Anwälte und Unterstützer kämpfen für Julian Assange
Am kommenden Montag beginnt in London die Anhörung des Wikileaks-Gründers zur Auslieferung in die USA.

Wenn sein Sohn endlich wieder frei sei, sagt sein Vater, John Shipman, dann wolle er mit ihm gemeinsam den Jakobsweg in Spanien entlangwandern. Shipman trägt einen anderen Namen als sein Sohn, derzeit einer der berühmtesten Häftlinge der Welt: Julian Assange. Sein Sohn sei, berichtete der Vater am Rande einer Pressekonferenz am Dienstag in London, in einem physisch wie psychisch sehr schlechten Zustand, aber er gehe jeden Tag in seiner Zelle auf und ab und zähle die Schritte, um sich innerlich vorzubereiten auf die Wanderung und die Freiheit.
Das mit der Freiheit ist so eine Sache. Am kommenden Montag beginnt im Woolwich Crown Court in London die Anhörung im Auslieferungsverfahren, das die USA gegen den Wikileaks-Gründer angestrengt hatten. Es soll eine Woche lang dauern und im Mai fortgesetzt werden. Die USA werfen dem Australier Spionage und Hacking vor; er sei auf illegale Weise in den Besitz geheimer militärischer und diplomatischer Dokumente gekommen und habe diese veröffentlicht. Die Vorwürfe beziehen sich auf Publikationen von 2010 und 2011 zu US-Einsätzen im Afghanistan- und im Irakkrieg. Die Dokumente und Videos, auf denen unter anderem die Tötung von Zivilisten zu sehen ist, hatten damals international Aufsehen erregt.
In Vorbereitung auf das Verfahren gingen am Dienstag seine Anwältin Jennifer Robinson, Wikileaks-Chef Kristinn Hrafnsson und zwei australische Abgeordnete von der Gruppierung «Bring Julian Assange home» vor die Presse. Sie bezeichneten die Verfolgung des 48-Jährigen als «Attacke auf die Pressefreiheit». Dieser habe als Journalist Material von dritter Seite zugespielt bekommen und veröffentlicht; von Hacking und Spionage könne keine Rede sein. Sollte er ausgeliefert werden, bekomme er keinen fairen Prozess; ihm drohten bis zu 175 Jahre Haft.
«Folterähnliche» Haftbedingungen
Verteidigerin Robinson sagte, der Fall sei nicht vorüber, sollte das britische Gericht dem Auslieferungsantrag stattgeben. Man werde Berufung einlegen und bis zum Verfassungsgericht gehen; das Verfahren könne sich noch jahrelang hinziehen. Sie beklagte, dass die Anwälte nur wenig Vorbereitungszeit mit Assange gehabt hätten; immer wieder habe man diesen erst lange nach Beginn der vereinbarten Zeit in den Besprechungsraum im Gefängnis gebracht. Er habe keinen Zugang zu Computer oder Telefon.
Assange hätte nach seiner Ausreise aus Schweden, das 2010 wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung einen Haftbefehl gegen ihn ausgestellt hatte, von Grossbritannien nach Schweden ausgeliefert werden sollen. Er bekam daraufhin Asyl in der ecuadorianischen Botschaft in London und lebte dort unter zunehmend schwierigen Bedingungen sieben Jahre lang.
Die Ermittlungen in Schweden, die neun Jahre ergebnislos weiterliefen, wurden 2019 eingestellt. Ebenfalls 2019 entzog ihm Ecuador Asylrecht und Staatsbürgerschaft. Assange wurde daraufhin in der Botschaft von der britischen Polizei festgenommen und umgehend zu 50 Wochen Haft im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh verurteilt. Er habe sich, so der Vorwurf, mit seiner Flucht in die Botschaft der britischen Justiz entzogen.
Der UNO-Folterbeauftragte sprach von manipulierten Beweisen sowie einer erfundenen Vergewaltigung.
Bis vor zwei Wochen war er von anderen Gefangenen isoliert worden. Mehr als hundert Ärzte aus aller Welt hatten am Montag die britischen Behörden aufgefordert, die «folterähnlichen Haftbedingungen», unter denen Assange einsitze, zu beenden. Im Medizinjournal «Lancet» erklärten sie, diesem würden grundlegende Rechte und eine angemessene Betreuung verweigert.
Der UNO-Folterbeauftragte Nils Melzer, der sich des Falles angenommen und Assange in der Haft besucht hatte, hatte sich in einem Bericht alarmiert gezeigt über den schlechten Gesundheitszustand des Häftlings. Er äusserte sich entsetzt über die Ermittlungen und sprach von manipulierten Beweisen sowie einer erfundenen Vergewaltigung. Schweden und Grossbritannien täten vieles, um die Interessen der USA in diesem Fall zu unterstützen. Melzer rief London auf, sich dem Ansinnen der USA entgegenzustellen, das Assange wegen der Veröffentlichung von Kriegsverbrechen verfolge, anstatt die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.
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