Studie zu abgewiesenen AsylbewerbernAm härtesten trifft sie das Arbeitsverbot
Terre des Hommes Schweiz hat die Situation von abgewiesenen Asylbewerbern in Basel-Stadt und Baselland untersucht. Und fordert jetzt «ein menschenwürdiges Dasein» für die Betroffenen.

Sie sollten zurück in ihre Herkunftsländer, können oder wollen jedoch nicht und landen schliesslich in einer Art Warteschleife, dem Nothilferegime der Schweiz. Vergangenes Jahr haben rund 6700 Menschen nach einem negativen Asylbescheid Nothilfe bezogen. Es gibt verschiedene Gründe, weshalb jemand trotz fehlender Fluchtgründe nicht ins Herkunftsland zurückgeschickt werden kann. Äthiopien beispielsweise identifiziert seine Bürger nicht, was eine Rückkehr verunmöglicht. Die Behörden in Eritrea, Algerien und dem Iran nehmen nur Menschen auf, die freiwillig die Schweiz verlassen. In wieder anderen Fällen liegen humanitäre oder völkerrechtliche Gründe vor, weshalb eine Ausschaffung momentan nicht möglich ist. So dürfen Tibeter beispielsweise nicht nach China zurückgeschickt werden.
Einige tauchen nach dem ablehnenden Bescheid in die Illegalität ab. Die anderen bekommen Nothilfe, die ein «menschenwürdiges Leben» garantieren, aber keinesfalls Anreiz geben soll, länger in der Schweiz zu bleiben. Wie es diesen Menschen unter dem Nothilferegime geht, hat die Organisation Terre des Hommes Schweiz jetzt anhand der Kantone Basel-Stadt und Baselland untersucht.
«Die Personen aus vollzugsschwierigen Ländern werden hierbleiben, das ist die Realität.»
Im Stadtkanton bezogen letztes Jahr 173 Menschen nach ihrem negativen Asylentscheid Nothilfe, sie stammen vor allem aus Eritrea, Albanien und Algerien. Im Baselbiet waren es 211 Personen, mehrheitlich aus Algerien, China und Eritrea. Rund ein Drittel der Bezüger von Nothilfe sind Kinder. In Baselland bekommen diese Menschen pro Tag acht Franken für Essen, Hygieneartikel und andere Dinge. In Basel-Stadt sind es vier Franken mehr, weil es hier keine Möglichkeit gibt, selber zu kochen. Die Summe ist bewusst tief gehalten. Auch bei Integration, Bildung, Arbeit und Unterkunft sollen Anreize vermieden werden.
In Basel-Stadt müssen abgewiesene Asylbewerber in der Notschlafstelle übernachten, wo sie oft zusammen mit Menschen mit Suchtproblemen die Zimmer teilen müssen. Von acht Uhr morgens bis acht Uhr abends gibt es für sie keinen warmen und sicheren Aufenthaltsort. Über 80 Prozent der Abgewiesenen in der Region beziehen seit über einem Jahr Nothilfe, viele leben daher mehrere Jahre unter diesen Umständen. Besser haben es Familien in Basel. Sie werden in den Asylwohnungen des Kantons untergebracht, die Kinder dürfen die normale Schule besuchen.
Perspektivlosigkeit statt Integration
In Baselland leben die Menschen meist in Asylzentren. «Für sie ist es Glückssache, wo sie untergebracht sind», sagt Sylvia Valentin von Terre des Hommes Schweiz. In einigen Zentren würden sich die Mitarbeitenden sehr bemühen, beispielsweise indem sie bei einer Bäckerei für die Bewohner altes Brot abholen oder Sprachkurse durch die Bevölkerung organisieren. Wer in einem Zentrum mit weniger Engagement lebt, hat hingegen Pech gehabt. Privatsphäre gibt es auch für Familien kaum. An vielen Orten finden zudem im Rahmen von Abschiebungen immer wieder Polizeieinsätze statt, meist in den frühen Morgenstunden. «Gerade bei Kindern löst das enorme Ängste aus. Sie fragen sich, ob sie auch bald abgeholt werden», sagt Valentin.
Die Studie zeigt, dass die grösste Belastung für viele jedoch das Arbeitsverbot ist. In beiden Kantonen gibt es zwar in Einzelfällen die Möglichkeit, mit einer Sonderbewilligung ein Praktikum oder eine Lehre zu machen. Eine reguläre Erwerbsarbeit ist jedoch untersagt. «Viele junge Menschen werden über Jahre in aussichtsloser, das Leben verbauender Perspektivlosigkeit belassen, obwohl sie nicht ausreisen können – anstatt sie wie andere Gleichaltrige auszubilden, damit sie sich in den Arbeitsmarkt integrieren können», kritisiert Studienautorin Jana Häberlin.
Terre des Hommes Schweiz fordert, dass die Situation der Betroffenen verbessert wird. Sie müssten unter menschenwürdigen Umständen wohnen und leben können und nicht nur in Einzelfällen Integrations- und Bildungschancen bekommen. Sylvia Valentin sagt klar: «Wir dürfen Menschen nicht jahrelang absichtlich in schwierigen Umständen verharren lassen. Denn die Personen aus vollzugsschwierigen Staaten werden hierbleiben, das ist die Realität.»
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