Amazon: Autoren loben eigene Bücher
Beim Online-Büchershop Amazon kann jeder eine Buchkritik schreiben. Der Einfluss solcher Amateur-Kritiken steigt. Das öffnet Tür und Tor für unlautere Machenschaften.
Laut Amazon sollen die Kundenrezensionen dazu da sein, den anderen Kunden zu helfen. Nur zu oft helfen Verlage und Autoren vor allem sich selbst: Unter Pseudonym werden Lobeshymnen auf die eigenen Produkte und Verrisse der Konkurrenz veröffentlicht. Nachweisen lässt sich dieses Vorgehen nur schwer. Dass es angewandt wird, ist jedoch unbestritten.
Panne bei Amazon zeigte echte Namen
Die meisten Rezensionen bei Amazon scheinen durchaus seriös zu sein. Doch wenn jemand unter Pseudonym rezensiert, an einem Buch oder einer CD kein gutes Haar lässt und gleichzeitig nicht vergisst, auf der Wunschliste themenverwandte Bücher der Konkurrenz zu hinterlassen: Spätestens dann kommen Zweifel auf.
Zwar gibt es die Funktion «Real Names»: Eine virtuelle Plakette zeigt hier an, wenn jemand nachweislich unter seinem echten Namen schreibt. Eingeführt wurde «Real Names» nach einer Panne beim kanadischen Amazon-Ableger im Jahre 2004: Aus Versehen wurden dort die echten Namen der Rezensenten publiziert; dabei kam heraus, dass sich etliche Autoren und Verlage selber rezensiert hatten. Die Offenlegung des eigenen Namens ist kein Muss, obwohl Amazon es seinen Rezensenten in einer ihrer unzähligen Firmenrichtlinien ans Herz legt. Nach wie vor gibt es sogar bei den Top 10 Rezensenten solche, bei denen nicht klar ist, wer dahinter steckt. Amazon hat jedoch die realen Namen und die Kundendaten aller Rezensenten.
Unerlaubte Gruppenrezensionen
Seit wenigen Monaten muss ein Rezensent mindestens ein Buch gekauft haben, um Kritiken schreiben zu können. Christine Höger, Unternehmenssprecherin von Amazon: «Wir arbeiten kontinuierlich daran, die Rezensionen zu verbessern.» Offensichtlich ist sich Amazon bewusst, dass hier noch nicht alles ganz sauber läuft. Gemäss Höger ist es zum Beispiel nicht erlaubt, dass hinter einem Account mehrere Leute stecken: «Käme bei Amazon so ein Fall vor, würde der Account sofort gelöscht.» Nummer Eins Top-Rezensent Werner Fuchs aus Zug, selber mit Foto und echtem Namen aufgeführt bei Amazon, sagt aber, dass diese Gruppen-Accounts existieren. Zudem werden auch Verwandte und Freunde eingesetzt, um Rezensionen zu schreiben oder die geschriebenen Rezensionen als möglichst hilfreich zu bewerten. Je hilfreicher eine Rezension bewertet wird, desto höher steigt der Rezensent in der Rangliste auf. Die Kundenbewertung der Rezension ist neben der Anzahl der Rezensionen der wichtigste Faktor für die Platzierung in der Rezensenten-Rangliste.
Das Rezensieren ist kein Kinderspiel mehr oder ein Spleen von irren Bücherwürmern: Spiegel Online bezeichnete es im letzten Jahr als mächtiges Marketing-Tool, dem Verlage wirtschaftlich ausgeliefert seien. So wurden die Produkte des kleinen Rockbuch Verlags nach Guerilla-Manier systematisch zerrissen. Auf juristischen Druck habe Amazon diese Rezensionen, die übrigens alle anonym verfasst wurden, gelöscht. Eine Anzeige gegen unbekannt blieb bis heute ohne Ergebnis.
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