Neue FDP-SpitzeAndrea Caroni sagt Nein – er hat andere Pläne
Der Appenzeller Ständerat bringt ein Kopräsidium ins Gespräch und sich selbst als Königsmacher in der Findungskommission. Persönlich hegt er wohl höhere Ambitionen.

«Nein, ich stehe nicht zur Verfügung.» Das sagt FDP-Ständerat Andrea Caroni dem «St. Galler Tagblatt» in einem Interview. Der Appenzeller hat zuvor zu den meistgenannten Anwärtern auf das Präsidium der FDP Schweiz gehört. Als Grund gibt Caroni an, es sei unmöglich, «einer jungen Familie ein guter Vater und Partner und gleichzeitig ein guter Parteipräsident zu sein». Der 41-jährige Anwalt ist liiert und hat zwei Kinder.
Ausserdem sei er, sagt Caroni, von «Herzen gerne Ausserrhoder Ständerat». Auf diesem Amt liege der Fokus seiner politischen Tätigkeit. Und das sei nicht gut mit dem Job des Parteipräsidenten vereinbar. «Als Parteipräsident hat man eine andere Aufgabe und verzichtet auf sehr viele politische Freiheiten.»
Kopräsidium für die FDP?
Auch falls die FDP ein Kopräsidium mit zwei Personen an der Spitze anpeilt, wäre das für Caroni keine Option: Das sei mit Familie und Ständeratsamt ebenfalls nicht vereinbar. Aber: «Je länger ich darüber nachdenke, desto valabler scheint mir die Idee eines Kopräsidiums für die FDP.» Zwei Personen könnten die Arbeitslast besser stemmen, sagt Caroni. «Es lohnt sich sicher, auch diese Option genau anzuschauen.»
Mit dieser Aussage macht Caroni klar, dass er bei der Besetzung des FDP-Präsidiums doch noch eine Rolle spielen möchte. Er werde «weiterhin die Verantwortung als Vizepräsident» tragen, sagt er. Zudem stellt sich Caroni für die Findungskommission zur Verfügung, um die Nachfolge von Petra Gössi aufzugleisen. (Mehr dazu: Thronfolger oder Geheimwaffe – wer übernimmt die FDP-Spitze?)
Was Caroni nicht sagt: Das Parteipräsidium könnte seinen anderen Karriereplänen zuwiderlaufen. Ihm werden Bundesratsambitionen nachgesagt. Der Job im Präsidium könnte seine Chancen dafür schmälern.
Das Kandidatenfeld lichtet sich
Nachdem sich der Zürcher Nationalrat Andri Silberschmidt und sein Berner Ratskollege Christian Wasserfallen bereits am Montag aus dem Rennen genommen haben, lichtet sich das Feld der Anwärterinnen und Anwärter auf das FDP-Präsidium.
Häufig genannt wird Philippe Nantermod. Der Unterwalliser Nationalrat ist neben Caroni der zweite Vizepräsident der FDP. Er wird dem rechten Parteiflügel zugeordnet. Das trifft auch auf Thierry Burkart zu. Als lautstarker Kritiker des ökologischen Gössi-Kurses wäre er ebenfalls ein möglicher neuer Parteipräsident. Genau wie Marcel Dobler. Dem St. Galler Nationalrat wird der notwendige Ehrgeiz für das Amt nachgesagt. Dobler war Mitgründer des Onlinehändlers Digitec. Mit ihm käme ein echter Unternehmer an die FDP-Spitze.
Der Politologe Daniel Schwarz verfolgt als Mitgründer und Projektleiter der Wahlhilfe Smartvote detailliert die Ausrichtung von Schweizer Politikerinnen und Politikern. Er sagt, Wasserfallen, Dobler und Burkart seien unter sich relativ ähnlich: «Sie sind klar rechtsliberal einzuschätzen und stehen somit rechts von Petra Gössi. Nantermod steht bezüglich Umweltpolitik ebenfalls rechts von Gössi, doch ist er gleichzeitig gesellschaftsliberaler und weniger migrationskritisch als diese.» (Kommentar: Dass Petra Gössi nun zurücktritt, ist klug)
Der Luzerner Ständerat Damian Müller dagegen kämpfte mit Gössi für das CO₂-Gesetz und würde als Parteipräsident eher für eine Fortsetzung des ökoliberalen Kurses stehen. Auf dem ökologischen FDP-Flügel politisiert auch die St. Galler Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher. «Ihr politisches Profil ist demjenigen von Petra Gössi sehr nahe», sagt Politologe Schwarz.
Kopräsidium als Lösung für Richtungsstreit?
In einem Interview mit SRF machte Vincenz-Stauffacher als Präsidentin der freisinnigen Frauen klar, dass sie eine Frau an der FDP-Spitze begrüssen würde. Und wie Caroni schliesst sie ein Kopräsidium nicht aus. Sie lässt aber offen, ob sie selbst zur Verfügung stehen würde.
Eine Doppelspitze wäre auch ein möglicher Ausweg aus dem freisinnigen Richtungsstreit nach der CO₂-Abstimmung. Es gäbe Platz sowohl für den öko- wie für den wirtschaftsliberalen Flügel der Partei. Oder wie es Andrea Caroni ausdrückt: «Zwei Personen könnten ein breiteres Spektrum abdecken – sie könnten beide Geschlechter sowie verschiedene Themen und Regionen vertreten.»
«Apropos» – der tägliche Podcast
Den Podcast können sie kostenlos hören und abonnieren auf Spotify, Apple Podcasts oder Google Podcasts. Falls Sie eine andere Podcast-App nutzen, suchen Sie einfach nach «Apropos».
Fehler gefunden?Jetzt melden.