setzte heute seine Auslands-Tour fort, die ihn morgen nach Tunesien führen soll. Als Haniya in den Sitzungssaal der AKP-Partei trat, in dem Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan gerade die Aussöhnung von Haniyas Hamas mit verschiedenen anderen Palästinensergruppen würdigte, spendeten ihm die Abgeordneten demonstrativ Beifall. Die Hamas wird von Israel als terroristische Organisation angesehen. Erdogan hingegen bescheinigte der Hamas, ihre «Widerstandskämpfer» verteidigten ihr eigenes Land.
Symbolträchtiges Schiff besucht
Nach Stationen in Ägypten und Sudan begab Haniya sich in die Türkei, wo er gestern das Schiff «Mavi Marmara» besichtigte, das 2010 auf seinem Weg in den Gazastreifen von einem israelischen Kommando gestürmt wurde. Seither haben sich die einst guten Beziehungen zwischen Israel und der Türkei spürbar abgekühlt.
Bei der Erstürmung der «Mavi Marmara» waren neun türkische Bestzungsmitglieder getötet worden. Die israelische Armee gab ihrerseits an, aus Notwehr gehandelt zu haben. Die Türkei erwartet dafür eine Wiedergutmachung. Mit seinem harten Kurs gegenüber seine einstigen Verbündeten in Jerusalem versucht Erdogan aber auch, sich in den von Umbrüchen geprägten arabischen Staaten zu profilieren. Für Israel ist ein Schuldeingeständnis in der Angelegenheit politisch heikel, weil die Regierung auf der seit Jahren andauernden Blockade des Gazastreifens besteht.
Abbas droht Israel
Vertreter der palästinensischen Autonomiebehörde, die im Westjordanland an der Macht ist, bereiten das diplomatische Terrain unterdessen für neue Friedensgespräche mit Israel vor. Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas versuchte seine Verhandlungsposition bereits im Vorfeld zu stärken und hat im Falle des Scheiterns der geplanten Gespräche mit «neuen Massnahmen» gegen Israel gedroht. Falls die Friedensverhandlungen nicht bis zum 26. Januar wieder aufgenommen würden, werde man zu alternativen Mitteln greifen, die «hart sein könnten», sagte Abbas in Ramallah.
Eine solche Massnahme könnte eine diplomatische Initiative bei den Vereinten Nationen sein, die den Palästinenser mehr Anerkennung brächte und damit Israel in der UN weiter isolieren würde. Die israelischen und palästinensischen Unterhändler wollten heute im Laufe des Tages in der jordanischen Hauptstadt Amman zusammentreffen, um über eine mögliche Wiederaufnahme der Friedensgespräche zu beraten. Die Verhandlungen liegen seit September 2010 auf Eis.
Siedlungen als Kernproblem
Kern des Streits ist der anhaltende Siedlungsbau von Israelis im Westjordanland. Für die Palästinenser ist der Siedlungsstopp eine Bedingung für die Fortsetzung der Gespräche. Ausserdem soll sich Israel dazu bereit erklären, die bereits existierenden Siedlungen im Westjordanland aufzugeben und sich hinter die Grenzen von 1967 zurückzuziehen. Wenn Israel diese Bedingungen akzeptiere, «werden wir wieder verhandeln», sagte Abbas.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat die Aufgabe der Siedlungen jedoch bereits abgelehnt, bot aber an, ohne Bedingungen sofort mit den Friedensverhandlungen zu beginnen. Derzeit leben etwa 500'000 Israelis unter dem Schutz der israelischen Armee im Westjordanland. Allerdings hat Israel ausgeschlossen, sich mit Vertretern der radikalislamischen Hamas an einen Tisch zu setzen. Israel stuft die 1987 gegründete Hamas als Terrorgruppe ein. Derzeit nähert sich die Hamas der Palästinensischen Befreiungsbewegung von Präsident Abbas an. Zwischen den beiden Palästinenserorganisationen war nach den Wahlen von 2006 ein eigentlicher Bruderkrieg entbrannt.
Vermittelt wurden die Sondierungsgespräche zwischen Palästinensern und Israeli vom sogenannten Nahost-Quartett, das sich aus den USA, Russland, der EU und der UN zusammensetzt. Im vergangenen September hatte das Quartett einen Vorstoss gemacht, die Gespräche wiederzubeleben und rief eine viermonatige Frist aus, innerhalb derer neue Vorschläge gemacht werden sollten. Nach palästinensischer Interpretation läuft diese Frist am 26. Januar ab.
dapd/afp/ami
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