
Die Kuriere des Essenlieferservices Smood streiken: In der Westschweiz protestieren um die 80 Kurierinnen gegen die unmenschlichen Arbeitsbedingungen, denen sie täglich ausgeliefert sind – während sie Mahlzeiten an hungrige Kunden ausliefern. Die Liste an Vorwürfen an den Migros-Partner ist lang: nicht vergütete Spesen, unbezahlte Arbeitseinsätze und ein Lohn, der kaum zum Überleben reicht.
Dass solche Geschäftspraktiken in der Wohlstandsgesellschaft Schweiz angewendet und gar toleriert werden, ist unhaltbar. Dass die Migros-Genossenschaft, die sich seit Jahrzehnten ihr Verantwortungsbewusstsein ins Schaufenster stellt, hier ihre Finger mit im Spiel hat, ist der noch grössere Missstand.
Als Mitaktionärin ist die Migros Genf zu 35 Prozent am Unternehmen beteiligt und hat zwei von vier Sitzen im Verwaltungsrat inne. Die prekären Konditionen, unter denen die Smood-Angestellten leiden, waren bereits vor dem Einstieg des orangen Riesen bekannt.
«Die Forderungen, die die Gewerkschaften stellen, könnten sich die Beteiligten ohnehin leisten.»
Seither sind gut zwei Jahre vergangen, und es hat keine Verbesserung gegeben. Hört man die Erzählungen der Kurierinnen, scheint es gar so, als habe sich die Situation noch verschlimmert. Durch den Markteintritt von Uber Eats hat Smood den Druck auf seine Angestellten erhöht. Die Preise der US-Konkurrenz sind günstiger, doch hat sie auch noch schlechtere Anstellungsbedingungen und steht deshalb immer wieder in der Kritik.
Bei Smood und Migros will man keine Verantwortung für die Kurierinnen übernehmen. Mit vagen Diskussionen über einen möglichen Gesamtarbeitsvertrag halten sie ihre Angestellten weiter hin. Die Forderungen, die die Gewerkschaften stellen, könnten sich die Beteiligten ohnehin leisten.
So gehörte der Gründer und CEO von Smood, Marc Aeschlimann, laut «Bilanz» vergangenes Jahr zu den 300 reichsten Schweizern. Sein Vermögen wird auf zwischen 150 und 200 Millionen Franken geschätzt. Einen grösseren Profit haben weder er noch die grösste Detailhändlerin im Lande nötig. Ihre Angestellten hingegen könnten die paar Franken mehr pro Stunde sehr gut gebrauchen.
Bianca Lüthy ist Wirtschaftsredaktorin und schreibt über die Tourismusbranche, den Detailhandel sowie den Immobilienmarkt. Sie hat Journalismus und Kommunikationswissenschaften studiert und ist seit 2018 im Tagesjournalismus tätig.
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Kommentar zum Smood-Streik – Als Mitaktionärin muss die Migros jetzt Verantwortung übernehmen
Durch die Kooperation mit dem Lieferdienst Smood und ihrer Aktienbeteiligung unterstützt die Migros die prekären Zustände bei den Kurierinnen. Das ist unhaltbar.